Die Verschiebung der Machtachsen auf dem Globus, die ungelöste Eurokrise sowie der oft als „Industrie 4.0“ bezeichneten Modernisierungsschub in Produktion und Wirtschaft stellen Deutschland vor gewaltige Aufgaben. Der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin wird dem Rechnung tragen müssen. Nicht zuletzt muss es aber auch darum gehen, unsere freiheitliche Ordnung zu verteidigen. Ein Kommentar.
Die deutsche Politik steckt in einer Krise, das politische Establishment wirkt ausgelaugt – Ideen, wie die Zukunft des Landes gestaltet werden könnte, sind nicht zu erkennen. Dabei stehen wir in vielerlei Hinsicht vor einem Epochenwandel.
Deutschland muss sich auf eine Währungsreform vorbereiten
Das Weltfinanzsystem steht auf der Kippe. Die Zentralbanken zahlreicher Länder fluten die Märkte – unter dem Vorwand der Corona- Krise – mit riesigen Summen Geldes. Es droht eine Hyperinflation – zumindest in den Ländern, die auf keine goldgedeckte Währung zurückgreifen können. Eine Hyperinflation aber würde die Geldvermögen und die Altersvorsorge der Deutschen weitgehend vernichten. Eine Altersarmut ungekannten Ausmaßes wäre die Folge
Zudem wurde die Eurokrise nicht gelöst. Deutschland hat nun über die Target-2-Salden Forderungen in Höhe von circa einer Billion Euro aufgebaut, die sich als wertlos erweisen werden. Sollte die Eurozone in den nächsten Jahren unkontrolliert auseinanderbrechen, wird dies zu politischen Verwerfungen führen.
Die Aufgabe der Politik in den nächsten Jahren wäre es, die Euro-Bombe zu entschärfen, etwa durch die Einführung nationaler Parallelwährungen im Euroraum. Auf dieser Grundlage und für den Fall eines Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems, sollte die Politik auch für eine nationale Währungsreform gewappnet sein.
Das Primat der Politik gegenüber multinationalen Konzernen muss wiederhergestellt werden
Die politische Agenda wird zunehmend von NGOs und multinationalen Konzernen bestimmt, wie die Konzepte des „Known Traveller“ oder der „ID2020“ deutlich machen. Wenn Daten das neue Gold sind, sitzen die Herren der Welt inzwischen in Shenzhen und im Silicon Valley, nicht mehr in den Hauptstädten. Daten bedeuten Macht, und die sollte die Politik nicht an Firmen und Institutionen abtreten. Die Politik sollte sich eine entschiedene Verteidigung des Datenschutzes auf die Fahnen schreiben.
Deutschland braucht eine effektive Industriepolitik, aber keine Planwirtschaft
Das Wettrennen um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wird zwischen China und den USA entschieden werden – nicht in Deutschland, trotz seiner hervorragenden Grundlagenforschung. Klassische Industrien wie der Fahrzeug- und Maschinenbau werden hingegen an Bedeutung verlieren. Deutschland dürfte bei der „Industrie 4.0“ den Anschluss verlieren.
Da kann der Staat nichts dran ändern – schließlich führen planwirtschaftliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen kaum einmal zum Erfolg, wie die deutsche „Energiewende“ zeigt. Und so bleibt es unwahrscheinlich, dass in Deutschland ein zweites Silicon Valley entstehen wird. Notwendig ist es dennoch – oder gerade deshalb – Bildung und Wissenschaft zu stärken und neuen Ideen mehr Raum zu geben. Hierzu gehören auch Universitäten, die finanziell so gut ausgerüstet sind, dass sie ohne die Akquise von Drittmitteln ergebnisoffen forschen können.
Die Außenpolitik muss den Ausgleich mit Russland suchen
Die Machtachsen auf dem Globus verschieben sich. Während die USA den Aufstieg Chinas mit allen Mitteln verhindern wollen, drohen Deutschland und die Länder der EU zwischen den beiden Supermächten zerrieben zu werden.
In einer Welt, die von den USA und China dominiert wird, wären die EU und die Russische Föderation nur Juniorpartner der jeweiligen Machtzentren und hätten kaum noch diplomatischen Spielraum. Würde sich das Verhältnis zu Russland allerdings entspannen und sich zusammen mit Russland eine Sicherheitsarchitektur für ganz Europa entwickeln lassen, hätte die neue Allianz die Chance, als dritte Kraft zwischen den USA und China zu bestehen.
Unsere freiheitliche Grundordnung muss bestehen bleiben
Wenn wir den Humanismus und die Aufklärung als zivilisatorische Errungenschaften begreifen, so haben wir nun, spätestens mit Ausbruch der „CoronaKrise“, den Rückwärtsgang eingelegt. Voltaire soll gesagt haben: "Ich hasse, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du es sagen darfst.“ Das Ringen um die beste Lösung im Diskurs – und die Bereitschaft, auch mal zu scheitern – sind wesentliche Voraussetzungen für eine freiheitliche Gesellschaft. Inzwischen werden regierungsseitig aber Dogmen darüber dekretiert, was richtig und was falsch ist. Eine gefährliche Entwicklung. Denn wenn die Freiheit der Gedanken leidet, leidet auch die Kreativität und die Fähigkeit zu Innovationen.
Für die Politik der nächsten Jahre hieße das, den öffentlichen Diskurs über alle möglichen Themen zu fördern, auch in den öffentlich- rechtliche Medien. „Mehr Widerspruch wagen!“ heißt die Devise.
Die nächste große Herausforderung: Deutschland in einer globalisierten Welt
Konrad Adenauer steht für die Anbindung der Bundesrepublik Deutschland an das westliche Lager, Willy Brandt für die Entspannungs- und Ostpolitik, und Helmut Kohl ist als „Kanzler der Einheit“ in die Geschichte eingegangen. Doch nach dem Ende des Kalten Krieges und mit zunehmender Globalisierung ergeben sich Herausforderungen, die auf rein europäischer oder transatlantischer Ebene nicht mehr gemeistert werden können. Der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin wird seine / ihre Politik im Spannungsfeld zwischen einer globalisierten Welt und den Anforderungen einer nationalstaatlich organisierten Demokratie austarieren müssen.