Finanzen

Weltweiter Schuldenberg: Stundungen sind wirkungslos, an echten Schuldenerlassen führt kein Weg mehr vorbei

Lesezeit: 2 min
03.02.2021 10:26  Aktualisiert: 03.02.2021 10:26
Zahlreiche Industriestaaten haben ihren armen Schuldnern Stundungen gewährt. Aus Sicht der Organisationen Erlassjahr und Misereor reicht das nicht aus – an echten Erlassen in Billionenhöhe werde angesichts der weltweiten Verschuldungsdynamik kein Weg vorbeiführen.
Weltweiter Schuldenberg: Stundungen sind wirkungslos, an echten Schuldenerlassen führt kein Weg mehr vorbei
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kauft am 20.11.2015 in Lusaka (Sambia) bei einem Rundgang durch den Stadtbezirk "Garden Compound" an einem Stand Obst und Gemüse. (Foto: dpa)
Foto: Bernd Von Jutrczenka

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

132 von 148 untersuchten Ländern sind kritisch verschuldet. Zu diesem Ergebnis kommt der Schuldenreport 2021, der vom Entschuldungsbündnis erlassjahr.de und MISEREOR, dem Werk für Entwicklungszusammenarbeit, vorgestellt wird. Grund für die Verschärfung der Schuldenkrise ist die durch die Corona-Pandemie ausgelöste globale Rezession, die in vielen Ländern zu einem dramatischen Wirtschaftseinbruch geführt hat. "Im Vergleich zum Schuldenreport 2020 sind 8 weitere Länder hinzugekommen. Die Lage hat sich damit noch einmal dramatisch verschärft", erklärt Kristina Rehbein, Politische Referentin von erlassjahr.de. "Viele arme Länder haben wenig Spielraum, um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen. Die Schuldensituation begrenzt die Handlungsfähigkeit zusätzlich."

Pandemie verschärft Überschuldungsrisiko

"Was wir sehen ist, dass die Corona-Pandemie solche Länder weiter schwächt, die ohnehin schon wirtschaftlich instabil waren, beispielsweise Angola, Ecuador oder Surinam", warnt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei MISEREOR. 21 Länder befänden sich im Zahlungsausfall. "Das sind zwei mehr als im vergangenen Jahr", so Schilder weiter. "Es ist zu befürchten, dass weitere Länder hinzukommen werden." Besonders betroffen sei der Libanon, aber auch Sambia. Das afrikanische Land ist als erster Staat infolge der Corona-bedingten Rezession zahlungsunfähig.

Deutschland hat 2020 als Gläubiger im Rahmen des von der G20 angestoßenen Schuldenmoratoriums, der "Debt Service Suspension Initiative" (DSSI), Schulden von etwa 135 Millionen Euro gestundet. "Das ist grundsätzlich zu begrüßen", so Kristina Rehbein. Die G20-Staaten hätten schnell reagiert und gemeinsam mit dem Moratorium einen ersten Schritt getan. Diese Maßnahmen seien aber nicht ausreichend, da damit Zahlungsverpflichtungen nur in die Zukunft verschoben würden. "Was es dringend braucht, sind echte Schuldenerlasse. Nur so lässt sich verhindern, dass die Pandemie zu einem verlorenen Entwicklungsjahrzehnt für den Globalen Süden wird", so Rehbein.

Das für Schuldenerlassverhandlungen vorgesehene "Common Framework for Debt Treatments beyond the DSSI" darf nicht nur auf Absichtserklärungen und wenige Einzelfälle beschränkt bleiben. Alle hochverschuldeten Länder sollten eine Chance auf Schuldenerleichterungen erhalten, um die dadurch freigewordenen Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie und zum Ausbau der einheimischen Gesundheitssysteme einsetzen zu können.

Dazu zählt auch, dass private Gläubiger wie Banken und Fonds in Schuldenerleichterungen mit einbezogen werden. "Deutschland sollte sich im Kreis der G20 dafür einsetzen, dass auch private Gläubiger zur Mitwirkung bei der Lösung von Verschuldungskrisen verpflichtet werden“, fordert Klaus Schilder. "Sonst verzichten die öffentlichen Gläubiger auf Forderungen, während die Ansprüche privater Gläubiger auf Kosten der Steuerzahler weiter bedient werden.“ Darüber hinaus sollten sich die G20 auch für die Beteiligung der Weltbank und anderer multilateraler Gläubiger einsetzen.

Aus Sicht von MISEREOR und erlassjahr.de zeigt die erneute Verschärfung der Schuldenkrise deutlich, dass langfristige Lösungen notwendig sind. Deutschland sollte sich während der italienischen G20-Präsidentschaft 2021 gemeinsam mit anderen Gläubigerregierungen endlich für die Einrichtung eines fairen und transparenten Staateninsolvenzverfahrens für hochverschuldete Staaten einsetzen, wie es schon seit Jahren gefordert wird.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...