Politik

Biberach: 435.000 Euro aus Steuergeldern für Fledermaus-Brücken

Für eine neue Straße in Biberach baute die Stadt gleich zwei Fledermausbrücken. Fledermäuse stehen unter Naturschutz und die neue Umfahrung stellte eine Gefahr dar. Daher wurden extra für die Tiere zwei Brücken gebaut. 435.000 Euro kostete der Bau. Sollten die Fledermäuse die Brücken nicht akzeptieren, ist das Geld weg: Die Brücken sind für Rehe und Menschen nicht zugelassen.
28.10.2013 00:56
Lesezeit: 2 min

Sie heißen Großes Mausohr Brücke und Großer Abendsegler Brücke – die zwei Fledermausbrücken in Biberach. Zwei Brücken, deren Nutzen für die Fledermäuse nicht nachgewiesen ist. Die aber den Steuerzahler etwa 435.000 Euro gekostet haben.

Grund für das Entstehen der Fledermausbrücken war der Bau der Nordwestumfahrung Biberach. Der Bau der neuen Umfahrung hatte das Durchschneiden von zwei Waldkomplexen zur Folge, so die Stadt Biberach. Diese werden jedoch von etlichen Fledermausarten als Jagdgebiet genutzt. Fledermäuse gelten im Bundesnaturschutzgesetz als besonders geschützte Arten, die man nicht töten darf.

„Sollte ein bauliches Vorhaben dagegen verstoßen bzw. wie die Juristen sagen ‚das Tötungsverbot verwirklichen‘, darf das Vorhaben nicht genehmigt werden“, berichtet der Bund der Steuerzahler in seinem neuen Schwarzbuch 2013. Und da Untersuchungen zeigten, dass manche Fledermäuse sich an Bepflanzungen und Böschungen etc. entlanghangeln und orientieren, hätte der Bau der Umfahrung die Fledermäuse durch die Teilung der Waldkomplexe in Gefahr gebracht. Deswegen baute man die Brücken.

Verschwendung beim gesamten Projekt

Mit seiner Kritik an den Kosten der zwei Brücken hat „der Bund der Steuerzahler einen Fehlgriff getan“, sagte Martin Rösler vom NABU Biberach den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. „Viel eher hätte das Straßenbauprojekt in seiner Gesamtdimension eine kritische Würdigung durch den Bund der Steuerzahler verdient.“ Denn es sei von der Stadt äußerst großzügig mit Geld und Landschaft umgegangen worden, wie ein Blick in den landschaftspflegerischen Begleitplan zeige:

„Indirekte Flächenverluste entstehen vor allem durch die großräumigen Anschlüsse und Anschlussinnenflächen. Der Verlust durch Böschungen ist ebenfalls relativ hoch, da die Trasse überwiegend in Dammlage bzw. Einschnittlage verläuft.“

Hier hätten bei 22 Millionen Gesamtkosten für das gesamte Straßenbauprojekt viele Millionen eingespart werden können, so Rösler. Stattdessen aber errege man sich nun im Nachhinein über die inzwischen zur Berühmtheit gewordenen Fledermausbrücken.

Andere Tiere zahlen den Blutzoll

Erst nach dem offiziellen Planfeststellungsverfahren sei der Stadt der Schutz der Fledermäuse eingefallen. Die Planer hätten dann aber ohne Einbeziehung der Naturschutzverbände „nach einer möglichst billigen Lösung gesucht – also ganz im Sinne des Bundes der Steuerzahler“, sagt Rösler:

„Dass ihre Sparbemühungen hier soweit gingen, dass eine womöglich kaputtgesparte Lösung dabei herauskam, erregt jetzt im Nachhinein die Gemüter. Sinnvoll wäre es gewesen, an dieser Stelle ein echte Grünbrücke zu realisieren, die dann nicht nur von Fledermäusen, sondern von allen Tieren, deren Lebensraum durch die Straße genauso zerschnitten wurde, genutzt werden könnte. Tote Rehe, überfahrene Füchse und andere Leichen am Straßenrand lassen erahnen, wie hoch der Blutzoll der Tierwelt durch diese neue Straße in Wirklichkeit ist.“

Effektivität der Brücken ungewiss

Die Brücken selbst sind ca. drei Meter hoch, unterscheiden sich jedoch in Länge und Breite. So ist die westliche Brücke 34 Meter lang und die östliche mit 40 Metern etwas länger. Ob dieser künstlich geschaffene Flugkorridor aber tatsächlich wie geplant von den Fledermäusen genutzt wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Dennoch war es notwendig gleich zwei Brücken dieser Art zu bauen. Die Gruppe Fledermäuse-Biberach zitiert dazu den Amtsleiter vom Straßenamt Biberach, Georg Stolz:

„Sie haben uns gefragt, ob es nicht möglich gewesen wäre zunächst nur eine Brücke zu errichten um die Wirksamkeit der Maßnahme festzustellen. Diesen Gedanken hatten wir auch, leider wurde uns dies verwehrt, da der Planfeststellungsbeschluss ganz klar die Notwendigkeit von zwei Querungsmöglichkeiten für die Fledermäuse vor der Verkehrsfreigabe vorsieht.“

Um nun zu sehen, ob die Fledermäuse die Brücke nutzen, sollen dann ab 2014 Infrarotkameras und Detektoren aufgestellt werden. Kostenpunkt: 35.000 Euro. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Brücken ihren Zweck nicht erfüllen, können sie allerdings auch nicht großartig anderweitig genutzt werden. Für Fußgänger wurden die Brücken nicht freigegeben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...