Politik

BKA: Es gibt keine erhöhte Gefährdungslage aufgrund der sogenannten „Todesliste“

Nach Angaben des Bundeskriminalamts gibt es keine erhöhte Gefährdungslage aufgrund der sogenannten „Todesliste“. Die Politik sollte politisch und religiös motivierte Gewalt jeglicher Couleur endlich eindämmen, anstatt den aktuellen Vorfall mit der sogenannten „Todesliste“ politisch auszuschlachten, um Kritiker mundtot zu machen.
29.04.2021 14:39
Aktualisiert: 29.04.2021 14:39
Lesezeit: 2 min
BKA: Es gibt keine erhöhte Gefährdungslage aufgrund der sogenannten „Todesliste“
Eine Deutschlandfahne weht am Tag der Deutschen Einheit auf dem Brocken. (Foto: dpa)

Die sogenannte „Todesliste“ von Bundestagsabgeordneten, die von einer Einzelperson auf Telegramm gepostet wurde, ist in aller Munde. Die Bundespolitiker reagieren verständlicherweise geschockt und teilweise hysterisch. „Das erleben viele von uns jeden Tag. Mir bereitet Sorge, dass die Hemmschwelle zur Gewalt weiter sinken könnte“, zitiert „tagesschau.de“ Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Die CDU-Politikerin Karin Maag meint im Kurzinterview mit dem „Tagesspiegel“ im Zusammenhang mit der „Todesliste“: „Wer das fabriziert hat, muss ein ganz armer Mensch sein. Jemand, der Demokratie grundsätzlich nicht verstanden hat. Und das ärgert mich. Richtig ernst nehmen aber kann ich das nicht. Ich lasse mich von solchen Menschen nicht beeindrucken.“

Der SPD-Politiker Karamba Diaby reagiert etwas besonnener als andere Politiker. „Ich nehme die Drohungen ernst, bewerte sie aber nicht über“, teilte er dem „Tagesspiegel“ mit. Diaby sagt auch, dass er unabhängig von der „Todesliste“ öfters Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt ist. „Wer mich beleidigt oder bedroht und die Demokratie mit Füßen tritt, ist für mich kein Gesprächspartner mehr. Wer aber sachliche Kritik äußern will, dem gegenüber wird meine Tür immer offenstehen“, so Diaby.

Drohungen und Einschüchterungsversuche gegen Diaby und weitere Bundestagsabgeordnete gibt es schon seit Jahren, ohne dass es die Öffentlichkeit jemals interessiert hätte. Es besteht aktuell die Gefahr, dass die „Todesliste“ herangezogen wird, um das Thema politisch zu instrumentalisieren, ohne dass es in Wirklichkeit um den Schutz von Leib und Leben bedrohter Politiker geht.

Der SPD-Politiker Diaby hatte im vergangenen Jahr im Gespräch mit der „Deutschen Welle“ zurecht darauf hingewiesen, dass Menschen in Deutschland ausgegrenzt und angegriffen werden. Dass er wegen seiner Hautfarbe bedroht werde, hatte er unter anderem im Juni 2020 im Gespräch mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ angesprochen. Doch der öffentliche Aufschrei blieb aus. Warum? Schließlich kommen Menschen, die „Todeslisten“ im Internet posten, aus dem Dunstkreis der Menschenfeindlichkeit, die über Jahrzehnte hinweg stillschweigend hingenommen wurde. Wen hatte es in den vergangenen Jahren jemals interessiert, welchen alltäglichen Attacken und Anfeindungen Politiker wie Diaby ausgesetzt sind? Wo war denn da die Menschlichkeit und das liberale Demokratieverständnis der Politiker, die sich im Verlauf der aktuellen Pandemie als Anti-Rassisten und Menschenfreunde aufspielen, um in Wirklichkeit Kritik an ihrer Politik zu unterdrücken?

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat mittlerweile über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt: „Das Dokument beinhaltet das Abstimmungsergebnis des Bundestags zum Infektionsschutzgesetz. Dieses wurde umbenannt. Es handelt sich um den Post einer Einzelperson. Daraus resultiert keine erhöhte Gefährdungslage. Die Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen des Bundestags wurden vorsorglich über den Sachverhalt informiert. Die weitere Prüfung dauert an.“

Es ist zu hoffen, dass die Öffentlichkeit den aktuellen Vorfall nicht zum Anlass nimmt, demokratisch-oppositionelle Stimmen mundtot zu machen. Jeder Bürger hat das Recht, die Corona-Beschränkungen und die Änderungen beim Infektionsschutzgesetz zu kritisieren. Doch jeder Bürger hat auch das Recht, die Maßnahmen zu unterstützen.

Es muss endlich entschlossen gegen politisch, religiös und ethnisch motivierte Formen von Diskriminierung und Gewalt vorgegangen werden, ohne die Menschen in diesem Land zu spalten. Aber mit aller Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit. Symbolpolitik und der politische Missbrauch von beunruhigenden Vorfällen sind unangebracht.

Die Gesellschaft muss aus dem Teufelskreis der Polarisierung herauskommen. Diesen Ansatz sollten sich alle politischen Lager im Land zu eigen machen. Es ist höchste Zeit!

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neue EU-Regeln: Mehr Bargeld im Supermarkt und besserer Schutz vor Online-Betrug
27.11.2025

Die Europäische Union stellt Zahlungsdienste auf den Prüfstand: Neue EU-Regeln sollen Kunden besser schützen und den Alltag erleichtern....

DWN
Finanzen
Finanzen Wacker Chemie-Aktie steigt: Anleger honorieren Stellenabbau und Sparanstrengungen
27.11.2025

Wacker Chemie zieht angesichts der anhaltenden Branchenflaute die Reißleine und legt ein Sparpaket auf. Mehr als 1.500 Jobs stehen...