Finanzen

Die Kalte Enteignung der Sparer geht in eine neue Runde

Die kalte Enteignung der Sparer ist in vollem Gange. Nichts deutet darauf hin, dass sich die Lage verbessert – ganz im Gegenteil.
15.04.2021 19:18
Aktualisiert: 15.04.2021 19:18
Lesezeit: 2 min

Seit Jahren spüren die Sparer die Folgen der kalten Enteignung. Zur Erinnerung: Eine kalte Enteignung findet immer dann statt, wenn die Zinsen, die Sie für Ihr eingesetztes Kapital (beispielsweise bei Tages- oder Festgeld) erhalten, unterhalb der Inflationsrate liegen. Im Jahr 2020 betrug die durchschnittliche Inflationsrate in Deutschland 0,5 Prozent. Der Leitzins der EZB liegt seit März 2016 unverändert bei 0 Prozent. Doch in den kommenden Monaten und Jahren dürfte die Inflation aufgrund der Verteuerung der Energiepreise an Auftrieb gewinnen.

Das „Statistische Bundesamt“ führt aus: „Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im März 2021 bei +1,7 %. Damit war die Inflationsrate nach dem Ende der temporären Senkung der Mehrwertsteuersätze den dritten Monat in Folge im Plus und hat sich erneut erhöht (Februar 2021: +1,3 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vormonat Februar 2021 um 0,5 %.“

„Droht nun die von vielen befürchtete kalte Enteignung der Sparer? Eine mehr als berechtigte Frage! Denn wohl richtigerweise wird erwartet, dass die (Spar-)Zinsen mit einer deutlichen Verzögerung gegenüber der Inflation die Null- oder gar Negativzinswelt verlassen dürften. Hinken Sparzinsen steigenden Preisen hinterher, verringert sich die Kaufkraft der in weitestgehend sicheren, dafür aber auch entsprechend niedrig oder gar nicht verzinsten Bankeinlagen gebunkerten Ersparnisse. Ebenso durch die Inflation abgewertet würden Löhne und Altersrenten, sollten sie nicht zeitnah entsprechend den Preissteigerungsraten angehoben werden“, so der Ökonom Thomas Straubhaar in einem Beitrag der Zeitung „Welt“.

Am 11. März 2021 berichtete die „Frankfurter Neue Presse“: „Natürlich ist die gestiegene Inflation zusätzliches Gift für die vielen Sparer. Angesichts der Nullzinspolitik der EZB und ihrer Billionen Euro schweren Anleihen-Käufe hatten Anleger schon im vergangenen Jahr kaum eine Chance, mit halbwegs sicheren Staatsanleihen Geld zu verdienen. Nun sehen sich all diejenigen, die nach wie vor nicht in Aktien investieren wollen, stärker denn je konfrontiert mit dem Schreckgespenst der vielzitierten ,kalten Enteignung‘.“

Eine besonders bemerkenswerte Ausführung geht aus der Webseite der EZB hervor: „Der EZB-Rat verfolgt das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 % zu halten. Um sein vorrangiges Ziel zu erreichen, trifft der EZB-Rat seine Beschlüsse auf Grundlage einer Zwei-Säulen-Strategie und setzt sie mittels seines Handlungsrahmens um.“

Wenn man sich diese Ausführung der EZB im Zusammenhang mit der aktuellen Zinspolitik und der Option, negative Leitzinsen einzuführen, denkt, müssen sich die Sparer offenbar auf einen weiteren Schlag vorbereiten.

Die erste große Phase der kalten Enteignung erfolgte im Rahmen des Euro-Rettungsprogramms. Die zweite große Welle dürfte dann einsetzen, wenn wir endgültig in eine bargeldlose Welt schlittern. Bei Negativzinsen in einer bargeldlosen Gesellschaft hätten die Bürger nicht mehr die Möglichkeit, ihr Bargeld abzuheben, um es zu sichern. Sie müssten ihr Geld also ausgeben, oder aber Einbußen auf ihren Konten erleiden.

Erschwerend kommt aktuell hinzu: Banken zahlen seit 2014 Strafzinsen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Derzeit liegt der sogenannte Einlagensatz bei minus 0,5 Prozent. Zugleich werden viele Banken und Sparkassen in der Corona-Krise von Einlagen überflutet, so dass der Druck zur Weitergabe der Kosten steigt.

Aus einem aktuellen Artikel des Ratgebers „Altersvorsorge neu gedacht“ geht hervor: „8,1 Milliarden Euro haben die Spareinlagen der Deutschen im ersten Quartal 2021 real an Wert verloren: Pro Kopf sind das 97 Euro. Hintergrund sind die anhaltend niedrigen Zinsen und eine zum Jahresbeginn wieder gestiegene Inflation. Zu diesen Ergebnissen kommt der quartalsweise erscheinende comdirect Realzins-Radar, der gemeinsam mit Barkow Consulting ermittelt wird.“

Lesen Sie den ganzen Artikel auf „Altersvorsorge neu gedacht“, dem Ratgeber für Vorsorge und Geldanlage.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...

DWN
Politik
Politik Insa-Umfrage aktuell: AfD bleibt in Sonntagsfrage vor Union
25.11.2025

Die aktuelle Insa-Umfrage zeigt eine AfD auf Rekordkurs - und eine Union, die langsam näher rückt. Gleichzeitig bröckelt das Tabu-Image...