Politik

Geheimtipp an die Grünen: Baerbock muss verstehen, dass sie nicht Jens Spahn ist

Annalena Baerbock muss zwei Dinge verstehen. Erstens ist sie nicht Jens Spahn. Das bedeutet, dass sie sich nicht alles erlauben darf. Zweitens muss sie sofort sagen, dass sie und die Grünen sich als Juniorpartner der CDU/CSU im Falle einer schwarz-grünen Koalition oder Jamaika-Koalition zufriedengeben würden. Danach werden die Sozialingenieure in Deutschland einen anderen Wind wehen lassen.
09.07.2021 21:23
Aktualisiert: 09.07.2021 21:23
Lesezeit: 1 min
Geheimtipp an die Grünen: Baerbock muss verstehen, dass sie nicht Jens Spahn ist
Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin und Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und Olaf Scholz (SPD), SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen, stehen zu Beginn einer Gesprächsrunde des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft zum Thema Energie- und Klimapolitik zusammen. (Foto: dpa)

In Deutschland gibt es Politiker und Prominente, die sich alles erlauben dürfen, und Politiker und Prominente, bei denen sogar der kleinste Fauxpas als kriminelle Handlung ausgelegt wird.

Wenn Sie beispielsweise eine unbezwingbare Größe aus dem Sport sind, dürfen Sie Millionen an Steuern hinterziehen, ohne dass sie öffentlich gebrandmarkt werden. Wenn Sie als prominenter und gut vernetzter Steuersünder verurteilt werden, und das Urteil akzeptieren, könnte Ihnen sogar die Staatsspitze „Respekt“ zollen. Doch Sie müssen den richtigen Namen, das richtige Geschlecht, den richtigen sozialen Status, die richtige Ethnie und natürlich den richtigen Sportclub aufweisen, bei dem Sie als Funktionär tätig sind.

Wenn Sie aber beispielsweise als Bundestagsabgeordneter Ihre dienstlich angesammelten Bonusmeilen für Privatreisen nutzen, dann könnte diese vorsätzliche oder fahrlässige Handlung den Tatbestand des Vaterlandsverrats erfüllt haben. Ihre Karriere wäre mehr oder weniger am Ende – zumindest vorübergehend. Doch diese Sanktionen würden nur dann greifen, wenn Sie den falschen ideologischen, ethnischen oder religiösen Hintergrund hätten. Falls Sie über die „richtigen“ gesellschaftlichen Merkmale verfügen würden, würden Sie diesen Fauxpas schnell überwinden.

In Deutschland sind tatsächlich einige Gruppen und Menschen gleicher als andere. Die einen dürfen sich alles erlauben, während die anderen schon bei den kleinsten Fehlern vor dem Geiste Torquemadas knien müssen, um abgestraft zu werden.

Baerbock muss sich der Realität stellen

Auch Annalena Baerbock muss noch lernen, dass sie kein Jens Spahn ist. Es bietet sich folgendes Bild: Wenn Baerbock von ihren Ambitionen für den Kanzlerposten inoffiziell ablassen sollte, würde sich der Wind in der Öffentlichkeit und bei einigen Leitmedien, die als „Firewall“ für Spahn agieren und mit Armin Laschets außenpolitischer Linie unzufrieden sind, sehr schnell drehen. Dieser Schritt müsste wohl „behind closed doors“ mit den Spitzen der anderen relevanten Parteien artikuliert werden.

Sollte sich Baerbock damit zufriedengeben, als Junior-Partnerin in eine schwarz-grüne Koalition oder in eine Jamaika-Koalition eintreten zu wollen, würden die Grünen aus der Schusslinie geraten.

Was den Grünen klar sein muss: Diejenigen, die sie aktuell attackieren, haben ihnen nicht die Rolle als stärkste Partei in Deutschland, sondern als Juniorpartner der CDU/CSU zugedacht. Die Grünen sollen nicht vernichtet werden. Die etablierten Sozialingenieure in Medien und Politik wollen lediglich eine Art „Fine Tuning“ vornehmen. Ansonsten werden die deutschen Grünen international und klimapolitisch noch gebraucht.

Es gibt auch keinen Grund, um eingeschnappt zu sein. Denn es ist nichts Persönliches, es geht nur ums Geschäft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Frankreichs Schulden bedrohen Europa: Kommt jetzt die Eurokrise zurück?
23.11.2025

Steigende Zinsen, explodierende Schulden, nervöse Märkte: Europa erlebt ein gefährliches Déjà-vu. Immer mehr Experten warnen vor einer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...