Wirtschaft

Insolvenzen: In der Eurozone droht der große Ausverkauf – China wird profitieren

Während China seine Wirtschaft wiederbelebt, droht in der Eurozone eine Insolvenzwelle unbekannten Ausmaßes. China könnte schon bald auf eine „große Einkaufstour“ in der Eurozone gehen, um insolvente europäische Firmen „zu retten“. Die Bundesregierung muss handeln. Währenddessen wird in Chinas Clubs und Bars ausgelassen gefeiert - ohne Mundschutz und Abstandsregeln.
27.12.2020 19:20
Lesezeit: 3 min
Insolvenzen: In der Eurozone droht der große Ausverkauf – China wird profitieren
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird im Gästehaus Zijin von Xi Jinping, Staatspräsident der Volksrepublik China, vor Beginn eines Vieraugengesprächs begrüßt. Merkel hält sich zu einem zweitägigen Besuch in der Volksrepublik China auf. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Im Oktober 2020 meldete China im dritten Quartal ein Wachstum seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,9 Prozent - im Vergleich zur Vorjahresperiode. Damit verfehlte das Reich der Mitte die von Bloomberg prognostizierte Marke von 5,3 Prozent, doch das Wachstum war relativ stabil. Im ersten Quartal 2020 war die chinesische Wirtschaft um 6,8 Prozent geschrumpft.

Die jüngsten Zahlen haben Chinas BIP-Wachstum in den ersten drei Quartalen 2020 auf 0,7 Prozent gebracht. Insgesamt stellt dies ein Comeback aus dem ersten Quartal dar. Damals war Chinas BIP um historische 6,8 Prozent geschrumpft. „Chinas schnelle Erholung war das Ergebnis des strengen Lockdowns, massiver [COVID-19] -Tests, einer digitalen Nachverfolgung der Bewegungen der Bürger und der fiskalischen Anreize durch Kreditausweitung“, so die Analysten der Firma „Nomura“. In Chinas Nacht-Clubs und Bars wird mittlerweile ohne Abstandsregeln und Mundschutz ausgelassen gefeiert.

Die Nachfrage nach persönlicher Schutzausrüstung (PSA) wie Masken und Elektronik wie Laptops hat in China stark zugenommen, da viele seiner westlichen Handelspartner pandemiebedingte Lockdowns erleiden.

Chinas Wirtschaft dürfte weiterhin die globale Erholung anführen und im vierten Quartal ein BIP-Wachstum nahe dem Niveau vor der Pandemie erzielen. „Die chinesische Wirtschaft erholte sich in den ersten neun Monaten kontinuierlich und erzielte bedeutende Ergebnisse bei der Koordinierung der Entwicklung mit der Epidemieprävention. Die Erholung der Inlandsnachfrage war stark, insbesondere im Konsumbereich“, zitiert „Esns.cn“ Liu Aihua, eine Sprecherin des nationalen Statistikamts Chinas.

Das Umsatzwachstum im Einzelhandel war im vergangenen Quartal zum ersten Mal in diesem Jahr positiv und lag gegenüber dem Vorjahr bei 0,9 Prozent. Die Investitionen erholten sich auch, weil unterstützende Maßnahmen für Unternehmen wie Steuererleichterungen in Kraft traten. Die Investitionen in Sachanlagen stiegen ebenfalls. Experten zufolge könnte sich das Wachstum gegenüber dem Vorjahr auf mehr als fünf Prozent beschleunigen, was nahe an der Präpandemie-Periode von etwa sechs Prozent im vierten Quartal liegt, da sich der Verbrauch mit der aufgestauten Nachfrage weiter erholt, während sich Infrastruktur- und Unternehmensinvestitionen beschleunigen.

In Europa droht der wirtschaftliche Kollaps

Doch in Europa weht ein anderer Wind. Die Wirtschaft der Eurozone hat sich im Sommer geringfügig schwächer von dem schweren Corona-Einbruch im Frühjahr erholt als bisher bekannt. Das BIP lag im dritten Quartal 12,5 Prozent höher als im Vorquartal, wie das Statistikamt Eurostat am 8. Dezember 2020 in Luxemburg nach einer dritten Schätzung mitteilte. Eine vorherige Berechnung hatte einen Zuwachs von 12,6 Prozent ergeben.

Mehr zum Thema: „Great Reset“: Wie das Weltwirtschaftsforum China seit Jahren hofiert

Trotz der leichten Korrektur ist der Wachstumsschub der stärkste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1995. Allerdings folgt das Wachstum auf einen drastischen Einbruch im Frühjahr um 11,7 Prozent. In dieser Zeit wurden einschneidende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus ergriffen, die die Wirtschaft extrem belastet haben. Zum Vorjahresquartal (Q3) lag das BIP in der Eurozone immer noch 4,3 Prozent niedriger. Die Wirtschaftsleistung liege in etwa so hoch wie Anfang des Jahres 2017, erklärte Eurostat. Das zeigt, wie schwer die Corona-Beschränkungen die Konjunktur getroffen haben.

