Finanzen

China stellt Weichen für höhere Finanz-Investitionen im Ausland

Die chinesischen Behörden ermutigen heimische Investoren, zünftig mehr in ausländische Finanzanlagen und Wertpapiere zu investieren.
16.06.2021 16:51
Lesezeit: 3 min
China stellt Weichen für höhere Finanz-Investitionen im Ausland
Eine Anzeigetafel an der Börse von Qingdao. (Foto: dpa) Foto: Wu Hong

Die chinesischen Behörden haben in den vergangenen Wochen die Weichen für höhere Finanz-Investitionen im Ausland gestellt. Insgesamt dürfen institutionelle Anleger nun umgerechnet 147 Milliarden US-Dollar mehr in Märkte und Finanzprodukte in Übersee investieren als noch vor einigen Monaten.

Der Kapitalfluss ins Ausland wird im Rahmen des im Jahr 2006 eingerichteten sogenannten Qualified Domestic Institutional Investor Scheme (QDIIS) ermöglicht. Das QDIIS stellt eine der wichtigsten Strukturen für das Management ausländischer Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen und Währungsreservegeschäften dar.

Kurzfristige und langfristige Ziele

Die deutliche Erhöhung der Obergrenzen für Investitionen beinhaltet Beobachtern zufolge eine kurzfristig sowie eine langfristig angelegte Komponente. Kurzfristig soll sie heimische Märkte wie den Immobiliensektor entlasten und den deutlichen Anstieg des Wechselkurses der Landeswährung Renminbi zum Dollar zu bremsen.

Insbesondere die enorm gestiegenen Preise am Immobilienmarkt zeigen Anzeichen einer Überhitzung und müssen heruntergeregelt werden. Da die Chinesen ihre im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Ersparnisse aufgrund des noch immer weitgehend reglementierten Banken- und Finanzsystems vorwiegend im Inland investieren – und damit den Preisdruck verschärfen – versucht die Regierung mithilfe höherer Kapitalabflüssen in ausländische Fonds und Wertpapiere das Nachfragepotenzial abzuschwächen.

Den Aufwertungstendenzen beim Renminbi wird entgegengewirkt, weil Investitionen in ausländische Märkte mit einem Umtausch von chinesischer Währung in die lokale Währung einhergehen. Allerdings werden erzielte Gewinne im Zuge einer Repatriierung nach China wieder in die Landeswährung zurückgewechselt.

Der Renminbi hatte im vergangenen Jahr zum Dollar um rund 10 Prozent von damals etwa 7 Renminbi auf nun 6,40 Renminbi aufgewertet. Die Stärkephase der Landeswährung ermöglicht es China zwar, in Dollar notierte Rohstoffe weltweit günstiger einzukaufen, schwächt aber auch die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Produzenten auf den Weltmärkten. Eine weitere Maßnahme gegen die Aufwertungstendenz stellen erhöhte Mindestreserven von Auslandswährungen dar, welche die Zentralbank den Banken des Landes im laufenden Monat vorschrieb.

In den langfristigen Planungen der Regierung spielen die verstärkten Investitionen im Ausland eine grundlegende Rolle im Bestreben, die Finanzmärkte des Landes schrittweise zu öffnen und den Handel mit dem Renminbi langsam zu liberalisieren.

Das QDIIS stellt nur eine von mehreren Institutionen des finanziellen Austauschs zwischen China und dem Ausland dar. Für die meisten dieser Programme spielt die Sonderverwaltungszone Hongkong mit ihrem besonderen Rechtsstatus und ihrer langen Tradition als Handelszentrum eine zentrale Rolle. So können Anleger aus China und Hongkong beispielsweise über das Stock Connect-Programm der Börsen Schenzhen und Schanghai mit der Hongkonger Börse Aktien handeln und ein sogenannter Wealth Link mit Hongkong soll es Bürgern der Volksrepublik künftig erlauben, ihre Ersparnisse in Übersee-Fonds in Hongkong anzulegen.

Ausländer investieren in China

Die fortschreitende Marktliberalisierung hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Finanzinstitute aus aller Welt dazu veranlasst, in China Tochterunternehmen oder Joint Ventures mit chinesischen Partnern aufzubauen. 2020 war zudem das erste Jahr überhaupt, in dem China mehr ausländische Direktinvestitionen anziehen konnte als jedes andere Land der Welt.

Zuletzt hatte der größte Vermögensverwalter der Welt, Blackrock, in China ein vollständig in Eigenbesitz befindliches Investmentfonds-Geschäft lanciert. Die Volksrepublik hatte im April 2020 im Zuge einer amerikanisch-chinesischen Handelsvereinbarung die Obergrenze für den Besitz ausländischer Investoren in diesem Sektor aufgehoben. Seitdem drängen viele Vermögensverwalter auf den Markt, welcher ein Volumen von umgerechnet etwa drei Billionen Euro aufweisen soll. So hatte die US-Investmentbank Goldman Sachs im Mai angekündigt, mit der chinesischen Staatsbank ICBC eine gemeinsame Vermögensverwaltung aufzubauen.

Chinas Engagement in Europa schwächelt

Chinas Investitionen in Europa sind einer Studie zufolge im vergangenen Jahr deutlich geringer als in den Vorjahren ausgefallen. Der am Mittwoch gemeinsam vom Berliner China-Institut Merics und der Rhodium Group vorgelegten Untersuchung zufolge sanken chinesische Direktinvestitionen in der EU und Großbritannien im Vorjahresvergleich um 45 Prozent auf nur noch 6,5 Milliarden Euro. Es handelt sich demnach um den tiefsten Stand seit zehn Jahren.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind in Europa immer noch die wichtigsten Zielländer für chinesische Direktinvestitionen. Deutschland liegt an der Spitze. Großbritannien, auf dem dritten Platz, verzeichnete einen Rückgang der Direktinvestitionen aus China um 77 Prozent. Polen, durch eine große Akquisition befördert, war im vergangenen Jahr ein neuer wichtiger Hauptempfänger.

Im laufenden Jahr zeichne sich eine Fortsetzung des Trends ab, so die Studienautoren: Chinesische Investitionen gingen demnach im ersten Quartal weiter zurück. Europa bleibe ein attraktiver Investitionsstandort, aber die anhaltenden Störungen durch die Pandemie, Hürden für Kapitalabflüsse aus China und größere regulatorische Hindernisse in Europa trügen weiter dazu bei, dass chinesische Investitionen sich auf einem niedrigeren Niveau bewegen.

Mehrere EU-Staaten, darunter Italien, Frankreich, Polen und Ungarn, hatten im vergangenen Jahr ihre Prüfmechanismen für Direktinvestitionen aus Drittländern verschärft, wodurch einige chinesische Übernahmen nicht zustandegekommen waren. Auch die infolge des US-Feldzugs gegen China angespannten und sich verschlechternden Beziehungen zwischen der EU und China könnten für chinesische Investoren in Zukunft zusätzlichen Gegenwind bringen, teilte Merics anlässlich der Veröffentlichung der Studie mit.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik CO2-Preis steigt ab morgen: 1.000 Euro mehr Heizkosten im Jahr
31.12.2025

Mit dem Jahreswechsel steigt der CO2-Preis – was das für Tanken, Heizen und Ihre Nebenkostenabrechnung konkret heißt. Und wie es danach...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Home Office vs. Büropräsenz: Warum Führungskräfte unter Druck geraten
31.12.2025

Viele Unternehmen ringen damit, die Erwartungen ihrer Mitarbeitenden an flexible Arbeitsmodelle mit den Anforderungen einer...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.