Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll künftig beim technischen Ausspähen von Ausländern außerhalb Deutschlands stärker kontrolliert werden. Eine entsprechende Neufassung des BND-Gesetzes beschloss das Kabinett am Mittwoch in Berlin. Der Bundestag muss noch zustimmen.
Die Reform war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung im Mai insbesondere die Regelungen zur sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung beanstandet hatte. Das BND-Gesetz müsse bis Ende 2021 grundlegend überarbeitet werden, verlangte das Gericht. Die Handlungsfähigkeit des deutschen Auslandsnachrichtendienstes sollte dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.
Konkret geht es um die Vorschriften für die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland. Dabei durchforstet der BND ohne bestimmten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen. Laut BND werden jeden Tag ungefähr 154 000 Kommunikationsbeziehungen erfasst, von denen sich am Ende etwa 260 als relevant herausstellen.
Deutsche Bürger dürfen nicht auf diese Weise überwacht werden. Der BND versucht deshalb, ihre Kommunikation vor der inhaltlichen Auswertung auszusortieren. Dazu verwendet der BND ein «mehrstufiges, automatisiertes Filtersystem», wie es in der Begründung des Entwurfs heißt. Das soll in der Regel zur Löschung führen. Ein «unabhängiger Kontrollrat» soll zudem die Arbeit des BND im Blick behalten.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG), die das Urteil des Verfassungsgerichts zusammen mit mehreren ausländischen Journalisten erstritten hatte, reagierte enttäuscht. «Die Bundesregierung will sich mit einer oberflächlichen Reform durchmogeln, statt den BND zu einem wirksamen, verfassungskonformen Schutz der Pressefreiheit zu verpflichten», erklärte Geschäftsführer Christian Mihr. Der Auslandsnachrichtendienst nehme weiterhin zu tiefen Einblick in die als vertraulich geschützte Kommunikation von Journalisten, bemängelte die Organisation.
Die Enttäuschung der Organisation ist ein gutes Zeichen. Denn ein komplett kontrollierter Geheimdienst, der jede seiner Aktivitäten von Bürokratie und Politik absegnen lassen muss, wäre nicht flexibel und nur teilweise handlungsfähig.
Neuer Vizepräsident für militärische Angelegenheiten
Der BND bekommt mit Brigadegeneral Wolfgang Wien zum 1. Januar 2021 zudem einen neuen Vizepräsidenten für militärische Angelegenheiten. Mit Wien habe der deutsche Auslandsgeheimdienst «einen ebenso erfahrenen Soldaten wie eine profilierte Führungspersönlichkeit» gewonnen, sagte BND-Präsident Bruno Kahl der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Kanzleramtschef Helge Braun und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatten zuvor entschieden, dass Wien Generalmajor Werner Sczesny ablöst, der seit 2016 in dieser Funktion war.
Wien werde mit seiner langjährigen Militärlaufbahn, die auch drei Auslandseinsätze im Kosovo und in Afghanistan umfasse, sowie seiner breiten Verwaltungserfahrung im Verteidigungsministerium und bei der Nato eine große Bereicherung für die Leitung des Dienstes sein, sagte Kahl. Wien erklärte laut BND: «Hybride Bedrohungen und Cyberrisiken sind neue Herausforderungen für Deutschland, die der BND im Verbund mit internationalen Partnern aufklären muss.» Der 57 Jahre alte Wien war seit 2017 stellvertretender deutscher militärischer Vertreter im Militärausschuss der Nato und der EU und Chef des Stabes.