Doch der harte Lockdown in Verbindung mit der jüngsten Corona-Mutation dürften ungeahnte negative Auswirkungen auf das viertel Quartal des aktuellen Jahres haben. Dieser wird sich wiederum bis zum Ende des ersten Quartals des kommenden Jahres auswirken. Schließlich ist noch nicht klar, wie lange der aktuelle harte Lockdown in der EU und in Deutschland andauern wird. Zuvor gab es Hoffnung, dass das europäische Impfprogramm bald beginnen kann. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass die aktuelle Corona-Mutation dazu führen wird, die Reisebeschränkungen, die den Binnen- und Außenhandel der EU stark treffen werden, ausgeweitet werden.

Während China sich auf dem Weg der wirtschaftlichen Wiedererstarkung befindet, könnte es in der Eurozone zu einem großen Wirtschaftseinbruch kommen, der China einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Dass es im kommenden ersten Quartal zu zahlreichen Insolvenzen in der EU kommen wird, gilt als sicher. Zudem wird es offenbar zu einem Wertverfall der Vermögenswerte kommen. Chinesische Unternehmen könnten dann dazu übergehen, auf eine „große Einkaufstour“ in der EU zu starten, um europäische und deutsche Unternehmen „zu retten“. Chinesische Unternehmen sind bereits stark in Europa präsent, nachdem sie seit 2000 mehr als 160 Milliarden Euro investiert haben. Dies geht aus Untersuchungen von Rhodium und dem Mercator-Institut für China-Studien in Berlin hervor. „China Observers“ berichtet: „Wie bereits erwähnt, bevorzugen chinesische Unternehmen weniger politisierte und eingeschränkte Sektoren wie Konsumgüter und Dienstleistungen. Dennoch bleiben auch Informations- und Kommunikationstechnologien ein Hauptziel für chinesische Investitionen, da das Interesse an europäischer Technologie und Know-how weiterhin besteht.“

Ein möglicher Ausverkauf kann wahrscheinlich nur dann verhindert werden, wenn die europäischen Regierungen ihre Staatsbeteiligungen innerhalb der Eurozone drastisch erhöhen. Die Formel für Deutschland könnte lauten: die Bundesregierung verstaatlicht einen signifikanten Anteil der strategisch wichtigen Unternehmen, die nicht in ausländische Hand fallen sollen. Allerdings bleibt unklar, wie der deutsche Einzelhandel gerettet werden soll, zumal es bei der Auszahlung der Finanzhilfen massive technische und bürokratische Probleme gibt.

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) hatte zuvor vor einem harten Lockdown gewarnt. Dieser würde eine dramatische Insolvenzwelle im Mittelstand mit hohen Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzverlusten auslösen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen XRP-Inhaber strömen zu ALL4 Mining, um mit dem Bitcoin-Mining zu beginnen und verdienen 9.777 US-Dollar pro Tag

Nach zwei Bärenmärkten und einem langwierigen Kampf mit der US-Börsenaufsicht SEC hat XRP endlich seinen Rekord von 2018...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Adidas-Aktie: Keine Preiserhöhung wegen Zöllen außerhalb der USA
30.07.2025

Trotz wachsender Unsicherheit durch US-Zölle liefert Adidas starke Halbjahreszahlen – und verzichtet bewusst auf Preiserhöhungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Verlockung Bitcoin-Kurs: Doch das Misstrauen wächst mit dem Hype
30.07.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsstrategie machen, institutionelle Anleger kaufen in Milliardenhöhe, und der Bitcoin-Kurs...

DWN
Technologie
Technologie GenAI: Wie Unternehmen generative KI sicher einführen können
30.07.2025

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) verspricht höhere Effizienz und geringere Kosten – doch eine unbedachte Einführung kann...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitszeitgesetz: Arbeitgeber pochen auf wöchentliche Höchstgrenze
30.07.2025

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger will das Arbeitszeitgesetz reformieren – und stößt auf Widerstand. Während die Regierung eine...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt 2026: Wer profitiert – und wer verzichten muss
30.07.2025

Milliardenausgaben für die Rente, Rekordmittel für die Bundeswehr – und trotzdem fehlen dem Staat absehbar über 170 Milliarden Euro....

DWN
Politik
Politik Handelsabkommen mit Zähnen: Die EU zahlt für den Frieden
30.07.2025

Das neue Handelsabkommen zwischen der EU und den USA soll eine Eskalation verhindern – doch der Preis ist hoch. Trotz vermeintlicher...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zölle USA: Deutsche Wirtschaft rutscht in neue Rezession
30.07.2025

Noch bevor die neuen US-Zölle voll greifen, verliert die deutsche Wirtschaft an Schwung. Die Exporte schwächeln, Investitionen sinken –...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis von Kursrutsch erholt: Lohnt sich jetzt der Einstieg? Wie Anleger vom Goldpreis profitieren
30.07.2025

Der Goldpreis hat sich vom Kursrutsch erholt und zeigt sich derzeit stabil. Obwohl die Kursrally vorerst abgeflacht ist, tendiert der...