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Lagebericht Afghanistan: Taliban übernehmen die Macht, ausländische Diplomaten flüchten aus dem Land

Lesezeit: 19 min
16.08.2021 09:33  Aktualisiert: 16.08.2021 09:33
Die Taliban haben die Hauptstadt Kabul erobert. Die Evakuierung deutscher Staatsbürger wird dadurch schwieriger und gefährlicher. Präsident Ghani ist geflüchtet. Alle aktuellen Nachrichten im Liveticker.
Lagebericht Afghanistan: Taliban übernehmen die Macht, ausländische Diplomaten flüchten aus dem Land
Taliban-Kämpfer sitzen und stehen in einem Raum des afghanischen Präsidentenpalastes. (Foto: dpa)
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Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben Deutschland und andere westliche Staaten begonnen, in großer Eile ihre Staatsbürger und gefährdete afghanische Ortskräfte auszufliegen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte am Montag, die Bundeswehr wolle ihre Luftbrücke so lange wie möglich aufrecht erhalten, «um so viele Menschen wie möglich herauszuholen». Am Flughafen der Hauptstadt Kabul spielten sich dramatische Szenen ab. Hunderte oder vielleicht auch Tausende verzweifelte und verängstigte Menschen versuchten, auf Flüge zu kommen, wie Videos in Online-Medien zeigten.

Für Entsetzen sorgten insbesondere Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Menschen aus großer Höhe aus einem Militärflugzeug fallen. Es wurde gemutmaßt, dass sie sich im Fahrwerk der Maschine versteckt hatten oder sich am Flieger festhielten. Diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden.

Ein Mann, der in der Nähe des von US-amerikanischen und türkischen Soldaten gesicherten Flughafens lebt, schrieb der Deutschen Presse-Agentur, auf einem benachbarten Dach sei einer der Abgestürzten aufgeschlagen. Es habe gekracht wie bei einer Explosion. Er teilte Bilder und Videos der Leiche und schrieb, drei weitere Männer seien in der Nachbarschaft gefunden worden. Auf einem anderen Video soll zu sehen sein, wie Dutzende Menschen am Flughafen Kabul neben einer rollenden US-Militärmaschine laufen. Einige klettern auf das Flugzeug und klammern sich fest.

Die Taliban hatten in den vergangenen Wochen nach dem Abzug der ausländischen Truppen, darunter der Bundeswehr, in rasantem Tempo praktisch alle Provinzhauptstädte eingenommen - viele kampflos. Am Sonntag rückten sie auch in Kabul ein. Kämpfe gab es keine.

Der blitzartige Vormarsch hatte viele Beobachter, Experten und auch die US-Regierung überrascht. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte am Montag: «Es gibt auch nichts zu beschönigen: Wir alle - die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft - wir haben die Lage falsch eingeschätzt.» Kritiker hatten der Bundesregierung vorgeworfen, die Geschwindigkeit der Taliban unterschätzt und die Evakuierung afghanischer Ortskräfte zu schleppend organisiert zu haben.

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte die militant-islamistischen Taliban zu «äußerster Zurückhaltung», um so Leben zu schützen. Humanitäre Hilfe müsse weiter möglich sein, und allen Menschen, die das Land verlassen wollten, müssen dies möglich sein, forderte er Montag bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Die Weltgemeinschaft rief der UN-Chef auf, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen und Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen.

Der CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet äußerte sich aber skeptisch über eine Aufnahme afghanischer Flüchtlinge in großer Zahl. «Ich glaube, dass wir jetzt nicht das Signal aussenden sollten, dass Deutschland alle, die jetzt in Not sind, quasi aufnehmen kann», sagte der CDU-Vorsitzende nach Beratungen von Präsidium und Bundesvorstand seiner Partei. «Die Konzentration muss darauf gerichtet sein, vor Ort, jetzt diesmal rechtzeitig - anders als 2015 - humanitäre Hilfe zu leisten.» In dem Jahr waren Hunderttausende Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist.

