Politik

Mit D-Mark statt Euro und Seit an Seit mit Russland: So muss Deutschland seine Zukunft planen

Gestern legte DWN-Chefredakteur Hauke Rudolph seine Version von Deutschlands Zukunft vor, heute tut es DWN-Kolumnist Moritz Enders. Er glaubt, dass unser Land nur in Kooperation mit Russland gegen China und die USA bestehen kann - und dass wir uns auf eine Währungsreform vorbereiten müssen.
27.12.2020 12:41
Lesezeit: 3 min
Mit D-Mark statt Euro und Seit an Seit mit Russland: So muss Deutschland seine Zukunft planen
Lichtstreifen vorbeifahrender Autos sind am Morgen, kurz vor dem Sonnenaufgang, vor dem Brandenburger Tor zu sehen. (Foto: dpa)

Die Verschiebung der Machtachsen auf dem Globus, die ungelöste Eurokrise sowie der oft als „Industrie 4.0“ bezeichneten Modernisierungsschub in Produktion und Wirtschaft stellen Deutschland vor gewaltige Aufgaben. Der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin wird dem Rechnung tragen müssen. Nicht zuletzt muss es aber auch darum gehen, unsere freiheitliche Ordnung zu verteidigen. Ein Kommentar.

Die deutsche Politik steckt in einer Krise, das politische Establishment wirkt ausgelaugt – Ideen, wie die Zukunft des Landes gestaltet werden könnte, sind nicht zu erkennen. Dabei stehen wir in vielerlei Hinsicht vor einem Epochenwandel.

Deutschland muss sich auf eine Währungsreform vorbereiten

Das Weltfinanzsystem steht auf der Kippe. Die Zentralbanken zahlreicher Länder fluten die Märkte – unter dem Vorwand der Corona- Krise – mit riesigen Summen Geldes. Es droht eine Hyperinflation – zumindest in den Ländern, die auf keine goldgedeckte Währung zurückgreifen können. Eine Hyperinflation aber würde die Geldvermögen und die Altersvorsorge der Deutschen weitgehend vernichten. Eine Altersarmut ungekannten Ausmaßes wäre die Folge

Zudem wurde die Eurokrise nicht gelöst. Deutschland hat nun über die Target-2-Salden Forderungen in Höhe von circa einer Billion Euro aufgebaut, die sich als wertlos erweisen werden. Sollte die Eurozone in den nächsten Jahren unkontrolliert auseinanderbrechen, wird dies zu politischen Verwerfungen führen.

Die Aufgabe der Politik in den nächsten Jahren wäre es, die Euro-Bombe zu entschärfen, etwa durch die Einführung nationaler Parallelwährungen im Euroraum. Auf dieser Grundlage und für den Fall eines Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems, sollte die Politik auch für eine nationale Währungsreform gewappnet sein.

Das Primat der Politik gegenüber multinationalen Konzernen muss wiederhergestellt werden

Die politische Agenda wird zunehmend von NGOs und multinationalen Konzernen bestimmt, wie die Konzepte des „Known Traveller“ oder der „ID2020“ deutlich machen. Wenn Daten das neue Gold sind, sitzen die Herren der Welt inzwischen in Shenzhen und im Silicon Valley, nicht mehr in den Hauptstädten. Daten bedeuten Macht, und die sollte die Politik nicht an Firmen und Institutionen abtreten. Die Politik sollte sich eine entschiedene Verteidigung des Datenschutzes auf die Fahnen schreiben.

Deutschland braucht eine effektive Industriepolitik, aber keine Planwirtschaft

Das Wettrennen um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wird zwischen China und den USA entschieden werden – nicht in Deutschland, trotz seiner hervorragenden Grundlagenforschung. Klassische Industrien wie der Fahrzeug- und Maschinenbau werden hingegen an Bedeutung verlieren. Deutschland dürfte bei der „Industrie 4.0“ den Anschluss verlieren.

Da kann der Staat nichts dran ändern – schließlich führen planwirtschaftliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen kaum einmal zum Erfolg, wie die deutsche „Energiewende“ zeigt. Und so bleibt es unwahrscheinlich, dass in Deutschland ein zweites Silicon Valley entstehen wird. Notwendig ist es dennoch – oder gerade deshalb – Bildung und Wissenschaft zu stärken und neuen Ideen mehr Raum zu geben. Hierzu gehören auch Universitäten, die finanziell so gut ausgerüstet sind, dass sie ohne die Akquise von Drittmitteln ergebnisoffen forschen können.

