Politik

Staatsanwaltschaft hebt großes Bestechungs-Netzwerk Aserbaidschans in Europa aus

Im Zuge von Ermittlungen gegen ein angeblich von Aserbaidschan unterhaltenes Bestechungssystem in Europa finden derzeit Razzien bei einem Bundestagsabgeordneten statt.
04.03.2021 16:14
Lesezeit: 1 min

Der Bundestag hat am Donnerstag die Immunität eines CDU-Abgeordneten aufgehoben. Er erteilte damit die Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse. Ausgangspunkt war ein Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft München. Diese teilte am Donnerstag auf Anfrage mit, sie ermittele wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern. Der Name des Verdächtigen stand - wie in solchen Fällen üblich - nicht in der Mitteilung. In ihr verwies die Generalstaatsanwaltschaft ausdrücklich auf die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geltende Unschuldsvermutung.

Bei einem Anruf der Deutschen Presse-Agentur im Büro des Abgeordneten sagte ein Mitarbeiter lediglich: «Kein Kommentar».

Den Angaben zufolge durchsuchte das Bundeskriminalamt sechs Objekte in Baden-Württemberg und Berlin, darunter das Abgeordnetenbüro im Bundestag, Wohnungen und Geschäftsräume. Insgesamt seien rund 60 Beamte der Generalstaatsanwaltschaft und des Bundeskriminalamtes im Einsatz. Vorausgegangen seien umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen, die sich gegen ehemalige und aktive Mitglieder des Bundestages richteten, die der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) angehört hätten.

«Ihnen wird vorgeworfen, in der Zeit zwischen 2008 bis 2016 unter anderem Gelder aus Aserbaidschan über britische Briefkastengesellschaften mit baltischen Konten erhalten zu haben», hieß es in der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft. «Damit verbunden war die Aufforderung, bei Anträgen und Abstimmungen zu verschiedenen Resolutionen sowie bei der Besetzung von Funktionen und Kommissionen des Europarates Einfluss im Sinne von Delegierten des Staates Aserbaidschan zu nehmen.»

Ulrich Müller von LobbyControl kommentiert:

„Die neuen Durchsuchungen geben der Aserbaidschan-Affäre eine neue Dimension. Die bisher bekannten Vorwürfe gegen Karin Strenz und Eduard Lintner sind nur ein Teil eines größeren Netzwerkes. Union und Unionsfraktion müssen jetzt das ganze Geflecht aufklären.

Es ist völlig inakzeptabel, dass autoritäre Regime die Politik in Deutschland und Europa mit unsauberen Methoden beeinflussen und dies über Jahre nicht umfassend aufgeklärt wird. Diese Aufklärung muss auch im Bundestag stattfinden, in der Unionsfraktion und innerhalb der Union. Es ist positiv, dass die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen voranschreitet. Aber es ist auch ein Armutszeugnis für die Union. LobbyControl weist seit mehreren Jahren auf offene Fragen in dem Skandal hin. So ist bis heute offen, wohin die ganzen Gelder aus Aserbaidschan gingen und wer davon profitiert hat. Aber die Union und die Unionsfraktion haben kein Interesse an einer umfassenden Aufklärung des Skandals gezeigt.

Doch Aussitzen geht nicht mehr. CDU, CSU und die Unionsfraktion müssen aktiv für mehr Transparenz und Aufklärung eintreten. Abgeordnete mit belegten Fehlverhalten wie Karin Strenz sollten aus der Fraktion ausgeschlossen werden. (...) Wir brauchen mehr Untersuchungskapazitäten des Bundestags bei möglichen Regelverstößen von Abgeordneten und eine bessere Lobbyregulierung: von einem verbesserten Lobbyregister bis zu verschärften Verhaltensregeln für Bundestagsabgeordnete.“

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