Politik

Schröder gegen Baerbock: „Die Entzauberung der Grünen hat bereits begonnen“

IEx-Kanzler Gerhard Schröder kritisiert die Grünen und ihre Führungsspitze. Er wirft den Grünen „gefährlichen Äußerungen“ und Heuchelei vor. Während Schröder für den Bau der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 ist, sind die Grünen gegen dieses Projekt.
28.05.2021 15:28
Lesezeit: 2 min
Schröder gegen Baerbock: „Die Entzauberung der Grünen hat bereits begonnen“
07.05.2018, Russland, Moskau: 07.05.2018, Russland, Moskau: Gerhard Schröder (r), ehemaliger deutscher Bundeskanzler, gibt Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, bei dessen Amtseinführung im Kreml die Hand. (Foto: dpa) Foto: Alexei Druzhinin

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hat auf der Webseite „t-online.de“ einen Gastbeitrag veröffentlicht, in dem er die Grünen scharf angeht. „Die Entzauberung der Grünen hat bereits begonnen. Das hat mit teils wenig hilfreichen, teils sogar gefährlichen Äußerungen des grünen Spitzenpersonals zu tun: Der Co-Vorsitzende Robert Habeck äußerte sich zuletzt in leichtsinniger und verantwortungsloser Weise zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock genehmigte sich selbst einen Corona-Bonus, der eigentlich denen zustehen sollte, die in der Pandemie Außergewöhnliches geleistet haben, wie etwa Pflegekräfte oder Supermarktbeschäftigte. Politikerinnen und Politiker gehören nicht dazu“, so Schröder.

Im Zusammenhang mit den aktuellen Umfragen und dem möglichen Ausgang der Bundestagswahl führt er aus: „Auch künftig gibt es eine Politik, die auf Vernunft und Kompromiss setzen wird. Denn weder die irrlichterne Linke noch die rechtsextreme AfD werden bei der Koalitionsbildung eine Rolle spielen. Darum beneiden uns im Ausland sehr viele Menschen. Und wir sollten am Wahltag daher alles tun, damit das so bleibt.“

Während Schröder sich für den Bau von Nord Stream 2 und guten deutsch-russischen Beziehungen einsetzt, positionieren sich die Grünen ganz deutlich im transatlantischen Lager. Deshalb wird es voraussichtlich auch in Zukunft Dispute zwischen Schröder und den Grünen geben. Beispielsweise hatte der Grünen-Politiker Özdemir vor wenigen Monaten über Twitter mitgeteilt: „Nordstream2 ist genauso wenig #Klimaschutzprojekt wie Putin ein lupenreiner Demokrat. Wer wie die @SPDMV so schamlos versucht, eine antieuropäische Gaspipeline mit Russland dem Klima- und Umweltschutz zuzurechnen, fliegt auf. Sowas geht heute nicht mehr!“

Özdemir sagte im vergangenen Jahr der „Berliner Zeitung”: „Wir können keinen Unterschied machen zwischen Putin, dem Gashändler und Putin, der die Opposition vergiftet.” Eine Pipeline, „die die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland noch vertieft und die Kriegskasse des Kremls weiter mit Euros füllt”, sei eindeutig nicht im europäischen Interesse.

Baerbock sagte dem „ZDF“ zufolge: „Profitieren tut von Nord Stream 2 nur einer: Das System Putin. Deutschland hingegen verliert zunehmend an Glaubwürdigkeit.“

Habeck sagte dem „Täglichen Hafenbericht“ zufolge: „Herr Laschet muss die Position seiner Partei korrigieren und sich klar gegen ‚Nord Stream 2‘ positionieren und die Stiftung, die diese Pipeline ermöglichen soll, verhindern.“

Die „Nürnberger Nachrichten“ hatten im Februar 2021 über Schröders Verhältnis zu Russland geschrieben: „Der Kreml setzt seit Jahren auf subtile Zersetzung der Demokratien in Europa und in den USA, mit Hacker-Attacken und mit Fake News. Alles nur, weil ,der Westen‘ so aggressiv gegen Moskau vorgeht? Da übertreibt es Gerhard Schröder mit dem Verständnis für seinen Freund Wladimir. Die Lobby-Arbeit sei dem Ex-Kanzler gegönnt. Sie bringt seine außenpolitische Glaubwürdigkeit allerdings gewaltig in Misskredit.“

