Finanzen

Ausnahmezustand in der US-Geldpolitik: Zirkulierende Geldmenge M1 weitet sich drastisch aus

In den USA ist die zirkulierende Geldmenge in den vergangenen Wochen extrem stark angestiegen, die Zentralbank öffnet alle monetären Schleusen.
18.12.2020 11:00
Aktualisiert: 18.12.2020 11:35
Lesezeit: 3 min

In den Vereinigten Staaten ist die liquide zirkulierende Geldmenge M1 in den vergangenen Wochen drastisch angestiegen. Wie das Portal Silver Doctors berichtet, nahm deren Volumen alleine im Zeitraum zwischen dem 16. November und dem 30. November um 809 Milliarden US-Dollar zu. Zum Vergleich: Zwischen dem 16. März und dem 30. März – zu Beginn der Pandemie in den USA – belief sich die damals bereits deutliche Steigerung auf 388 Milliarden Dollar.

Eine Grafik der Helaba zeigt den massiven Anstieg des Geldmengenwachstums der vergangenen Monate in den USA (grau) im Vergleich zu jener in der Eurozone (dunkelblau):

Die Geldmengenkategorie M1 besitzt die größte Aussagekraft bezüglich der kurzfristigen Inflationsentwicklung, weil sie die zirkulierenden Volumen von Bargeld und schnell verfügbaren Bankeinlagen wie etwa Geld auf Tagesgeldkonten abbildet. Die Menge M3 als das am weitesten gefasste Geldmengenaggregat umfasst darüber hinaus neben M1 und M2 auch Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren - also praktisch die gesamte, großteils illiquide Geldmenge des Gesamtsystems.

Die Helaba schreibt zur Geldmengenentwicklung in den USA in einem aktuellen Bericht:

Unter Biden bleiben die Haushaltsdefizite hoch, was unter Trump jedoch kaum anders gewesen wäre. Die Federal Reserve begleitet diese im Vergleich zur Eurozone größeren Fehlbeträge mit beträchtlichen Anleihekäufen, die sie nun zeitlich noch ausweiten wird. Die EZB verlängerte ihr Kaufprogramm und erwirbt zusätzlich Anleihen von bis zu 500 Mrd. Euro. Gemessen an der Bilanzsumme sind die Unterschiede zwischen Fed- und EZB-Politik in diesem Jahr zwar nicht so groß. Jedoch unterstreicht das sich jüngst noch einmal beschleunigende US-Geldmengenwachstum M1 von mehr als 50 % – in der Eurozone liegt es bei 14 % –, dass die Geldpolitik in den USA doch expansiver ist.

Fed öffnet alle Schleusen

Die US-Notenbank Federal Reserve setzt ihre Krisenpolitik angesichts der weiter schwelenden Corona-Pandemie indes fort. Die Leitzinsen bleiben in der Nähe der Nulllinie, während weiterhin jeden Monat dreistellige Milliardenbeträge in die amerikanische Wirtschaft gepumpt werden. Die Fed werde all ihre Instrumente nutzen, um die Wirtschaft in dieser „herausfordernden Zeit“ zu stützen, heißt es in einer Erklärung zum Zinsentscheid der Notenbank vom Mittwoch.

Während der Leitzins in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent bleibt, sollen die milliardenschweren Anleihekäufe sollen solange fortsetzen werden, bis „substanzielle Fortschritte“ in den Zielen der Fed erreicht sind. Auf diese Klarstellung hatten Beobachter gewartet. Zurzeit kauft die Fed Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere im Wert von monatlich 120 Milliarden US-Dollar. Die Käufe haben die Bilanz der Fed in ungekanntem Ausmaß aufgebläht.

Analysten hoben die Bedeutung der geänderten Wortwahl zu den Wertpapierkäufen hervor. Laut der neuen Sprachregelung könnten die Anleihekäufe länger laufen als bisher von vielen Marktteilnehmern erwartet, kommentierte Paul Ashworth, US-Chefökonom des Analysehauses Capital Economics. Bisher habe sich die Fed lediglich auf Sicht von wenigen Monate festgelegt.

Die Notenbank hatte bereits im Frühjahr mit einer beispiellosen Lockerung ihrer Geldpolitik auf die Corona-Krise reagiert. So wurden der Leitzins auf quasi Null gesenkt, massiv Anleihen gekauft und auch Kreditprogramme für die Wirtschaft aufgelegt. Handlungsbedarf sah Notenbankchef Jerome Powell bislang indes vor allem beim US-Kongress. Bislang konnten sich die großen US-Parteien aber nicht auf ein neues Konjunkturprogramm verständigen. Zuletzt stieg die Hoffnung zwar wieder, eine Einigung ist aber ungewiss.

Im Zuge der massiven Interventionen hat sich die Bilanzsumme der Zentralbank in den vergangenen Monaten erheblich ausgeweitet. Betrug die Bilanzsumme im September 2019 noch rund 3,7 Billionen Dollar, so liegt sie nach einem steilen Anstieg inzwischen bei 7,24 Billionen Dollar, wie aus Daten der Fed hervorgeht.

Die Entwicklung der Bilanzsumme seit 2008. (Quelle: Federal Reserve System)

Lesen Sie dazu auch:

Inflation voraus? Die in der Eurozone zirkulierende Geldmenge M1 wächst stark

Zentralbanken im Endspiel: Corona öffnet alle Schleusen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...