Die Außenpolitik muss den Ausgleich mit Russland suchen

Die Machtachsen auf dem Globus verschieben sich. Während die USA den Aufstieg Chinas mit allen Mitteln verhindern wollen, drohen Deutschland und die Länder der EU zwischen den beiden Supermächten zerrieben zu werden.

In einer Welt, die von den USA und China dominiert wird, wären die EU und die Russische Föderation nur Juniorpartner der jeweiligen Machtzentren und hätten kaum noch diplomatischen Spielraum. Würde sich das Verhältnis zu Russland allerdings entspannen und sich zusammen mit Russland eine Sicherheitsarchitektur für ganz Europa entwickeln lassen, hätte die neue Allianz die Chance, als dritte Kraft zwischen den USA und China zu bestehen.

Unsere freiheitliche Grundordnung muss bestehen bleiben

Wenn wir den Humanismus und die Aufklärung als zivilisatorische Errungenschaften begreifen, so haben wir nun, spätestens mit Ausbruch der „CoronaKrise“, den Rückwärtsgang eingelegt. Voltaire soll gesagt haben: "Ich hasse, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du es sagen darfst.“ Das Ringen um die beste Lösung im Diskurs – und die Bereitschaft, auch mal zu scheitern – sind wesentliche Voraussetzungen für eine freiheitliche Gesellschaft. Inzwischen werden regierungsseitig aber Dogmen darüber dekretiert, was richtig und was falsch ist. Eine gefährliche Entwicklung. Denn wenn die Freiheit der Gedanken leidet, leidet auch die Kreativität und die Fähigkeit zu Innovationen.

Für die Politik der nächsten Jahre hieße das, den öffentlichen Diskurs über alle möglichen Themen zu fördern, auch in den öffentlich- rechtliche Medien. „Mehr Widerspruch wagen!“ heißt die Devise.

Die nächste große Herausforderung: Deutschland in einer globalisierten Welt

Konrad Adenauer steht für die Anbindung der Bundesrepublik Deutschland an das westliche Lager, Willy Brandt für die Entspannungs- und Ostpolitik, und Helmut Kohl ist als „Kanzler der Einheit“ in die Geschichte eingegangen. Doch nach dem Ende des Kalten Krieges und mit zunehmender Globalisierung ergeben sich Herausforderungen, die auf rein europäischer oder transatlantischer Ebene nicht mehr gemeistert werden können. Der nächste Kanzler oder die nächste Kanzlerin wird seine / ihre Politik im Spannungsfeld zwischen einer globalisierten Welt und den Anforderungen einer nationalstaatlich organisierten Demokratie austarieren müssen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Averaging down: Billig, billiger, "verbilligen" – Chance oder Anlegerfalle?
14.12.2025

"Verbilligen" klingt nach Schnäppchen – doch an der Börse ist billig nicht automatisch gut. Viele Vermögensverwalter empfehlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trennungsunterhalt: Wann es einen Unterhaltsanspruch zwischen Ehepartnern gibt
14.12.2025

Kommt es zu einer Trennung in der Ehe, kann unter bestimmten Bedingungen der finanziell schwächer gestellte Ehepartner vom anderen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gasversorgung in Deutschland: Das Für und Wider der Gasspeicherung
14.12.2025

Vor ein paar Jahren liefen wir Gefahr, im Winter zu frieren, denn bei schlechten Witterungsbedingungen einem und hohem Verbrauch bestand...

DWN
Politik
Politik Die entstellte Seele Europas. Wie ein ganzer Kontinent seine Richtung verliert
14.12.2025

Ganze 210 Milliarden Euro stehen auf dem Spiel. Die EU sucht einen Weg, russische Vermögenswerte zu nutzen, Belgien fürchtet Vergeltung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eurowind-Rückzug erschüttert US-Markt: Warum Europa nun wichtiger ist
14.12.2025

Der überraschende Rückzug des dänischen Energieparkentwicklers Eurowind aus den Vereinigten Staaten trifft eine Energiebranche, die...

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...