Politik

Großbritannien will Industriestaaten gegen Russland und China in Stellung bringen

Großbritanniens Regierung hat offiziell angekündigt, die im G7-Format versammelten Staaten gegen Russland und China in Stellung bringen zu wollen. Die Versuche, das Format zu politisieren, erscheinen erfolgversprechend.
03.05.2021 09:54
Aktualisiert: 03.05.2021 09:54
Lesezeit: 2 min

Großbritannien will seinen diesjährigen Vorsitz der sieben größten Industrieländer (G7) für einen härteren Kurs gegen Russland und China nutzen. Die G7-Mitglieder sollten mit einem gemeinsamen Mechanismus gegen angeblich „Falschinformationen“ aus beiden Staaten vorgehen, sagte Außenminister Dominic Raab der Nachrichtenagentur Reuters vor dem G7-Außenministertreffen in der neuen Woche in London.

„Wenn wir diese Lügen und diese Propaganda sehen oder dass Fake News verbreitet werden, können wir dann nicht nur einzeln, sondern gemeinsam eine Widerlegung und einfach die Wahrheit veröffentlichen“, sagte Raab.

Großbritannien betrachtet Russland als größte Bedrohung seiner Sicherheit und China als langfristig stärksten Rivalen in militärischen, wirtschaftlichen und technologischen Angelegenheiten. Mehrere westliche Staaten beschuldigen Russland und China, mit Desinformationen etwa bei Wahlen oder über Corona-Impfstoffe Misstrauen zu säen. Die Vorwürfe wurden bis heute nie bewiesen. Im Gegenteil, die Behauptung, Russland habe die US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 beeinflusst, wurde vor einigen Monaten als Lüge enttarnt.

Russland streitet die Vorwürfe Großbritanniens ab und spricht von einer russlandfeindlichen Hysterie im Westen. Außenminister Sergej Lawrow sagte vor einigen Tagen, dass Großbritannien strategisch daran arbeite, das Verhältnis der EU zu Russland zu sabotieren. Auch China beschuldigt westliche Länder wie die USA und Großbritannien, sich mit post-imperialem Selbstverständnis wie eine Weltpolizei zu verhalten und sich in innere Angelegenheiten Chinas einzumischen.

G7-Mitglieder sind neben Großbritannien die USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada. Zu der Außenministerkonferenz hat Großbritannien auch Indien, Australien und Südkorea eingeladen, welche Teil eines gegen China gerichteten Bündnisses im Pazifik sein sollen.

Zum Auftakt will Raab am Montag mit seinem US-Kollegen Antony Blinken zusammentreffen. „Am wichtigsten ist für uns, dass wir unsere internationale Runde gleichgesonnener Länder erweitern, die für offene Gesellschaften, Menschenrechte und Demokratie eintreten, die für internationalen Handel stehen“, behauptete Raab. Großbritannien hatte parallel zu seinem EU-Austritt seine Beziehungen zu Ländern im indo-pazifischen Raum verstärkt. Das bleibe im Interesse seines Landes, bekräftigte Raab.

Maas offen für Politisierung des G7-Formats

Die G7-Staaten wollen nach Angaben von Außenminister Heiko Maas eine gemeinsame China-Strategie absprechen und dabei auch über eine chinesische Beteiligung am 5G-Mobilfunknetz beraten. Es gehe darum, gemeinsam „autoritären Ländern“ gegenüberzutreten, sagte Maas am Dienstag am Rande der Beratungen der G7-Außenminister.

Es gebe eine schwierige Abwägung, weil China sowohl systemischer Rivale als auch wichtiger Handelspartner sei. „Wir wollen in dieser Abwägung gemeinsam (...) eine China-Strategie entwickeln“, fügte er hinzu. Damit könne man Freiheits- und Menschenrechte auch gegenüber China effektiver vertreten. Damit stellt sich die Bundesregierung hinter das Drängen der USA und Großbritanniens nach einer härteren Linie gegenüber China.

Man werde auch über die Rolle Chinas beim Aufbau von 5G-Mobilfunknetzwerken reden, sagte Maas. „Für uns als Außen- und Sicherheitspolitiker ist wichtig, dass dabei auch sicherheitsrelevante Fragen eine Rolle spielen.“ Die USA verdächtigen den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei der Spionage und drängen deswegen auf einen Ausschluss des Konzerns beim Aufbau der 5G-Mobilfunknetze, haben aber bislang keine Beweise für ihre Vorwürfe vorgelegt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
05.06.2025

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB stützt Konjunktur mit achter Zinssenkung seit Juni 2024
05.06.2025

Die von hohen US-Zöllen bedrohte Wirtschaft im Euroraum darf auf günstigere Kredite hoffen: Zum achten Mal seit Juni 2024 senkt die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erneut mehr Aufträge in der Industrie - Experte: mögliche Trendwende
05.06.2025

In der deutschen Industrie mehren sich Hinweise auf ein Ende der Schwächephase. Im April haben die Industriebetriebe den zweiten Monat in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenboom trotz Pleitewirtschaft: Drei Konzerne täuschen die deutsche Stärke vor
05.06.2025

Während die deutsche Wirtschaft stagniert und die Industrie schwächelt, feiert die Börse Rekorde. Doch hinter dem Höhenflug stecken nur...

DWN
Technologie
Technologie Wenn die künstliche Intelligenz lügt: Wie Sie sich schützen und was KI-Versicherungen bringen?
05.06.2025

Chatbots erfinden Fakten, ruinieren Verträge und blamieren Konzerne – und die Industrie weiß: Das Problem ist nicht lösbar. Jetzt...

DWN
Politik
Politik Altersvorsorgedepot: Kommt die Frühstart-Rente? Zehn Euro pro Monat für jedes Kind geplant
05.06.2025

Die neue Regierung aus Union und SPD plant die Einführung einer Frühstart-Rente ab 2026. Laut Koalitionsvertrag sollen für jedes Kind...