Der Bundestag soll nach den Vorstellungen von Union und SPD mithilfe eines neuen Gremiums mehr Mitsprachemöglichkeiten beim Kampf gegen die Corona-Pandemie erhalten. Dazu soll ein „Parlamentarisches Begleitgremium Covid-19-Pandemie“ eingesetzt werden, wie aus einem Antrag der Koalitionsfraktionen hervorgeht. Darin heißt es: „Das interdisziplinäre Gremium soll aktuelle sowie künftige gesundheitliche und soziale Fragen der Bewältigung der Covid-19-Pandemie behandeln und gibt auf wissenschaftlicher Grundlage Handlungsempfehlungen.“
Der Antrag liegt auch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Demnach soll das Gremium ein Unterausschuss des Gesundheitsausschusses werden, aus 21 Abgeordneten bestehen und externe Sachverständige einbeziehen. Zu seinen Themenfeldern soll die Erforschung und Bekämpfung von Virusmutationen ebenso gehören wie die Produktion und Beschaffung von Impfstoffen oder das Lernen und Lehren während der Pandemie.
Vor allem die Opposition im Bundestag hat immer wieder kritisiert, dass das Parlament bei den Maßnahmen gegen die Pandemie zu wenig mitzureden habe. Allerdings hatte der Bundestag selbst zum Beginn der Pandemie durch das Feststellen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite der Regierung weitgehende Handlungsfreiheit gegeben. In dieser Woche will der Bundestag über das Fortgelten der Notlage entscheiden. Die Verlängerung soll künftig immer nur noch für drei Monate gelten.
Kritik aus der Opposition
Das von Union und SPD geplante Gremium stößt bei der FDP auf starke Kritik. „Die Sache riecht ganz nach einem mit heißer Nadel gestrickten Ablenkungsmanöver“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, am Dienstag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. „Die Frage, wie es in der Pandemie weitergeht, gehört ins Plenum des Deutschen Bundestag. So werden Transparenz und Öffentlichkeit gewährleistet. Diese Fragen dürfen nicht in einem neuen Unterausschuss eines Fachausschusses versenkt werden“, sagte Buschmann. „Das Konzept ist zudem widersprüchlich.“ Einerseits solle das Gremium interdisziplinär arbeiten. Andererseits werde gerade kein gemeinsamer Unterausschuss der verschiedenen betroffenen Fachausschüsse gebildet.
Auch die Grünen im Bundestag kritisieren die Pläne. Es handle sich um ein „untaugliches Ablenkungsmanöver“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Dienstag. Entscheidend sei, dass die Bundesregierung nicht länger „in eigenen Nebenrunden hinter verschlossenen Türen“ wichtige Entscheidungen treffe. „Der Bundestag braucht keinen Placebo-Ausschuss, sondern muss sich sein Entscheidungsrecht zurückholen.2 Das Plenum müsse über die pandemische Lage und einen Risikostufenplan zur Pandemiebekämpfung entscheiden können.
Die Bundesregierung solle einen interdisziplinär besetzten Pandemierat einberufen, verlangte Göring-Eckardt. „Es ist überfällig, dass es in der Pandemiebekämpfung eine koordinierte interdisziplinäre Strategie gibt, die auf breiten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert.“ Dies wäre im Gegensatz zu einem Unterausschuss des Bundestags ein sinnvolles Gremium zur Beratung der Regierung.
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte am Dienstag, der Bundestag habe sehr viele Unterausschüsse. „Also es ist nicht ungewöhnlich.“ Das Gremium solle auch „nach vorne arbeiten“. Brinkhaus stellte aber klar: „Die exekutiven Entscheidungen werden weiter von der Exekutive getroffen.“