Die Lage in Kabul selbst war am Montag angespannt, aber zunächst ruhig. Die Taliban besetzten überall in der Hauptstadt Polizeistationen und andere Behördengebäude, wie Bewohner der Deutschen Presse-Agentur berichteten. Bewaffnete Kämpfer fuhren in Militär- und Polizeiautos sowie anderen Regierungsfahrzeugen durch die Stadt. Gleichzeitig errichteten sie weitere, eigene Kontrollpunkte.

Nach der faktischen Machtübernahme durch die Taliban sollen Gespräche zwischen Politikern und Vertretern der Islamisten laufen. Das teilte ein Sprecher des ehemaligen Präsidenten Hamid Karsai der Deutschen Presse-Agentur mit. In einem ersten Schritt habe man betont, dass das Leben und das Vermögen der Bevölkerung sowie die öffentliche Infrastruktur geschützt werden müssten, sagte der Sprecher weiter.

Die Aufständischen wollen ein «Islamisches Emirat Afghanistan» errichten, so wie schon vor dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2001. Damals setzten sie mit drakonischen Strafen ihre Vorstellungen eines islamischen Staats durch: Frauen und Mädchen wurden systematisch unterdrückt, Künstler und Medien zensiert, Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach angesichts der Entwicklung von «bitteren Stunden», gerade für die vielen Afghanen, die auf Fortschritt und Freiheit gebaut hätten - vor allem die Frauen. Insgesamt gehe es bei der Evakuierung um etwa 10 000 Menschen, da die Familienmitglieder mitgerechnet würden.

In der Nacht zu Montag landeten nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft mit einem US-Flugzeug in Doha im Golfemirat Katar. Wenige Stunden später starteten am Morgen die ersten drei Militärmaschinen der Bundeswehr mit Fallschirmjägern an Bord Richtung Kabul. Sie sollen die Evakuierung absichern.

Frauenrechtsorganisationen wandten sich mit eindringlichen Appellen an die Bundesregierung, gerade Frauenrechtlerinnen und Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen in Afghanistan bei der Ausreise zu unterstützen. Die stellvertretende Terre-des-Femmes-Vorsitzende Inge Bell sagte, besonders Akteurinnen, die sich für die Rechte von Frauen eingesetzt hätten, schwebten nun in Todesgefahr. «Schon jetzt rächen sich die Taliban an Frauen, die sich für ihre Rechte einsetzen oder eingesetzt haben.»

Viele Afghanen zeigten in sozialen Medien offen ihre Wut über den geflüchteten Präsidenten Aschraf Ghani. Er habe Afghanistan zerstört, durch ihn seien Tausende Kinder nun vaterlos, er habe dem Land jegliche Sicherheit genommen und es dem Feind übergeben, schrieb die Sängerin Sedika Madadgar auf Facebook. Er werde als das «schmutzigste Tier» in Afghanistans Geschichte eingehen.

US-Präsident Joe Biden sah sich nach dem schnellen Vormarsch der Taliban im Kreuzfeuer führender Republikaner. Der frühere US-Präsident Donald Trump warf seinem Nachfolger vor, sich den Taliban «ergeben» zu haben. Biden habe mit seiner Afghanistan-Politik «das Vertrauen in die Macht und den Einfluss Amerikas zerstört».

Auf dem Papier waren die Taliban den afghanischen Streitkräften unterlegen. Rund 300 000 Mann bei Polizei und Armee standen Schätzungen zufolge rund 60 000 schlechter ausgerüsteten Taliban-Kämpfern gegenüber. Diese profitieren aber von ihrem brutalen Ruf, den sie sich während ihrer Herrschaft in den 1990er-Jahren mit öffentlichen Exekutionen oder Auspeitschungen verdient haben.

Mit psychologischer Kriegsführung und dem Einsatz sozialer Medien brachten sie viele Sicherheitskräfte zur Aufgabe. Andernorts einigten sich lokale Politiker, Älteste oder Stammesführer über den Köpfen der Sicherheitskräfte hinweg mit den Taliban auf eine Kapitulation.

Die Aufständischen setzten während ihrer Herrschaft 1996 bis 2001 mit teils barbarischen Strafen ihre Vorstellungen durch, bevor die US-Truppen in Afghanistan einmarschierten. Sie hatten dem Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden, Unterschlupf im Land gewährt.

