Die Grünen haben in diesem Jahr einen gewaltigen Aufschwung erlebt – und das zu einem für sie überaus günstigen Zeitpunkt, denn am 26. September stehen die nächsten Bundestagswahlen an. Mit Annalena Baerbock stellt die Partei im bevorstehenden Wahlkampf zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Kanzlerkandidatin auf.
Auch wenn Frau Baerbock in den vergangenen Wochen in der Gunst der Wähler zurückgefallen ist, so sind die Aussichten der Grünen auf eine Regierungsbeteiligung immer noch gut, und selbst der Einzug ins Kanzleramt erscheint, wenn auch nicht wahrscheinlich, so dennoch möglich.
Wie kommt das? Was hat den Grünen in einer Zeit, in der große Volksparteien wie die SPD ums schiere Überleben kämpfen, einen derartigen Popularitätsschub verschafft? Ihr Wahlprogramm? Zukunftsweisende politische Ideen? Das Charisma ihres Führungspersonals?
Wohl kaum. Die Kandidaten dürften die blassesten sein, die die Partie je aufgestellt hat, für zündende Ideen ist keine(r) unter ihnen bekannt, und das Wahlprogramm 2021 entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Mischung aus Plattitüden und leeren Versprechungen. Was also hat den Aufschwung bewirkt?
Die Angst vor der neuen Welt
Der Schlüssel zum Erfolg der Grünen besteht sehr wahrscheinlich aus einem Zusammentreffen zweier Faktoren: Der gewaltigen Veränderung in den globalen Machtverhältnissen sowie der Fähigkeit der Partei, sich an neue Machtstrukturen anzupassen, ohne ihr traditionelles Image zu beschädigen.
Die Welt hat in den vergangenen Jahren den beispiellosen Siegeszug einiger weniger Digitalkonzerne wie Microsoft, Apple, Google, Facebook sowie Amazon erlebt und wurde Zeuge von deren Verschmelzung mit den großen Vermögensverwaltern der Welt wie BlackRock und Vanguard. Durch sie ist ein neues globales Machtzentrum entstanden – der digital-finanzielle Komplex.
Dieser Komplex beherrscht die beiden wichtigsten Lebensadern unserer Zeit: Geldströme und Datenströme. Außerdem ist er der größte Profiteur der nach der Weltfinanzkrise von 2007/08 eingeleiteten lockeren Geldpolitik und der 2020 ausgerufenen Lockdowns im Zuge der Pandemie. Die Digitalisierung in Form von Online-Shopping, Homeschooling und Homeoffice sowie die Zurückdrängung des Bargeldes sind nie zuvor in einem solchen Tempo vorangetrieben worden wie in den vergangenen eineinhalb Jahren.
Diese Überführung der Welt in eine weitgehend seelenlose digitale Gesellschaft trifft allerdings bei vielen Menschen auf Ablehnung. Ein Großteil wünscht sich zurzeit nichts mehr als eine Abkehr von diesem Trend und eine Rückkehr zu menschlicheren und natürlicheren Verhältnissen. Ein Beweis dafür sind die zunehmende Stadtflucht, der Run auf Schrebergärten und Zweitwohnsitze auf dem Lande sowie der immer größere Erfolg der Bio-Branche.
Genau hier kommen die Grünen ins Spiel: Sie leben in den Augen der politisch nur unzureichend informierten Mehrheit der Menschen immer noch von ihrem Ruf als eine der Natur zugewandte, ökologisch orientierte Partei, die sich den Schutz der Umwelt auf die Fahnen geschrieben hat und die darüber hinaus für Werte wie Pazifismus und Gleichberechtigung steht.
Schein und Wirklichkeit: Trojanische Pferde im grünen Gewand
Dieses Bild von den Grünen hat allerdings mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun. Sie haben sich von einer Protestpartei zu einer wesentlichen Stütze der herrschenden Kräfte und damit des digital-finanziellen Komplexes entwickelt, indem sie – wie keine andere Partei - die Öffentlichkeit getäuscht und hinters Licht geführt haben, und das auf so gut wie allen politischen Feldern.
- Es waren die Grünen, die in den 1990er Jahren als Pazifisten eine Koalition mit der SPD eingingen, dann aber zuließen, dass ihre Ikone Joschka Fischer als erster deutscher Außenminister nach Joachim von Ribbentrop deutsche Soldaten in den Krieg schickte.
- Es waren die Grünen, die jahrelang als Atomkraftgegner hunderttausende Anhänger unter Jugendlichen und Studenten gewannen, um schlussendlich dafür zu sorgen, dass die Atomkraftwerke jahrelang weiterlaufen dürfen, und die dabei halfen, den Weg für die Endlager in Niedersachsen freizumachen.
