Technologie

Exodus aus dem Tech-Paradies: Konzerne und Milliardäre verlassen das Silicon Valley

Lesezeit: 3 min
17.12.2020 09:00
Seit einigen Wochen verlassen auffallend viele Technologie-Konzerne und Milliardäre das Silicon Valley und Kalifornien. Besonders ein Bundesstaat profitiert von dem Exodus.
Exodus aus dem Tech-Paradies: Konzerne und Milliardäre verlassen das Silicon Valley
Passanten betrachten eine teilweise Mondfinsternis an der Golden Gate Bridge. (Foto: dpa)

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Mehrere Unternehmen sowie reichen Unternehmer haben in den vergangenen Wochen dem US-Bundesstaat Kalifornien und insbesondere dem weltweit führenden, südlich von San Francisco gelegenen, Technologie-Standort „Silicon Valley“ den Rücken gekehrt.

Wie der Finanzblog Wolfstreet berichtet, hatte der Technologiekonzern Oracle am 11. Dezember die Entscheidung bekanntgegeben, den Unternehmenssitz vom kalifornischen Redwood City ins texanische Austin zu verlegen. Der Vorstandsvorsitzende von Oracle, Larry Ellison, wird aber nicht mit nach Texas ziehen, sondern fortan von der hawaiianischen Insel Lanai aus per Videodienst Zoom arbeiten, wie aus einer internen E-Mail an die Mitarbeiter hervorgeht.

Auch das IT-Unternehmen Hewlett Packard Enterprise (HPE) hatte vor Kurzem angekündigt, einen neuen Firmensitz in der Nähe von Houston, Texas zu bauen. Bislang residierte das Unternehmen, welches 2015 von der Hewlett Packard Inc. mit Sitz im kalifornischen Palo Alto abgespalten wurde, im kalifornischen San José. Wie Oracle auch verfügt Hewlett Packard bereits seit Jahren über eine Präsenz in Texas, die nun deutlich aufgewertet wird. Dass die HPE nach Texas umziehe, die Hewlett Packard Inc. aber in Kalifornien bleibe, sein ein schlechter Deal für den Bundesstaat, kommentiert die Welt: „HPE konzentriert sich auf die Themen von morgen, entwickelt zum Beispiel Clouds und Supercomputer für Geschäftskunden. Die Schwester HP Inc., die in Palo Alto bleibt, führt das Geschäft mit PCs und Druckern fort. Es zieht also ausgerechnet jene Hälfte des Pioniers weg, die als zukunftsträchtiger gilt.“

Der Immobilienkonzern Charles Schwab hatte Ende 2019 angekündigt, seine Hauptniederlassung in Kürze aus San Francisco abziehen und nahe der texanischen Stadt Dallas aufbauen. Zum 1. Januar 2020 soll der Umzug abgeschlossen sein.

Macy’s – einer der größten Kaufhausbetreiber der USA – kündigte Anfang Februar des laufenden Jahres an, sein Technologiezentrum in San Francisco zu schließen. Die Technologie-Kapazitäten sollen künftig am Standort Atlanta im Bundesstaat Georgia gebündelt werden.

Auch das Technologieunternehmen Palantir hatte im August angekündigt, seinen Firmensitz von Palo Alto im Silicon Valley nach Denver, Colorado zu verlegen.

Kalifornien ist zu teuer geworden

Auch Elon Musk – Gründer und Vorstandsvorsitzender mehrerer Unternehmen, darunter Tesla und SpaceX – kehrte Kalifornien vor Kurzem den Rücken. Interessanterweise zieht es auch ihn wie so viele seiner Kollegen nach Texas. Dazu gehören auch Drew Houston, Vorstandsvorsitzender von Dropbox sowie Douglas Merritt, Chef der Softwarefirma Splunk aus San Francisco, die es beide ins texanische Austin zieht.

Begründet werden die Umzüge in mehreren Fällen – unter anderem von Oracle – damit, dass es im Zeitalter der Corona-Pandemie schlichtweg nicht mehr notwendig sei, an einem bestimmten Ort zu leben und zu arbeiten. Denn im Zuge des Durchbruchs der Heimarbeit sei dies nun von überall möglich.

Ein anderer – und wahrscheinlich der wichtigste – Grund für die Reiselust hat mit der unterschiedlichen Steuergesetzgebung der US-Bundesstaaten zu tun. So erheben die Bundesstaaten Texas, Alaska, Florida, Nevada, South Dakota, Washington und Wyoming keine Einkommenssteuern. Kalifornien hingegen erhebt mit 13,3 Prozent die höchsten Einkommenssteuern aller Bundesstaaten, wie aus einer Auflistung von Investopedia hervorgeht.

Es geht also wahrscheinlich ums Geld, zumal auch die Mieten in den angesagten Ballungszentren Kaliforniens und dem Silicon Valley in den vergangenen Jahren massiv stiegen. Die Welt berichtet, dass mehr als 15.000 Firmen Kalifornien in den vergangenen zehn Jahren Schätzungen zufolge verlassen haben sollen – nicht zuletzt, weil das Pflaster zu teuer wurde.

Der Süden profitiert von der Binnenmigration

Bemerkenswert ist zudem, dass der Exodus aus Kalifornien jenem Exodus gleicht, den amerikanische Städte im Allgemeinen und insbesondere auch die Millionenstadt New York seit einiger Zeit verzeichnen.

Einem Bericht von Bloomberg zufolge zeichnete sich dieser Trend bereits im Jahr 2019 ab. Demnach soll der Großraum New York-Newark-Jersey City täglich netto 376 Einwohner verloren haben. Danach steht der Großraum Los Angeles-Long Beach-Anaheim mit täglichen Netto-Verlusten von 260 Einwohnern an zweiter Stelle der Verlustregionen, gefolgt vom Großraum Chicago-Naperville-Elgin mit 164 Wegzügen.

Die großen Gewinner liegen im Süden des Landes – angeführt vom Großraum Phoenix-Mesa-Chandler im Bundesstaat Arizona mit täglichen Netto-Zuwächsen von 213 Einwohnern, gefolgt vom Großraum Dallas-Fort Worth-Arlington in Texas mit 183 Netto-Zuwächsen und der Region Austin-Round Rock-Georgetown ebenfalls in Texas gelegen mit einem Zuwachs von 128 Einwohnern täglich.

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