Liveticker Afghanistan

20.09 Uhr - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigt an, bedrohte Mitglieder der afghanischen Zivilgesellschaft aufzunehmen. In Gefahr seien gegenwärtig "Verteidiger der Menschenrechte, Künstler, Journalisten", erklärt Macron in einer Fernsehansprache. "Wir werden sie willkommen heißen, denn es ist eine Ehre für Frankreich, an der Seite derjenigen zu stehen, die für die Freiheit kämpfen."

19.34 Uhr - Eine erste Bundeswehrmaschine hat nach Angaben von Generalleutnant Markus Laubenthal nicht am Flughafen von Kabul landen können. Sie sei schließlich nach Taschkent in Usbekistan abgedreht, sagt Laubenthal im ZDF.

19.31 Uhr - Die Entwicklung in Afghanistan ist nach Ansicht von Kanzlerin Angela Merkel nicht mit der in Mali vergleichbar. In Afghanistan sei man von den USA abhängig gewesen, in Mali engagiere sich vor allem Frankreich, sagt sie auf die Frage nach Konsequenzen aus dem Fall Afghanistans für andere Bundeswehreinsätze. Man müsse aber dennoch die Lehre aus Afghanistan ziehen und anerkennen, dass die Stabilisierung eines Landes offenbar sehr viel länger dauere als erwartet. Man müsse künftig die "Ziele kleiner fassen". In Afghanistan sei 2001 der Satz aber richtig gewesen, dass Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt werde.

19.30 Uhr - Bundeskanzlerin Angela Merkel bemüht sich zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um eine enge Abstimmung der EU, um auf die Entwicklung in Afghanistan zu reagieren. Sie habe mit Macron telefoniert, am Mittwoch gebe es Treffen der EU-Außen- und Innenminister. Auch die Regierungschefs stünden untereinander in Kontakt und berieten, wann ein europäischer Sonderrat nötig sei. Dabei gehe es gerade um die nötige Hilfe für die Nachbarstaaten Afghanistans angesichts der erwarteten Fluchtbewegungen.

19.21 Uhr - Nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel sind 1900 der von der Bundeswehr in einer ersten Gruppe identifizierten Ortskräfte bereits in Deutschland oder sicheren Drittländern. Nun versuche man unter anderem auch, rund 1500 Mitarbeiter der Entwicklungszusammenarbeit und von Nichtregierungsorganisationen aus Afghanistan zu bekommen. Merkel räumte ein, dass man die Schnelligkeit des Vormarschs der Taliban völlig unterschätzt habe. "Wir haben alle – da übernehmen ich auch die Verantwortung – die Entwicklung falsch eingeschätzt."

19.07 Uhr - Der UN-Sicherheitsrat fordert eine sofortige Einstellung aller Kämpfe in Afghanistan. Durch Verhandlungen müsse eine neue "geeinte, inklusive, repräsentative" Regierung gebildet werden, an der auch Frauen beteiligt sein müssten, heißt es in einer Erklärung. Zudem dürfe es nicht mehr zu Menschenrechtsverletzungen kommen. Alle Konfliktparteien müssten darüber hinaus sofort einen ungehinderten und sicheren humanitären Zugang ermöglichen.

18.54 Uhr - Der britische Premierminister Boris Johnson plant seinem Büro zufolge ein virtuelles Treffen der sieben führenden Industriestaaten (G7) zur Lage in Afghanistan. Dies habe Johnson in einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigt. Zur G7 gehören neben Großbritannien und Frankreich auch Deutschland, die USA, Italien, Japan und Kanada.

18.18 Uhr - Großbritanniens Außenminister macht Sanktionen gegen ein von den Taliban regiertes Afghanistan vom Verhalten der Islamisten abhängig. Seine Regierung prüfe, welche Zusagen man mit Blick auf Flüchtlinge machen werde, sagt Dominic Raab weiter.

18.04 Uhr - Am Flughafen von Kabul finden nach US-Angaben aus Sicherheitsgründen gegenwärtig keine Starts oder Landungen statt. Es sei unklar, wann diese wieder aufgenommen würden, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Er bestätigt eine Reuters-Meldung, wonach US-Sicherheitskräfte zwei Menschen getötet haben. Es gebe keine Hinweise darauf, dass es sich dabei um Taliban gehandelt habe, sagt der Sprecher. Ein US-Soldat sei verwundet worden.