Der „Tages-Anzeiger“ hatte über Schröders Rolle bei Nord Stream 2 berichtet: „Gern betonen die deutsche Regierung und das Unternehmen (das seinen Sitz in der Schweiz hat), bei Nord Stream 2 handle es sich gar nicht um ein deutsch-russisches, sondern um ein europäisches Projekt. Sie argumentieren, dass mehrere europäische Energiekonzerne in den Bau der Pipeline investiert hätten. Ausserdem werde das aus Russland gelieferte Gas nicht nur Deutschland zugutekommen. (...) Tatsächlich handelt es sich um einen versuchten Etikettenschwindel. Nord Stream 2 war von Anfang an das Gegenteil eines europäischen Vorhabens. Der Bau zielte darauf ab, die Ukraine als Transitland zu schwächen. Er konterkarierte das Ziel der Europäischen Union, ihre Energieimporte zu diversifizieren und sich unabhängiger zu machen von russischem Gas. Überdies ist das Projekt forciert worden vom früheren Bundeskanzler und heutigen Gazprom-Lobbyisten Gerhard Schröder, was allein schon viel Misstrauen begründet. Deutschland hat erst die Kritik seiner Nachbarn in den Wind geschlagen und dann versucht, der Röhre einen europäischen Anstrich zu geben. Das konnte nicht funktionieren.“

Der Linkspolitiker Oskar Lafontaine hatte Baerbock zuvor ebenfalls scharf kritisiert. Sie sei als Kanzlerkandidatin eine „führende Vertreterin der kriegsfreudigen grünen Partei“. Zudem unterstütze sie die Einkreisung Russlands durch die USA (Mehr HIER).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Russland erklärt, in die Sicherheitsgarantien für die Ukraine „einbezogen“ werden zu wollen
21.08.2025

Russland will bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine mitreden – und verlangt ein Vetorecht. Experten warnen: Damit droht Moskau,...

DWN
Finanzen
Finanzen Millionen PayPal-Zugangsdaten im Umlauf – das sollten Nutzer jetzt tun
21.08.2025

Millionen PayPal-Zugangsdaten sollen im Darknet zum Verkauf stehen – zu einem erstaunlich niedrigen Preis. Ob es sich um aktuelle Daten...

DWN
Panorama
Panorama Streit um neue Praxisgebühr: Ärzte, Gewerkschaften und Politik in Alarmbereitschaft
21.08.2025

Die Forderung nach einer neuen Praxisgebühr entfacht heftige Debatten zwischen Arbeitgebern, Ärzten, Gewerkschaften und Politik. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Südkorea folgt China in die Arktis: Fünfjahresplan für die nördliche Seeroute
21.08.2025

Südkorea will in die Arktis – mit einem Fünfjahresplan für die Nördliche Seeroute. Während China und Russland bereits Milliarden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lohnfortzahlung Krankheit: IW fordert drastische Reformen
21.08.2025

Immer mehr Krankschreibungen treiben die Kosten für Arbeitgeber in die Höhe. Allein 2024 stiegen die Ausgaben auf 82 Milliarden Euro. Nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Umsatzeinbruch: Gastgewerbe rutscht tiefer in die Krise und verliert weitere Kunden
21.08.2025

Gastronomie in der Krise: Für immer mehr Menschen wird das Essengehen zum Luxus – und immer mehr Restaurants gehen pleite. Deutsche...

DWN
Politik
Politik Russland-Experten: „Die Kämpfe werden weitergehen“
21.08.2025

Die Spekulationen über ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj nehmen zu. Doch Russland-Experten warnen: Verhandlungen sind nur ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie: Maschinenbauer Trumpf will vom Rüstungsboom profitieren
20.08.2025

Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf steht vorm Einstieg in das Rüstungsgeschäft: Der Laserspezialist gibt bekannt, seine...