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China treibt Einführung des digitalen Yuan als Weltwährung voran – die EZB muss schnell reagieren

Lesezeit: 3 min
04.02.2021 18:54  Aktualisiert: 04.02.2021 18:54
Das weltweite Finanznetzwerk Swift und Chinas Notenbank haben ein Joint Venture gegründet, um die weltweite Nutzung eines geplanten digitalen Yuan zu untersuchen. Peking hat vor, seine geplante digitale Zentralbankwährung zu internationalisieren, was dem Yuan einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Euro verschaffen würde.
China treibt Einführung des digitalen Yuan als Weltwährung voran – die EZB muss schnell reagieren
Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) trifft am 15.05.2017 in Peking (China) im Rahmen der Gipfelkonferenz zur «Neuen Seidenstraße» die damalige Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. (Foto: dpa)
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Reuters meldete am 4. Februar 2021 (12:53 Uhr): China will offenbar für die geplante Digitalversion der Landeswährung Yuan eine globale Nutzung ausloten. Das weltweite Finanznetzwerk Swift gründete mit dem Forschungszentrum der chinesischen Notenbank, das sich mit Cryptodevisen beschäftigt, zum Jahresbeginn eine Gemeinschaftsfirma in Peking. Das berichtete die Internetseite des National Enterprise Credit Information Public System (NECIPS), das landesweite Unternehmensdaten zugänglich macht. Das Joint Venture solle sich mit Datenverarbeitung, Technologieberatung und der Integration von Informationssystemen beschäftigen. An dem Unternehmen seien noch weitere Partner beteiligt. Die Volksrepublik gilt unter den großen Ländern als Vorreiter in der Entwicklung digitaler Zentralbankwährungen. In mehreren Metropolen wie Shengzhen, Chengdu und Hangzhou wurden bereits großangelegte Probeläufe mit einer Digitalversion der Landeswährung gestartet. Analysten zufolge kann China mit einem e-Yuan Zahlungsströme besser überwachen, die Effizienz im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr steigern und die internationale Rolle seiner Währung stärken. Im vergangenen Jahr waren die Bahamas das weltweit erste Land, das eine Digitalwährung eingeführt hat.

Diese Entwicklung ist in gewisser Weise bahnbrechend, wenn man bedenkt, dass der IWF seit Jahren die Einführung von digitalen Zentralbankwährungen (CBDC) unterstützt und propagiert. Am 14. November 2018 hatte die damalige IWF-Chefin Christine Lagarde in einem Beitrag ausgeführt: „Sollten die Zentralbanken eine neue digitale Geldform herausgeben? Ein staatlich unterstütztes Token oder ein Konto, das direkt bei der Zentralbank geführt wird und Personen und Unternehmen für Zahlungen im Einzelhandel zur Verfügung steht? Ihre Einlagen bei Geschäftsbanken sind zwar bereits digital. Aber eine digitale Währung wäre eine Verpflichtung des Staates, wie Bargeld heute, nicht einer privaten Firma. Dies ist kein Science-Fiction. Verschiedene Zentralbanken auf der ganzen Welt erwägen diese Ideen ernsthaft, darunter Kanada, China, Schweden und Uruguay. Sie begrüßen Veränderungen und neues Denken - genau wie der IWF.“

Im Juni 2019 kritisierte Lagarde, dass Fintech-Firmen zahlreiche Finanzprodukte anbieten, die eine Instabilität im internationalen Finanzsystem auslösen könnten. “Eine erhebliche Störung der Finanz-Landschaft dürfte von den großen Technologieunternehmen ausgehen, die ihre enormen Kundenstämme (...) nutzen, um Finanzprodukte auf der Basis von Big Data und künstlicher Intelligenz anzubieten”, zitiert die Deutsche Welle Lagarde. Diese Aussage Lagardes harmoniert mit ihrem Vorschlag, wonach die Notenbanken selbst digitale Währungen einführen müssen. Sie möchte diese Aufgabe offenbar nicht den privaten Unternehmen überlassen.

In ihrer aktuellen Position als EZB-Präsidentin treibt Lagarde die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung durch die EZB voran. Auf die Frage nach den Bemühungen der EZB bei der Erforschung und Entwicklung einer digitalen Zentralbankwährung betonte Lagarde in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „Challenges“, es gebe den „dringenden Bedarf nach schnelleren und billigeren Zahlungen, insbesondere im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr“. Das Eurosystem und die EZB wollten in diesem Bereich „eine aktive Rolle spielen und nicht nur als Beobachter einer sich verändernden Welt agieren“ (HIER). In der IWF-Studie „The Rise of Digital Money“ wird China mehrmals als positives Beispiel im Zusammenhang mit dem Bestreben, eine CBDC einzuführen genannt.

Der IWF könnte hingegen einen „IMF Coin“ einführen. Allerdings sollte auch verstanden werden, dass es nicht zur Abschaffung des US-Dollars kommen wird. Stattdessen könnte voraussichtlich ein durch Gold gedeckter US-Dollar zum Einsatz kommen. Der „IMF Coin“ könnte dann an diesen goldgedeckten Dollar gebunden sein, um seine Rolle als digitale Leitwährung einzunehmen. Alle anderen digitalen Währungen der internationalen Notenbanken müssten dann an den „IMF Coin“ gekoppelt werden. Während die Umsetzung des digitalen „IMF Coins“ als Leitwährung sehr wahrscheinlich ist, ist die Frage um die Golddeckung jedoch umstritten (Mehr HIER).

Wenn der aktuelle Prozess aus dieser Perspektive betrachtet wird, ergeben die optimistischen Äußerungen des IWF zur Einführung von CBDCs einen logischen Sinn. Der aktuelle Vorstoß Chinas zur Einführung eines CBDC könnte jedoch dazu führen, dass die internationale Position des Euro geschwächt wird, zumal auch Chinas Handelspartner von der neuen digitalen Währung Gebrauch machen würden. Nun ist es richtig, dass das Bargeld Schritt für Schritt zurückgedrängt wird, was ohne Zweifel mehr als nur kritikwürdig ist (HIER). Doch sollte die EZB zu lange damit warten, einen digitalen Euro einzuführen, könnte der Euro-Raum gegenüber den Yuan einen großen Wettbewerbsnachteil erleiden, der nicht so schnell wettgemacht werden könnte. Denn Peking wird versuchen, seinen CBDC in Windeseile zu internationalisieren, um ihn als Handelswährung attraktiv zu machen. Nun könnten Kritiker berechtigterweise sagen, dass Lagarde die Digitalisierung des Yuan mit Wohlwollen aufnimmt was durchaus plausibel wäre, denn es passt zu ihrem weltweiten Währungskonzept. Doch die Wahrheit ist auch, dass es früher oder später ohnehin zu Einführungen von digitalen Zentralbankwährungen kommen wird.

Fazit: China wird offenbar als erstes Land das Tor zum Zeitalter der digitalen Zentralbankwährungen aufschlagen. Wer zu spät durch dieses Tor geht, wird auf der Verliererstraße landen. Die EZB muss schnell handeln.

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Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.


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