Finanzen

Börsen tun sich am "Black Friday" schwer

Dax und EuroStoxx50 legten am Freitag leicht zu, Gold und Silber brach ein, und Kupfer markierte ein Siebeneinhalb-Jahres-Hoch.
27.11.2020 17:07
Lesezeit: 3 min
Börsen tun sich am "Black Friday" schwer
Dem Dax winkt das größte November-Plus seiner Geschichte. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Am "Black Friday" kommt bei Aktienanlegern keine rechte Kauflaune auf. Sorgen bereiteten ihnen eventuelle Defizite beim Coronavirus-Impfstoff von AstraZeneca. Die ultra-lockere Geldpolitik der Notenbanken verhindere jedoch Kursrücksetzer, sagte Anlagestratege Kit Juckes von der Bank Societe Generale. Dax und EuroStoxx50 legten am Freitag jeweils etwa 0,2 Prozent auf 13.307 beziehungsweise 3521 Punkte zu.

"Metaphorisch gesprochen bildeten die positiven Nachrichten zu den drei Impfstoff-Kandidaten ein dreibeiniges Gestell, auf das sich die Risikobereitschaft der Investoren stützte", sagte Analyst Han Tan vom Online-Broker FXTM. Da jetzt ein Bein wegzubrechen drohe, gerate die Zuversicht ins Wanken. AstraZeneca erwägt offenbar eine komplett neue weltweite Studie zur Wirksamkeit seines Impfstoffs. Dadurch könnte sich dessen Zulassung verzögern. Die Aktien des Pharmakonzerns fielen in London um ein Prozent.

Auch von der Wall Street versprachen sich Börsianer wenig Impulse, da diese am Tag nach dem US-Feiertag Thanksgiving ihre Pforten nur für einen verkürzten Handel öffnet. Außerdem nutzen auch viele Anleger die Gelegenheit für ein verlängertes Wochenende und für Einkäufe. Der "Black Friday", an dem Einzelhändler Kunden mit besonderen Angeboten locken wollen, gilt als Startschuss für das wichtige Weihnachtsgeschäft. Jetzt werde sich zeigen, ob die kommenden Wochen das schwierige Jahr 2020 für den Einzelhandel noch retten können, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

KUPFER GLÄNZT ERNEUT - ÖL-ANLEGER HOFFEN AUF OPEC+

Kupfer markierte indes mit 7511 Dollar je Tonne ein Siebeneinhalb-Jahres-Hoch. "Wegen der Fortschritte bei der Impfstoff-Entwicklung füllen Verarbeiter ihre leeren Lager wieder auf", sagte Gianclaudio Torlizzi, Partner bei der Beratungsfirma T-Commodity mit Blick auf die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung. Kurzfristig müsse zwar mit Gewinnmitnahmen gerechnet werden, längerfristig steuere das Industriemetall aber auf die 8000er Marke zu. Im Windschatten von Kupfer kletterten die Preise für das in der Stahl-Herstellung eingesetzte Nickel und für Blei jeweils auf den höchsten Stand seit rund einem Jahr.

Aufwärts ging es auch für den Ölpreis. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 0,7 Prozent auf 48,15 Dollar je Barrel (159 Liter). Die "Opec+"-Gruppe, zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, werde in der kommenden Woche wohl eine Verlängerung der aktuellen Produktionsbeschränkungen beschließen, prognostizierten die Experten der Bank JPMorgan.

GOLD SCHWÄCHELT - BITCOIN VERLANGSAMT TALFAHRT

Gold setzten die Spekulationen auf eine Überwindung der Coronavirus-Pandemie dagegen zu. Es verbilligte sich um ein Prozent auf 1793 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). "Längerfristig könnten die Aussichten aber nicht besser sein", sagte der unabhängige Analyst Ross Norman. Erwartete weitere Konjunkturprogramme machten das als Inflationsschutz dienende Edelmetall attraktiv.

Auch bei Bitcoin sei der Aufwärtstrend noch intakt, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. Da Schnäppchenjäger nach dem jüngsten Kursrutsch noch zögerten, müsse kurzfristig aber mit weiteren Verlusten bei der ältesten und wichtigsten Cyber-Devise gerechnet werden. Sie büßte 0,3 Prozent auf 17.000 Dollar ein, nachdem sie Mitte der Woche noch zum Sprung über die 20.000er Marke angesetzt hatte.