17.28 Uhr - Mit einem Flug von Turkish Airlines sind dem staatlichen Sender TRT Haber zufolge 324 Menschen aus Kabul nach Istanbul ausgeflogen worden. Die Passagiere berichten, wie sie bis zu drei Stunden an Bord der Maschine warten mussten, während Soldaten Zivilisten von der Startbahn vertrieben. Einige verbrachten nach eigenen Angaben die Nacht am Flughafen.

17.22 Uhr - US-Sicherheitskräfte am Flughafen von Kabul haben einem Insider zufolge in den vergangenen 24 Stunden zwei Bewaffnete getötet. Es habe sich um zwei verschiedene Vorfälle gehandelt, sagt der US-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden will, der Nachrichtenagentur Reuters. "Erste Berichte deuten darauf hin, dass bewaffnete Angreifer in die Menge geschossen haben", heißt es weiter.

17.16 Uhr - Russlands UN-Botschafter sagt vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, es sei sinnlos, in Panik zu verfallen. Ein größeres Blutbad unter der Zivilbevölkerung sei vermieden worden, erklärt Wassili Nebensja weiter. Seine Regierung werde "unabhängig von der sich entwickelnden Lage" mit den Taliban interagieren.

17.15 Uhr - Bundesaußenminister Heiko Maas räumt Fehler ein. "Wir haben die Lage falsch eingeschätzt", sagt Maas in Berlin. Die Geschwindigkeit, mit der die Taliban Kabul eingenommen hätten, sei weder von der Bundesregierung noch von deren Partner richtig gesehen worden.

16.34 Uhr - Die militärischen Evakuierungsflüge am Flughafen in Kabul sollen nach US-Angaben in Kürze wieder aufgenommen werden. Dies sagt ein Regierungsvertreter in Washington. Die Flüge waren wegen der chaotischen Lage an dem Airport vorübergehend ausgesetzt worden.

16.28 Uhr - Nach Darstellung des russischen Außenministeriums stabilisiert sich die Lage in Kabul. Alle Parteien müssten von Gewalt absehen, heißt es weiter. Man habe Kontakt zu Vertretern der neuen Behörden in Afghanistan aufgenommen, um die Sicherheit der russischen Botschaft in der Hauptstadt zu gewährleisten.

16.13 Uhr - UN-Generalsekretär Antonio Guterres spricht vor dem Sicherheitsrat in New York von "erschreckenden Berichten über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im ganzen Land". Besonders betroffen seien demnach Frauen und Mädchen. Der Sicherheitsrat müsse "alle verfügbaren Mittel nutzen, um die weltweite terroristische Bedrohung in Afghanistan zu bekämpfen".

16.10 Uhr - "Wir fordern eine Sondersitzung des auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses", sagt Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Auch die Sondersitzung des Bundestags am 25. August müsse genutzt werden, um über Fehler in der Afghanistan-Politik zu diskutieren.

15.50 Uhr - Saudi-Arabien ruft die Taliban und "alle afghanischen Parteien" auf, Menschenleben und Eigentum in Afghanistans Hauptstadt Kabul zu schützen. Das saudische Außenministerium twittert weiter, dass das Königreich zu den Entscheidungen stehe, "die das afghanische Volk ohne jegliche Einmischung trifft". Zudem hoffe man, dass sich die Lage in dem zentralasiatischen Staat so bald wie möglich stabilisiere, erklärt die Regionalmacht.

15.43 Uhr - Die Bundesregierung erwägt laut Vize-Kanzler Olaf Scholz über sogenannte Ortskräfte hinaus weitere Personen aus Afghanistan zu evakuieren. Als Beispiele nennt er Zivilisten, die mit Medien zusammengearbeitet hätten. Die genaue Zahl werde momentan ermittelt. "Es geht also um konkrete Namen plus Familien."

