Deutschland

Intensivmediziner fordern Lockdown-Verlängerung bis April

Lesezeit: 2 min
25.02.2021 17:05  Aktualisiert: 25.02.2021 17:05
Eine ansteckendere Corona-Variante breitet sich aus, gleichzeitig sind Lockerungen geplant: Aus Sicht deutscher Intensivmediziner dürfte das nach hinten losgehen.
Intensivmediziner fordern Lockdown-Verlängerung bis April
Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, steht am Montag nach einer Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage in der Bundespressekonferenz zwischen Gesundheitsminister Jens Spahn und dem Virologen Christian Drosten. (Foto: dpa)
Foto: Fabrizio Bensch

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Sorge vor einer schweren dritten Welle in der Corona-Pandemie lässt Intensivmediziner eine Verlängerung des bundesweiten Lockdowns über den 7. März hinaus fordern. Es sei nötig, drei weitere Wochen bis Anfang April durchzuhalten, um mehr Zeit für Impfungen insbesondere der Risikogruppen zu haben, sagte der Präsident der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, am Donnerstag in einer Videoschalte. Danach solle langsam geöffnet werden.

Entscheidende Faktoren für die Auslastung der Intensivstationen sind nach Divi-Berechnungen unter anderem die Ausbreitung der ansteckenderen Corona-Variante B.1.1.7 und das Tempo beim Impfen der Menschen über 35 Jahre. Nach einem neuen Divi-Prognosemodell, das mit verschiedenen Szenarien rechnet, könnte ein Öffnen im März die Zahlen schwer kranker Corona-Patienten in Kliniken im schlimmsten Fall exorbitant in die Höhe treiben, hieß es.

Gerechnet werde bei frühen Lockerungen im ungünstigsten Szenario bereits Mitte Mai mit bis zu 25.000 Covid-19-Intensivpatienten, ein extrem hoher Wert, der Intensivstationen überfordern würde. Der bisherige Höchststand habe im Januar bei 6000 solchen Patienten gelegen, im Moment seien es rund 2900. Das entspreche etwa dem Höhepunkt der ersten Welle im Frühjahr 2020. Diese Lage sei beherrschbar.

Eine Fortführung des Lockdowns bis Anfang April brächte nach dem Prognosemodell bereits eine noch zu bewältigende Lage für die Intensivmedizin, mit rund 5000 Patienten Mitte Mai. Denn dann habe die Impfwelle eine bessere Chance, sich vor die Infektionswelle zu schieben. «Drei Wochen Disziplin zwischen 7. März und 1. April entscheiden das Spiel in der Nachspielzeit», bilanzierte Christian Karagiannidis, medinzinisch-wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters.

Noch hilfreicher wäre laut Modell eine Öffnung zum 21. April. Dann gäbe es Mitte Mai nur rund 2500 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen.

Die Divi-Mediziner rieten dazu, Öffnungsstrategien in einem Strategiewechsel am R-Wert auszurichten. Bisher ist dafür eher die 7-Tage-Inzidenz im Blick, die Infektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche abbildet. Der R-Wert zeigt, wie viele weitere Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt. Er dürfe nicht über 1,2 steigen, mahnte die Mediziner-Vereinigung. Durch die ansteckendere Variante wird befürchtet, dass der R-Wert schwerer unter 1 gedrückt werden kann. Erst wenn er längere Zeit unter 1 liegt, flaut das Infektionsgeschehen ab.

«Wir müssen dringend appellieren, dass Impfungen extrem effektiv sind», sagte Janssens insbesondere mit Blick auf das Vakzin von Astrazeneca. Sie seien der Rettungsanker, der helfen werde, endlich aus dieser Krise herauszukommen. Die Bevölkerung sei zwar am Ende, aber Besserung sei in Aussicht. Für die Modelle wurde angenommen, dass die Impfung zu 100 Prozent vor einem so schweren Krankheitsverlauf schützt, dass man auf der Intensivstation behandelt werden muss.

Für die Mediziner geht es auch um die Belastung für das Personal: Er habe noch nie eine Situation erlebt, in der so viele Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen psychisch, physisch und emotional so erschöpft waren, sagte Marx. «Sie sind keine Maschinen.»

Eine am Mittwoch veröffentlichte Berechnung des Robert Koch-Instituts (RKI) hatte mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland über 15 Jahre der Risikogruppe für schwere Covid-19-Verläufe zugerechnet. Ausschlaggebend waren dafür vor allem Alter (über 65 Jahre) und bestimmte Vorerkrankungen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Post-Tarifverhandlungen gestartet - worum es für 170.000 Beschäftigte geht
09.01.2025

Die Post-Tarifverhandlungen für rund 170.000 Postboten, Paketzusteller und andere Mitarbeiter der Deutschen Post haben begonnen. Die...

DWN
Politik
Politik Die Posse von Todendorf: Bundeswehr darf nicht mit neuen Luftabwehrraketen IRIS-T üben - peinlich!
09.01.2025

Die Bundeswehr übt Stillstand, die Kritik am Kanzler wird immer lauter: Mit markigen Worten verschleiert Olaf Scholz, dass die...

DWN
Panorama
Panorama Demenz: Beruf beeinflusst Risiko - welche Berufsgruppe seltener erkrankt
08.01.2025

Gedächtnisschwierigkeiten, Orientierungslosigkeit oder veränderte Persönlichkeit – Demenz-Symptome sind vielfältig, die...

DWN
Technologie
Technologie Facebook: Meta beendet Zusammenarbeit mit sogenannten „Faktenprüfern" aber noch nicht für Europa. Noch kein Ende von Fake-News?
08.01.2025

Faktenchecker adé: Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an - aber noch...

DWN
Politik
Politik Reaktion auf Trumps Grönland-Anspruch: Bundeskanzler Scholz betont Unverletzlichkeit von Grenzen
08.01.2025

Angesichts der aktuellen Aussagen des designierten US-Präsidenten Donald Trump hat Bundeskanzler Scholz Trump an das fundamentale Prinzip...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie klettert: Trumps Forderung treibt Rüstungsaktien an
08.01.2025

Die Rheinmetall-Aktie ist im frühen Mittwochshandel kräftig gestiegen - und auch andere Rüstungsaktien legten zu. Der Grund für die...

DWN
Panorama
Panorama Neues Glück im neuen Jahr? Auswandern macht Deutsche glücklich!
08.01.2025

Deutsche, die ihre Heimat verlassen, sind anscheinend im Ausland langfristig glücklicher. Eine Langzeitbefragung zeigt: Der Umzug ins...

DWN
Panorama
Panorama Vogelgrippe: US-Behörden melden möglichen Todesfall - Aktien von Impfstoffherstellern legen zu
08.01.2025

Kommt jetzt die Pandemie der Tiere? Der 65-jährige Mann aus Louisana war bereits durch Vorerkrankungen geschwächt, als er in Kontakt mit...