Technologie

Autos und Flugzeuge stehen am Pranger – vom ausufernden Ressourcenverbrauch des Digital-Zeitalters spricht niemand

Rechenzentren weltweit benötigen zur Generierung, Übermittlung und Speicherung von Daten Strom in gigantischem Umfang. Die dadurch entstehenden Emissionen und Umweltschäden werden medial kaum beleuchtet. Das Problem dürfte aufgrund des Digitalisierungsschubes während der Corona-Pandemie noch an Schärfe gewonnen haben.
13.12.2020 11:06
Lesezeit: 3 min
Autos und Flugzeuge stehen am Pranger – vom ausufernden Ressourcenverbrauch des Digital-Zeitalters spricht niemand
Blick in ein Rechenzentrum von Google. (Foto: dpa) Foto: Google Handout

Weltweit benötigen hunderttausende Rechenzentren immer mehr Strom und sonstige Ressourcen, um Generierung, Übermittlung und Speicherung der seit Jahren wachsenden Datenmengen bewältigen zu können. Während aber in den Medien vornehmlich fossil angetriebene Verkehrsmittel wie Automobile, Flugzeuge und Schiffe als „Umweltsünder“ gebrandmarkt werden, wird der immense Ressourcenverbrauch von Internetzeitalter und Digitalisierung so gut wie nie angesprochen.

Das Portal Telepolis hatte vor einiger Zeit im Rahmen eines Artikels ein bemerkenswertes Schlaglicht auf den immensen Strom- und Ressourcenbedarf digitaler Anwendungen und des Internets geworfen.

So beläuft sich der Strombedarf der Rechenzentren und Serverfarmen weltweit Schätzungen zufolge auf 2 bis 10 Prozent der konsumierten Gesamtmenge an Strom. Einer Untersuchung des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit zufolge verbrauchten die etwa 50.000 Rechenzentren in Deutschland im Jahr 2018 rund 14 Milliarden Kilowattstunden Strom, was 2,7 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland in diesem Jahr entsprächen. Im Januar 2020 sagte der Vorstandsvorsitzende von Hewlett Packard, Antonio Neri: „Wir dürfen nicht vergessen, dass heute 10 Prozent der gesamten Energie, welche weltweit konsumiert wird, für den Betrieb dieser massiven Datenzentren benutzt wird.“

Interessant ist auch der Anteil am Energiebedarf der Rechenzentren, der nicht auf virtuelle Bits and Bytes, sondern auf reale Dienstleistungen entfällt:

„Paradox dabei ist, dass in den Rechenzentren die Verarbeitung und Speicherung der Daten weniger als die Hälfte des Stroms verbraucht, der Rest geht in Kühlung und der Sicherung der kontinuierlichen Stromversorgung durch Anbindung an verschiedene Leitungen und Generatoren. Wie viele Rechenzentren es weltweit gibt und wie viel Energie sie verbrauchen, ist eine Frage der Schätzung. Vielleicht 200 Milliarden Kilowattstunden (kWh) oder bis zu 500 Milliarden kWh. Es heißt, die Rechenzentren würden bereits so viele CO2-Emissionen ausstoßen, wie die globale Flugbranche“, heißt es im Telepolis-Artikel.

Corona, 5G, Industrie 4.0 – die Datenmengen werden rasant wachsen

Mehrere Faktoren bewirken, dass sich der Stromverbrauch in den kommenden Jahren noch massiv ausweiten wird.

Zum einen hat die Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten zu einer massiven Ausweitung der Nutzung digitaler Anwendungen geführt: Von den zahlreichen Geschäftsschließungen und Ausgangssperren profitierte der Onlinehandel, zudem wurden Kunden in Geschäften häufig angehalten, bargeldlos zu zahlen. Die verstärkte Heimarbeit hat dazu geführt, dass Geschäftsbesprechungen nun vermehrt virtuell über Dienste wie Zoom, Skype oder Windows Teams stattfinden.

Der neue Mobilfunkstandard 5G wird darüber hinaus zu einem stark steigenden Stromverbrauch führen, weil im Gegensatz zum 4G-Standard viel größere Datenmengen übertragen werden können.

Technologien wie selbstfahrende Autos oder die Vision einer voll digitalisierten „Industrie 4.0“ führen ebenfalls zu einem massiven Anstieg der Datenmengen und der Datenspeicherung.

Telepolis berichtet weiter: „Und fast die Hälfte der Menschen sind noch gar nicht online. Die International Data Corp schätzte 2018, dass es weltweit 2018 33 Zettabytes (1 Zettabyte sind 1 Billion Gigabytes) an Daten gab, was sich bis 2025 auf 175 Zettabytes verfünffachen könnte. 2,5 Quintillionen (1 Quintillion sind 10 hoch 30) würden täglich weltweit an Daten produziert.“

Der Großteil der Daten wird nicht genutzt

Wie auch im Bereich der realen Wirtschaft wird auch in der digitalen Sphäre ein Großteil aller generierten und gespeicherten Daten nicht genutzt beziehungsweise nie mehr ein zweites Mal aufgerufen.

Der bereits zitierte Chef von Hewlett Packard schätzt, dass rund 94 Prozent der produzierten Daten auf dem „Datenmüllplatz“ landen und dort weiter Strom benötigen. Sie werden entweder gar nicht genutzt oder verbleiben für immer auf Servern abrufbar und benötigen deshalb Strom – etwa alte E-Mails, die jederzeit wieder aus dem System abgerufen werden können.

„Wie viele CO2-Emissionen eine Email produziert, ist schwierig zu ermitteln. Wir wissen es nicht. Nach Mike Berners-Lee soll eine normale Email etwa 0,3 g an CO2-Emissionen verursachen, was 0,0000003 Tonnen entsprecht. Mit Anhängen könnte dies auch auf 50 g durchschnittlich anwachsen. Die britische Firma OVO Energy sagt, dass alleine die Briten, wenn Sie eine unnötige Mail am Tag weniger versenden würden, 16.433 Tonnen CO2-Emissionen jährlich einsparen könnten. Die Briten würden täglich 64 Millionen solcher unnötigen Mails verschicken. Das entspreche über 81.000 Flügen nach Madrid“, schreibt Telepolis.

Die Umweltbilanz könnte mit Blick auf die massive Ausweitung des Datenverkehrs nur dann einigermaßen positiv gestaltet werden, wenn der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen würde. Angesichts der Abhängigkeit der Wind- und Solarenergie von natürlichen, schwankungsanfälligen Gegebenheiten, sind solche Vorstellungen jedoch unrealistisch.

Lesen Sie dazu auch:

Die neue Weltmacht: Der digital-finanzielle Komplex

Wer bewegt an den Märkten eigentlich die Kurse?

Nix mit Unabhängigkeit: Amerikaner und Chinesen kontrollieren Hardware für EU-Cloud „Gaia-X“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...