- Und es waren die Grünen, die sich zwar stets als Gegner der Finanzindustrie ausgaben, die aber 2002 zusammen mit der SPD durch die Verabschiedung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes die Deregulierung des Finanzsektors entscheidend vorangetrieben haben.
Die drei aufgeführten Beispiele zeigen: Die Grünen wissen offensichtlich, wie man auf der Klaviatur der politischen Ahnungslosigkeit der großen Mehrheit der Bevölkerung spielt: Man muss sich denjenigen, die man offiziell zu bekämpfen vorgibt, nur als trojanisches Pferd anbieten – egal, ob es sich dabei um die Rüstungswirtschaft, die Atomlobby oder die Finanzindustrie handelt.
Die Grünen: Idealer Partner für den digital-finanziellen Komplex
Indem die Grünen auf Protestwellen aufspringen, sich auch gern an deren Spitze setzen und sie auf diese Weise kanalisieren, bis sie mit ihren ursprünglichen Zielen nichts mehr zu tun haben, erfüllt die ehemalige Öko-Partei eine für die herrschende Minderheit überaus nützliche Rolle. Ob es sich um die Anti-Atomkraft-Bewegung, Greenpeace-Proteste oder Occupy Wall Street handelt – sie alle sind heute in Deutschland zahnlose Tiger, die den Herrschenden nicht mehr gefährlich werden.
Die vergangenen achtzehn Monate dürften die grüne Partei für den digital-finanziellen Komplex sogar noch interessanter gemacht haben: Obwohl sie sich immer als Hüter der Freiheit gebärdete, hatte sie nicht das geringste Problem damit, die Einschränkungen der Reisefreiheit, der Versammlungsrechtes und des Rechtes der freien Meinungsäußerung mitzutragen. Im Gegenteil: Einige ihrer prominentesten Vertreter wie der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann zählten im Zuge der Corona-Krise zu den härtesten Befürwortern einschneidender Maßnahmen.
Insbesondere dürfte dem digital-finanziellen Komplex die Einstellung der Grünen zur unbegrenzten Geldvermehrung gefallen. In ihren Reihen finden sich reihenweise Anhänger der Modern Monetary Theory, deren Credo darin besteht, dass man Geld auch weiterhin unbegrenzt schöpfen könne, es nur ein wenig anders als in der Vergangenheit verteilen müsse. Eine bessere politische Unterstützung für eine weitere Befeuerung der bereits riesigen Blase an den Finanzmärkten könnten sich Großinvestoren kaum wünschen.
Nach dem Virus der Klimawandel – die grüne Zukunftsvision
Der größte Trumpf der Grünen dürfte derzeit darin liegen, dass sie sich durch die Unterstützung der Fridays-for-Future-Bewegung inzwischen zur Klimawandel-Partei gemausert haben.
Dieses neue Image spielt dem digital-finanziellen Komplex grandios in die Hände. Noch nie hat er so viel Geld und so viel Macht an sich reißen können wie unter dem Zwangsregime der Lockdowns, die ja mit der – angeblich - menschheitsgefährdenden Gefahr durch ein Virus begründet wurden.
Dieses Narrativ droht momentan allerdings ins Wanken zu geraten. Viele Menschen zweifeln mittlerweile an der Ultra-Gefährlichkeit von Sars-Cov-2 und der tödlichen Bedrohung durch Covid 19, und immer mehr Menschen erscheinen die getroffenen Maßnahmen inzwischen als überzogen. Sollte sich dieser Trend weiter fortsetzen, so bliebe der Politik kaum etwas anderes übrig, als diese Maßnahmen zurückzunehmen.
Anders sähe es aus, wenn man eine neue Begründung für die Rechteeinschränkungen finden könnte. Genau hier fällt den Grünen eine Schlüsselrolle zu: Sie könnten die – nachlassende - Angst der Bevölkerung vor einer Virus-Erkrankung in die Furcht vor den Folgen des Klimawandels verwandeln und damit die Grundlage für eine Fortsetzung aller einschränkenden Maßnahmen unter veränderten Vorzeichen schaffen.
Da inzwischen klar ist, dass der digital-finanzielle Komplex am „Great Reset“ arbeitet und diese Transformation ganz sicher so rasch wie möglich vorantreiben will, sind die Grünen für diese Strategie der ideale Partner.
Zum Schluss noch ein Hinweis auf zwei interessante Personalien: Nicht nur Jens Spahn, sondern auch Annalena Baerbock stammt aus der Schule der „Young Global Leaders“ des World Economic Forum, einer der Kaderschmieden des digital-finanziellen Komplexes.