Deutschland

Bundesregierung bereitet Ausnahme-Verordnung für Geimpfte vor

Menschen, die sich gegen Covid-19 impfen lassen, sollen ihre Grundrechte teilweise zurück erhalten können. Ausnahmen bei Maskenpflicht und Abstandsregeln plant die Bundesregierung jedoch ausdrücklich nicht.
24.04.2021 17:11
Aktualisiert: 24.04.2021 17:11
Lesezeit: 2 min
Bundesregierung bereitet Ausnahme-Verordnung für Geimpfte vor
Die Maskenpflicht soll noch auf lange Zeit für alle gelten. Im Bild: Bischof Peter Kohlgraf (hinten) bei einem Jugendprojekt. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Gollnow

Für vollständig gegen Covid-19 Geimpfte und für Genesene soll es nach Auffassung der Bundesregierung gewisse Ausnahmen von den geltenden Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen geben. Das geht aus einem am Samstag innerhalb der Regierung abgestimmten Eckpunktepapier hervor, das als Vorbereitung für den an diesem Montag geplanten Impfgipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Länder erstellt wurde.

Die Entscheidungskompetenz liegt hier zwar beim Bund. Allerdings war in der vergangene Woche verabschiedeten Novelle des Infektionsschutzgesetzes festgelegt worden, dass Bundestag und Bundesrat solchen Änderungen zustimmen müssen.

In dem Papier heißt es, was Einreiseregelungen angehe sowie den Zugang zu Ladengeschäften und bestimmten Dienstleistungen sollten Menschen, die gegen Covid-19 geimpft sind, und Genesenen dieselben Ausnahmen eingeräumt werden, die bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 für negativ auf das Coronavirus Getestete gelten. Bei Einreisen aus sogenannten Virusvariantengebieten sollen allerdings keine Erleichterungen gewährt werden.

«Abhängig von der Entwicklung der Infektionslage, der Impfquote und der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ansteckungsgefahr von Geimpften, Genesenen und Getesteten, werden perspektivisch weitere Ausnahmen von Schutzmaßnahmen vorzunehmen sein», wird in dem Eckpunktepapier der Regierung festgehalten.

Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder das Abstandsgebot würden jedoch auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch für einen längeren Zeitraum weiter gelten.

Konkret heißt es, für den Bereich von Kontaktbeschränkungen sollten Ausnahmen für die mit einem in der EU zugelassenen Vakzin Geimpften und für Genesene vorgesehen werden, insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen wie Alten- und Pflegeheimen. «Auch im Bereich der Ausgangsbeschränkungen sollen entsprechende Ausnahmen vorgesehen werden». Ein Anspruch auf die Öffnung bestimmter Einrichtungen - etwa Museen oder Schwimmbäder - ergibt sich nach Einschätzung der Bundesregierung aus den für Geimpfte und Genesene festzulegenden Ausnahmen aber nicht.

Als Genesene sollen demnach Menschen gelten, «die ein mindestens 28 Tage zurückliegendes positives PCR-Testergebnis nachweisen können». Dies gelte bis zu sechs Monate nach der Feststellung der Genesung, da solange von einem ausreichenden Immunschutz ausgegangen werden könne.

In dem Papier, das der Vorbereitung einer entsprechenden Rechtsverordnung nach dem Infektionsschutzgesetz dient, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei Erleichterungen und Ausnahmen für bestimmte Personengruppen nicht um die Einräumung von Sonderrechten oder Privilegien handele, «sondern um die Aufhebung nicht mehr gerechtfertigter Grundrechtseingriffe».

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte dem Handelsblatt: «Wenn feststeht, dass eine Impfung nicht nur vor einer Erkrankung schützt, sondern auch die weitere Übertragung des Virus verhindern kann, muss das bei den Maßnahmen berücksichtigt werden.» Dies sei kein Privileg für Geimpfte, sondern ein Gebot der Verfassung.

Lambrecht verwies auf die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes. Danach sei die Bundesregierung ausdrücklich dazu ermächtigt worden, «besondere Regelungen, Ausnahmen und Erleichterungen für Personen festzulegen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus auszugehen ist».

Das Robert Koch-Institut hatte Mitte April erklärt, nach gegenwärtigem Kenntnisstand sei das Risiko einer Virusübertragung durch vollständig Geimpfte spätestens ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis - beziehungsweise bei dem Impfstoff von Johnson & Johnson nach der Gabe der ersten und einzigen Impfdosis - geringer als bei Vorliegen eines negativen Schnelltests bei Infizierten ohne Symptome.

«Es ist höchste Zeit, dass am Montag bei den Bund-Länder-Beratungen die Freiheitsrechte für Geimpfte auf den Tisch kommen», sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstatin Kuhle. Ihm sei unverständlich, «warum die Bundesregierung mit ihren Vorschlägen erst nach der Verabschiedung der sogenannten Bundes-Notbremse aus der Deckung kommt».

Mehr zum Thema:

Jetzt wird es ernst: Ab Samstag 0:00 Uhr greift die Bundes-Notbremse

Das sind Deutschlands am meisten verwendete Corona-Impfstoffe

Die Unbedenklichkeit der Corona-Impfstoffe ist nicht bewiesen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rohstoffmacht China: Wie Peking Europas Mittelstand in die Abhängigkeit treibt
16.11.2025

China verschiebt seine Exportkontrollen für Seltene Erden – offiziell um ein Jahr. Doch das ist keine Entspannung, sondern eine...

DWN
Technologie
Technologie Kuka weitet Stellenabbau in Augsburg aus – 560 Jobs betroffen
16.11.2025

Der Roboterhersteller Kuka plant an seinem Stammsitz in Augsburg einen größeren Stellenabbau als zunächst angekündigt. Statt der...

DWN
Immobilien
Immobilien PV-Anlagen für Unternehmen: Wie Betriebe mit Steuerbonus und Eigenstrom doppelt punkten
16.11.2025

Gewerbliche Photovoltaikanlagen gewinnen für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Durch den Investitionsabzugsbetrag und die...

DWN
Politik
Politik Europa im Wandel: Populismus und Spannungen in Deutschland, England und Frankreich
16.11.2025

Europa steht vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, während der Zusammenhalt innerhalb der EU zunehmend brüchig wird....

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Zwei Billionen Euro und kein Plan für Europas Bauern
16.11.2025

Der Streit um Agrarsubventionen spaltet die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...