Politik

Kuba läutet das Ende der Castro-Dynastie ein

Der bevorstehende Parteitag wird höchstwahrscheinlich das Ende der Castro-Dynastie einläuten.
14.04.2021 10:51
Aktualisiert: 14.04.2021 10:51
Lesezeit: 3 min

Seit dem Sieg ihrer Revolution Anfang des Jahres 1959 haben die Brüder Fidel und Raúl Castro die Geschicke Kubas in verschiedenen Ämtern bestimmt. Diese mehr als 60 Jahre lange Ära wird zwischen Freitag und Montag, beim Kongress der Kommunistischen Partei Kubas (PCC), voraussichtlich definitiv enden.

Es wird erwartet, dass Raúl Castro dann den Posten des Parteichefs abgibt. Der 89-Jährige hatte bereits vor drei Jahren das Amt als Präsident des Karibikstaats an Miguel Díaz-Canel weitergegeben, hielt aber am machtvollen Amt des Ersten Sekretärs der PCC fest. Als Präsident hatte er 2006, zunächst provisorisch, seinen erkrankten älteren Bruder Fidel beerbt. Dieser starb 2016 mit 90 Jahren.

Der PCC-Kongress findet etwa alle fünf Jahre statt - die diesjährige Ausgabe ist die achte seit der ersten im Jahr 1975. Bei dem Parteitag wählen etwa 1000 Delegierte das Zentralkomitee. In diesem Jahr sollen nach Angaben der Partei außerdem unter anderem die Folgen der beim Kongress 2011 beschlossenen Wirtschaftsreformen bewertet werden.

Zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1965 dürfte die einzige zugelassene Partei danach nicht mehr von einem Castro angeführt werden. Es bleibt abzuwarten, ob es zu einer bedeutenden Abkehr von der bisherigen Politik kommt, zumal Díaz-Canel als neuer Parteichef gehandelt wird. Der 60-Jährige hat als Präsident - ein in der neuen Verfassung von 2019 wiedereingeführtes Amt an der Spitze des Staates - den Kurs der Castros weitestgehend beibehalten.

Es gab zuletzt jedoch bereits neue Reformen der Wirtschaft, die unter immer schärferen US-Sanktionen während der Amtszeit von Präsident Donald Trump sowie unter dem Einbruch des Tourismus in der Corona-Pandemie stark gelitten hat. Zunächst wurde vergangenen Juli eine seit 2004 geltende, zehnprozentige Steuer auf den Dollar-Ankauf gestrichen.

Zu Beginn dieses Jahres wurde eine der zwei einheimischen Währungen abgeschafft. Dann wurde die Liste der im Privatsektor erlaubten Berufe von 127 auf mehr als 2000 erweitert. Eine Folge der Maßnahmen war ein starker Anstieg der Inflation.

Den Unmut vieler Kubaner über die Regierung und das sozialistische Einparteiensystem artikuliert unter anderen die Künstlergruppe Movimiento San Isidro (San-Isidro-Bewegung). Deren Rückhalt in der Bevölkerung machten Videos deutlich, die vor wenigen Tagen in sozialen Medien verbreitet wurden. Darauf ist ein Gerangel zwischen Polizisten und einer aufgebrachten Menge am 4. April in der Altstadt von Havanna zu sehen. Ein Polizist hat einen Mann im Würgegriff und versucht, ihn in einen Polizeiwagen zu zerren. Mehreren Menschen gelingt es gemeinsam, den Mann aus dem Griff des Beamten loszureißen.

Trump-Regierung setzt Kuba auf Terror-Liste

Während die USA den mittelamerikanischen Inselstaat Kuba wieder auf ihre Terrorliste gesetzt haben, plant die Bundesregierung keine derartigen Schritte. «Wir haben diese Maßnahme der USA zur Kenntnis genommen», sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes Ende Januar in Berlin. Im Einklang mit der EU stehe Deutschland jedoch für eine Politik, die auf Dialogbereitschaft und die Förderung der Beziehungen gerichtet sei.

Im Jahr 2015 hatte die Regierung des damaligen US-Präsidenten Barack Obama das sozialistische Land von der Liste der Terrorunterstützer gestrichen. Diesen Schritt machte das US-Außenministerium unter Trump kurz vor der Machtübernahme der Biden-Administration rückgängig. Die Maßnahme wurde unter anderem damit begründet, dass Kuba den internationalen Terrorismus unterstütze. Dieser Schritt dürfte die Bemühungen der Regierung von Joe Biden erschweren, die Annäherung der Nachbarstaaten wieder aufzunehmen.

Auf der US-Staatenliste der Terrorunterstützer stehen derzeit noch der Iran, Syrien und Nordkorea. Ein Eintrag auf der Liste hat für die jeweiligen Länder zur Folge, dass US-Entwicklungshilfe, Rüstungsexporte und bestimmte finanzielle Transaktionen beschränkt werden. Der Sudan war kürzlich von der Liste gestrichen worden.

Kuba war 1982 auf den Index gekommen, unter anderem weil es Mitgliedern der baskischen Untergrundorganisation ETA und der kolumbianischen Guerillagruppe FARC Unterschlupf gewährt hatte. Die Obama-Regierung baute mit der Streichung Kubas ein wichtiges Hindernis in der diplomatischen Annäherung der Nachbarstaaten nach jahrzehntelanger Eiszeit ab.

Unter Trump verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba abrupt wieder. Nach angeblichen Attacken mit Schallwellen zog Washington den Großteil seines diplomatischen Personals aus der Botschaft in Havanna ab. Zudem nahm die US-Regierung die meisten Lockerungen des Wirtschaftsembargos wieder zurück. Die Trump-Regierung wirft der kubanischen Führung vor, das eigene Volk zu unterdrücken und Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro zu stützen.

Als Begründung für das nun abermals verschärfte Vorgehen gegen Kuba führte das US-Außenministerium an, dass die dortige Führung «bösartiges Verhalten in der Region» an den Tag lege - insbesondere mit Blick auf Venezuela. Die Regierung habe Maduro darin unterstützt, seinen «Würgegriff» über sein Volk aufrechtzuerhalten, und ein «freizügiges» Umfeld für internationale Terroristen geschaffen. Außerdem biete Kuba zahlreichen Flüchtigen aus den USA Unterschlupf und bewahre sie so vor Strafverfolgung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?