Am Aktienmarkt stürzten die Titel von Banco de Sabadell in Madrid um bis zu 18 Prozent ab und steuerten auf den größten Tagesverlust seit viereinhalb Jahren zu. Wegen Meinungsverschiedenheiten über die Bewertung waren zuvor die Fusionsverhandlungen mit dem größeren Rivalen BBVA geplatzt. Dessen Aktien gewannen knapp drei Prozent. Alternative Interessenten für Sabadell seien nicht in Sicht, kommentierten die Experten von der Investmentbank KBW.

Anleger hoffen auf Fortsetzung der Aktienrally

Die Chancen für eine Jahresendrally an den Aktienmärkten stehen Experten zufolge gut. Die lockere Geldpolitik der Notenbanken und die staatlichen Hilfsprogramme zur Abfederung der Pandemie-Folgen gepaart mit den Erfolgen bei der Entwicklung eines Coronavirus-Impfstoffs seien ein sehr aussichtsreicher Cocktail für weitere Zugewinne, prognostiziert Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. Hinzu komme das ruhigere politische Fahrwasser nach den US-Wahlen. "Die Perspektive einer geregelten Amtsübergabe an Präsident-elect Biden sowie die Vorstellung erster Kabinettsmitglieder haben die Fantasie der Börsianer beflügelt", sagt Helaba-Strategin Claudia Windt.

Die Stimmung unter den Privatanlegern sei inzwischen so gut wie seit fast zwei Jahren nicht, sagt Anlage-Experte Joachim Goldberg von der Beratungsfirma Goldberg und Goldberg. Von Euphorie könne aber keine Rede sein. Gleichzeitig hätten sich Investoren damit abgefunden, dass größere Kurs-Rücksetzer für eventuelle Nachkäufe zurzeit nicht ohne weiteres zu haben seien.

In den vergangenen Tagen gewann der Dax insgesamt rund 1,5 Prozent und stand am Freitag mit einem Stand von 13.300 Punkten vor dem vierten Wochengewinn in Folge. Das ist die längste Serie seit einem Jahr. Außerdem steuerte er mit einem Plus von bislang rund 15 Prozent auf den besten November seiner Geschichte zu. Dem US-Standardwerteindex Dow Jones, der in der alten Woche erstmals die Marke von 30.000 Punkten übersprungen hatte, winkte mit einem Anstieg von knapp 13 Prozent der größte Monatsgewinn seit 1987. An der Wall Street kam der Helaba zufolge besonders gut an, dass die ehemalige Notenbankchefin Janet Yellen erste Finanzministerin der USA werden soll.

US-ARBEITSMARKTDATEN MIT SPANNUNG ERWARTET

Bei den Konjunkturdaten steht das Highlight am Freitag auf dem Terminplan: die US-Beschäftigtenzahlen. Experten erwarten eine Verlangsamung des Stellenaufbaus. "Angesichts der allerorten in den USA steigenden Coronavirus-Infektionen und der geringen Aussicht auf rasche neue Konjunkturhilfen stehen wir vor einer schwierigen Zeit", warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten liefern am Mittwoch die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP.

Diesseits des Atlantik werden im Verlauf der neuen Woche die Barometer für die Stimmung der deutschen und europäischen Einkaufsmanager veröffentlicht.

Unabhängig davon steht US-Notenbankchef Jerome Powell am Dienstag dem US-Kongress Rede und Antwort. Börsianer versprechen sich von dieser halbjährlich stattfindenden Anhörung Hinweise auf die Geldpolitik der Fed.

Bei deutschen Nebenwerten könnte es bei der Indexentscheidung der Deutschen Börse am Donnerstag zu einem Stühlerücken kommen. Indexstrategen zufolge dürfte Siemens Energy in den MDax einziehen und den kleinsten Wert in dem Auswahlindex verdrängen. Das wäre nach Berechnungen der Commerzbank voraussichtlich Grenke, aber auch die Aareal Bank könne es noch erwischen. Zudem dürften im SDax einige Wechsel anstehen. Wirksam werden würden mögliche Änderungen zum 18. Dezember.

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