Finanzen

Börsenliebling Tesla enttäuscht Anleger, Aktie deutlich im Minus

Was Tesla-Chef Elon Musk den Anlegern bei der Präsentation der Quartalszahlen am Mittwoch sagte, war enttäuschend. Der erste Gewinn auf Jahresebene geriet dabei in den Hintergrund.
28.01.2021 12:38
Aktualisiert: 28.01.2021 12:38
Lesezeit: 3 min

Der an der Börse gefeierte Elektroautobauer Tesla aus dem Silicon Valley enttäuschte die Anleger mit einem vagen Ausblick. Konzernchef Elon Musk drückte sich bei der Präsentation der Quartalszahlen am Mittwoch (Ortszeit) davor, ein konkretes Auslieferungsziel zu nennen. Die Aktie, deren Wert sich im vergangenen Jahr nahezu verachtfacht hat, verlor nachbörslich fünf Prozent.

Dabei spielte kaum eine Rolle, dass Tesla 2020 erstmals ein Jahr mit Gewinn abschloss. Die Zurückhaltung bei der Prognose hat neben den Unsicherheiten wegen der Pandemie auch etwas mit dem Chipmangel zu tun, der der Branche derzeit weltweit zu schaffen macht. Teslas Finanzchef Zachary Kirkhorn sagte, das Unternehmen arbeite "extrem hart", um den Engpass an Halbleitern zu bewältigen. Details zu den Auswirkungen nannte er nicht.

Statt mit konkreten Aussagen zu punkten, bemühte Tesla die Phantasie: Der Konzern erklärte, er erwarte, dass die Auslieferungen über mehrere Jahre hinweg durchschnittlich um 50 Prozent steigen werden. Im Oktober hatte Musk auf Analystenfragen, ob das Unternehmen 2021 zwischen 840.000 und einer Million Fahrzeuge ausliefern wolle, geantwortet, das Ziel liege "in dieser Nähe". Im vergangenen Jahr hatte Tesla die versprochenen 500.000 Auslieferungen nur knapp verfehlt.

Unter dem Strich stand mit 721 Millionen Dollar der erste Gewinn in einem Kalenderjahr seit der Unternehmensgründung 2003. Im Schlussquartal verbuchte der Konzern ohne aktienbasierte Vergütungen an Unternehmenschef Musk einen Nettogewinn von 903 Millionen Dollar nach 386 Millionen im Vorjahreszeitraum. Damit verfehlte Tesla die Erwartungen von Analysten, die im Schnitt mit etwas mehr als einer Milliarde Dollar gerechnet hatten. Nach Teslas beispiellosem Lauf 2020 habe man mehr erwartet und auf ein starkes Ziel bei den Autoauslieferungen gehofft, sagte Haris Anwar, Analyst bei Investing.com. Der Umsatz von 10,7 Milliarden Dollar übertraf jedoch die Marktschätzungen von 10,4 Milliarden leicht.

"DIE LUFT FÜR TESLA WIRD DÜNNER"

Dass die Luft für Tesla auf dem Weg zu einem Massenhersteller dünner wird, zeigt sich nach Meinung von Experten am durchschnittlichen Verkaufspreis je Fahrzeug, der auf Jahresbasis um elf Prozent sank. Zwar steigert Tesla die Auslieferungen, immer mehr Verbraucher kaufen jedoch günstigere Wagen wie das kompakte Model 3 und den Stadtgeländewagen Model Y, an denen der Konzern im Schnitt weniger verdient. Außerdem nimmt die Konkurrenz zu. Nicht nur die deutschen Autobauer Volkswagen, Daimler und BMW bringen immer mehr Elektroautos auf die Straße, um die schärferen Klimaziele zu erfüllen. Auch in China wachsen mit Nio, Xpeng und Geely ernstzunehmende Konkurrenten heran.

"Ja, die Luft für Tesla wird dünner, aber das ist ein längerer Prozess", sagte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Noch habe Tesla alle Vorteile auf seiner Seite. Pieper verwies auf die Batterietechnik, die Software und den Hype um die Aktie. Der Aufholprozess der Konkurrenz werde noch einige Zeit dauern.

Die Experten der US-Investmentbank Morgan Stanley schrieben, das vierte Quartal sei etwas für die "wahren Gläubigen", die auf den höher als erwarteten Barmittelzufluss (Cash-flow) und die Hoffnung auf eine extrem schnelle Expansion setzten. Wenn man die Botschaft in einem Satz zusammenfassen wollte, so würde diese lauten: "Tesla will so schnell wie möglich wachsen und skalieren, wahrscheinlich viel schneller als der Markt denkt." Aber das werde auf dem Weg dorthin auch kurzfristige Schwankungen bei den Gewinnen mit sich bringen. Einige Investoren könnten mit dem Ansatz sympathisieren: "zuerst zuschlagen, schnell zuschlagen", um die Kapazität rasch zu steigern und einen Pflock in einen Multi-Milliarden-Markt für Fahrzeugverkäufe und damit verbundene digitale Dienste zu schlagen. Das könne sich als klug erweisen, angesichts des wachsenden Interesses kapitalkräftiger Tech-Giganten am "Internet der Autos".

ANFANGS BELÄCHELT - HEUTE UNERREICHTES VORBILD

Von den herkömmlichen Autobauern wurde Tesla anfangs als Nischenhersteller belächelt, inzwischen eifern die meisten dem US-Konzern nach. Dem umtriebigen Unternehmer Musk, der nebenbei auch Chef des Raketenherstellers SpaceX ist, ist es binnen weniger Jahre gelungen, das Auto-Start-up zu einer Kultmarke zu machen. Tesla wird nicht nach Kriterien der Automobilindustrie bewertet, sondern nach denen großer Tech-Konzerne. Der Aktienkurs ist in den vergangenen zwölf Monaten um fast 700 Prozent gestiegen, wodurch Tesla zum fünftwertvollsten börsennotierten Unternehmen in den USA wurde.

Obwohl die Produktion nur einen Bruchteil der großer Rivalen wie Toyota, Volkswagen oder General Motors ausmacht, ist Tesla mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 800 Milliarden Dollar der mit Abstand wertvollste Autohersteller der Welt - weit vor Weltmarktführer Toyota mit 232 Milliarden Dollar. Der nach Auslieferungen auf Rang zwei abgerutschte Volkswagen-Konzern ist an der Börse rund 86 Milliarden Dollar wert.

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