Technologie

Fraunhofer entwickelt Verfahren zur Herstellung von Kunststoff aus Kohlendioxid

Beim Kampf gegen den Klimawandel denken sich die Wissenschaftler immer neue Konzepte aus. Jetzt haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Firmen eine besondere Lösung gefunden.
15.08.2021 10:00
Lesezeit: 1 min

Seit dem 1. Januar 2021 werden die Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe bepreist – produzierende Unternehmen müssen also für ihre Emissionen zahlen. Viele Betriebe suchen daher nach neuen Wegen. Wie lassen sich die Kosten, die mit der Bepreisung von Kohlendioxid-Emissionen verbunden sind, senken?

Eine Antwort zeigen Fraunhofer-Forscher am "Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB" auf: Sie nutzen das Kohlendioxid als Rohstoff, etwa für Kunststoffe. Dazu stellen sie aus Kohlendioxid zunächst Methanol und Ameisensäure her, die sie mit Hilfe von Mikroorganismen zu Bausteinen für Polymere umwandeln - also für chemische Stoffe, die die Grundlage für die Herstellung von Kunststoffen darstellen.

Beide Projekte bearbeiten sie im Verbund mit mehreren Fraunhofer-Instituten. "Wir nutzen das Kohlenstoffdioxid als Rohstoffquelle", sagt Jonathan Fabarius, Themenfeldleiter für die Mikrobielle Katalyse am IGB. "Dazu verfolgen wir zwei Ansätze: Erstens die heterogene chemische Katalyse, bei der wir das Kohlendioxid mit einem Katalysator zu Methanol umsetzen. Zweitens die Elektrochemie, mit der wir aus dem Kohlendioxid Ameisensäure produzieren."

Hintergrund: Die Besonderheit liegt nicht allein in dieser Kohlendioxid-basierten Methanol- und Ameisensäure-Herstellung, sondern in der Kombination mit der Biotechnologie, genauer gesagt mit Fermentationen durch Mikroorganismen. Die Forscher stellen aus dem klimaschädlichen Abfallprodukt Kohlenstoffdioxid zunächst einmal Methanol und Ameisensäure her. Diese nutzen sie wiederum als "Futter" für Mikroorganismen, die daraus weitere Produkte produzieren. Ein Beispiel für ein solches Produkt sind organische Säuren, die als Bausteine für Polymere verwendet werden. Man könnte auf diese Weise Kohlendioxid-basierten Kunststoff herstellen. Auch Aminosäuren lassen sich so produzieren, etwa als Nahrungsergänzungs- oder Futtermittel.

Der neuartige Ansatz bietet zahlreiche Vorteile. "Wir können gänzlich neue Produkte realisieren, aber auch den Kohlendioxid-Fußabdruck klassischer Produkte verbessern", konkretisiert Fabarius. Während konventionelle chemische Prozesse viel Energie und teilweise toxische Lösungsmittel benötigen, lassen sich die Produkte mit Mikroorganismen bei milderen und energieeffizienteren Bedingungen produzieren – schließlich wachsen die Mikroben in umweltfreundlicheren wässrigen Lösungen.

Das Forscherteam arbeitet an der gesamten Herstellungskette: Angefangen bei den Mikroorganismen über die Genveränderungen bis hin zum Hochskalieren der Produktion. Während einige Herstellungsprozesse sich noch im Laborstadium befinden, werden andere Produkte bereits in ersten Bioreaktoren mit einem Fassungsvermögen von zehn Litern hergestellt. Was die industrielle Anwendung solcher Prozesse angeht, so sieht Fabarius diese eher mittel- bis langfristig – zehn Jahre seien ein realistischer Zeithorizont. Doch: Der Handlungsdruck auf die Industrie, neue Prozesse zu etablieren, nimmt zu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik G20 in Afrika: Geschlossenheit trotz US-Abwesenheit – Signal für Frieden und Entwicklung
24.11.2025

Beim ersten G20-Gipfel auf afrikanischem Boden bleibt der Platz der USA demonstrativ leer – doch die übrigen Mitglieder setzen ein...

DWN
Panorama
Panorama Abnehmwirkstoff ohne Alzheimer-Erfolg: Novo-Nordisk-Studie enttäuscht Anleger
24.11.2025

Der Pharmakonzern Novo Nordisk hat mit seinem Abnehmmittel Semaglutid in einer Alzheimer-Studie einen Rückschlag erlitten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktrisiko: Weshalb Topinvestoren jetzt Alarm schlagen
24.11.2025

Die jüngsten Kursstürze an den Märkten zeigen, wie angespannt die Lage geworden ist. Während Anleger nervös auf jede Bewegung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturtrübung: Ifo-Index sinkt überraschend – Hoffnungen auf Erholung schwinden
24.11.2025

Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich unerwartet eingetrübt: Im November fiel das Ifo-Geschäftsklima auf 88,1 Punkte und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktien auf Jahreshoch: Pharma-Erfolg mit dem Gerinnungshemmer Asundexian
24.11.2025

Nach Jahren des Abstiegs erlebt die Bayer-Aktie einen überraschenden Kursschub. Ein neuer Studienerfolg weckt Hoffnung auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bürokratieabbau: Normenkontrollrat kritisiert Bund-Länder-Pläne als zu schwach
24.11.2025

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hält die aktuellen Vorschläge von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau für unzureichend. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur in der Finanzlücke: Pkw-Maut als mögliche Lösung?
24.11.2025

Eine aktuelle Studie der Denkfabriken Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft zeigt, dass Deutschland bis 2030 rund 390 Milliarden Euro...

DWN
Panorama
Panorama Kita unter Druck: Experten fordern besseren Gesundheitsschutz für Erzieher
24.11.2025

Das Kita-System in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Hohe Ausfallraten und Personalmangel belasten Erzieherinnen und...