Politik

Gläserner Patient: Spahn treibt Digitalisierung des Gesundheitswesens voran

Bundesgesundheitsminister Spahn will das Gesundheitssystem Deutschlands digitalisieren. Die Einführung der E-Patientenakte ist dabei aus seiner Sicht ein wichtiger Schritt.
23.07.2021 17:00
Lesezeit: 2 min
Gläserner Patient: Spahn treibt Digitalisierung des Gesundheitswesens voran
Jens Spahn (r, CDU), Bundesgesundheitsminister, Christian Drosten (M), Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin, und Lothar H. Wieler (l), Präsident des Robert Koch-Instituts. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will mögliche Blockaden bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens verhindern. „Wir wollen möglichst viele mitnehmen, aber ich kann auch nicht auf den Letzten warten, das können wir uns einfach nicht erlauben“, sagte Spahn. Seit Jahresbeginn gibt es die elektronische Patientenakte (ePA) als freiwilliges Angebot für die Krankenversicherten. Gesundheitsdaten wie Arztbefunde und Röntgenbilder können so aufs Smartphone geladen werden.

Das elektronische Rezept auf dem Smartphone ist ab kommendem Jahr vorgesehen, nachdem es am 1. Juli bereits testweise in Berlin und Brandenburg startet. „Wir werden mit dem elektronischen Rezept schrittweise beginnen“, sagte Spahn. Auch Rezepte etwa für Heilmittel kämen digital dazu. Somit würden auch die Leistungserbringer untereinander stärker vernetzt.

Spahn sieht es als nötig an, Tempo bei der Digitalisierung zu machen, damit Deutschland entsprechende Angebote nicht von woanders vorgesetzt bekommt. „Die Frage ist nicht, ob es kommt, sondern ob wir es selbst gestalten oder ob es andere machen.“ Er wolle nicht die Wahl haben, ob „Apple oder Alibaba“ digitale Gesundheitsangebote machten, sagte er mit Blick auf die entsprechenden IT-Giganten aus den USA und China.

Das „Digitale Versorgungsgesetz“ vom November 2019 hatte die Weitergabe von Patientendaten durch das neu schaffende staatliche Forschungszentrum an Dritte verboten. „Es sei denn, das Forschungszentrum genehmigt auf Antrag eine Weitergabe an einen Dritten im Rahmen eines nach Absatz 2 zulässigen Nutzungszwecks“.

Doch aus der „Verordnung zur Neufassung der Datentransparenzverordnung und zur Änderung der Datentransparenz-Gebührenverordnung vom 19. Juni 2020“ geht hervor, dass der Satz „Die Nutzungsberechtigten dürfen die (…) zugänglich gemachten Daten nicht an Dritte weitergeben“ komplett fehlt.

Das Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn hat diesen Satz komplett gestrichen. Dabei hatte der DGB zuvor in einer kritischen Stellungnahme ausgeführt: „Dadurch soll dem Ausbau der Versorgungsforschung, dessen Grundstein im digitalen Versorgungs-Gesetz gelegt wurde, entsprochen werden. Versorgungsforschung ist, sofern sie zum Nutzen aller Versicherten durchgeführt wird und zur Verbesserung der Versorgungsqualität und der gesundheitlichen Daseinsvorsorge beiträgt, zu begrüßen. Hierfür sind jedoch die Einhaltung hoher Anforderungen im Hinblick auf 1. den umfassenden Schutz der zugrunde gelegten Daten, 2. die Vermeidung eines primär auf Renditeerzielung ausgerichteten Wettbewerbs mit den Versichertendaten als Wettbewerbsmittel sowie 3. eine genaue Festlegung des Kreises von Zugangsberechtigten, der ihnen zur Verfügung gestellten Zugangswege und Kriterien, nach denen ein Zugang ermöglicht wird sowie 4. die Regelung der Kontrollen auf Einhaltung dieser Bestimmungen sowie die Festsetzung von Sanktionen, etwa im Falle der Datenverwendung durch nicht befugte Dritte oder zu nicht zugelassenen Zwecken notwendig. Diesen Maßstäben wird der vorliegende Referentenentwurf nur in Teilen gerecht.“

Hartmut Pohl, Sprecher des Präsidiumsarbeitskreises Datenschutz und IT-Sicherheit teilte zuvor mit: „Im vorliegenden Referentenentwurf werden keinerlei Sicherheitsvorgaben oder Sorgfaltspflichten der Krankenkassen und des Spitzenverbands formuliert, mit denen Datenschutz und Sicherheit der Daten gewährleistet werden könnten(…) Der Zugriff auf die Datenbestände der Versicherten ohne jegliche Beschränkung und Kontrolle stellt eine enorme Bedrohung für alle persönlichen und personenbezogenen Gesundheitsdaten dar. Wir fordern daher Nachbesserungen sowie eine umfangreichere Beteiligung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in (BfDI) und der Fachöffentlichkeit.“

Telepolis wörtlich: „Im Klartext: Damit sind die sensiblen Gesundheitsdaten von 73 Millionen gesetzlich versicherter Bürger jetzt mittelbar dem Zugriff der gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft ausgesetzt.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die wertvollsten Marken der Welt: Top 5 fest in US-Hand
06.06.2025

Während die Weltwirtschaft stagniert, explodieren die Markenwerte amerikanischer Konzerne. Apple regiert unangefochten – China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Star-Investorin: „Wir erleben eine neue Generation von KI-Gründern“
06.06.2025

US-Chaos, Trump und Kapitalflucht: Europas KI-Talente kehren dem Silicon Valley den Rücken – und bauen die Tech-Giganten der Zukunft vor...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturprognose unter Druck: Wie der Zollstreit Deutschlands Exporte trifft
06.06.2025

Zölle, Exporteinbrüche und schwache Industrieproduktion setzen Deutschlands Wirtschaft zu. Die aktuelle Konjunkturprognose gibt wenig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Internationale Handelskonflikte: So schützen sich exportorientierte KMU
06.06.2025

Ob Strafzölle, Exportverbote oder politische Sanktionen – internationale Handelskonflikte bedrohen zunehmend die Geschäftsmodelle...

DWN
Panorama
Panorama Musk gegen Trump: Politische Zweckbeziehung artet in öffentlichen Machtkampf aus – die Tesla-Aktie leidet
06.06.2025

Elon Musk und Donald Trump galten als Zweckbündnis mit Einfluss – doch nun eskaliert der Streit. Was steckt hinter dem Zerwürfnis der...