15.00 Uhr - SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will sich nicht auf eine Zahl festlegen, wie viele Flüchtlinge aus Afghanistan nach Deutschland kommen sollen. Es gehe vor allem darum, die Nachbarländer Afghanistans zu unterstützen, sagt er auf eine entsprechende Frage. Ihnen müssten nun Angebote gemacht werden. Es dürfe sich nicht der Fehler wiederholen, diese Staaten alleine zu lassen.

14.58 Uhr - Das Sonntagnacht über Usbekistan abgestürzte afghanische Militärflugzeug ist von der Luftabwehr abgeschossen worden. Das teilt das usbekische Verteidigungsministerium nach Bericht der russischen Nachrichtenagentur RIA mit. Das Flugzeug habe versucht, in den usbekischen Luftraum einzudringen. Der Pilot habe sich mit dem Schleudersitz retten können. Das Nachrichtenportal Gazeta.uz hatte von dem Absturz berichtet.

14.46 Uhr - Mehrere Militärmaschinen mit über 100 afghanischen Soldaten an Bord landen nach Angaben des Außenministeriums in Tadschikistan in der Stadt Bokhtar. Man habe den Flugzeugen den Eintritt in den eigenen Luftraum erlaubt, nachdem diese ein Notsignal gesendet hätten, berichtet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Außenministerium in Tadschikistan.

14.41 Uhr - Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet bezeichnet die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan als "größtes Debakel" in der Geschichte der Nato. "Das ist eine politische und humanitäre Katastrophe", sagt der CDU-Chef nach den Gremiensitzungen seiner Partei. Laschet fordert eine schnelle Sondersitzung der EU-Außenminister, um eine Reaktion auf die Machtübernahme der Taliban und Hilfe für die Nachbarstaaten zu koordinieren. Er habe heute mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefoniert.

14.32 Uhr - Vize-Kanzler Olaf Scholz nennt die Machtübernahme der Taliban eine "große Tragödie". Jetzt ende ein Demokratisierungsprozess und es beginne die islamistische Diktatur der Taliban wieder. "Das ist wirklich eine dramatische Entwicklung", sagt der SPD-Kanzlerkandidat in Berlin. Es gehe um Leben und Tod. Die Nachbarländer, in die viele Afghanen nun fliehen dürften, müssten nun unterstützt werden.

14.25 Uhr - Der Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan geht nach Angaben von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet nicht ohne ein robustes Mandat. Das Bundeskabinett wolle das Mandat am Mittwoch beschließen, dann müsse es einen Parlamentsbeschluss als Rückendeckung der Bundeswehr geben, sagt der CDU-Chef nach den Gremiensitzungen seiner Partei. Er sprach von einem gefährlichen Einsatz.

14.22 Uhr - Die USA setzen zunächst alle Evakuierungsflüge vom Kabuler Flughafen aus. Diese Maßnahme sei nötig, weil Menschen auf die Pisten gelaufen seien, sagt ein Mitglied der US-Armee Reuters. Der Armee-Angehörige, der nicht namentlich genannt werden will, sagt nicht, wie lange die Flugpause dauern soll.

14.05 Uhr - Nachdem Abschiebungen nach Afghanistan nach dem Sieg der Taliban nicht mehr als möglich betrachtet werden, fordert Österreich Alternativen. "Abschiebezentren in der Region rund um Afghanistan wären eine Möglichkeit", erklärt Innenminister Karl Nehammer. Dafür brauche es die Unterstützung der Europäischen Kommission. Er fordert zusammen mit Außenminister Alexander Schallenberg eine Sondersitzung der EU Außen- und Innenminister, die so schell wie möglich einberufen werden müsse. "Die Bekämpfung der illegalen Migration gehört zu den größten Herausforderungen in einer von Globalisierung geprägten Welt – vor allem auch für Österreich", erklärt Nehammer.

13.54 Uhr - Die USA werden heute und morgen zusätzliche Einsatzkräfte an den Kabuler Flughafen verlegen. Das kündigt der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Jon Finer in einem MSNBC-Interview an. Er räumt ein, die Situation habe sich schneller verschlechtert als erwartet. Seinen Angaben nach verhandeln die USA weiter mit Vertretern der Taliban in Doha in Katar. Die USA machten den Taliban klar, dass sie zu leiden hätten, falls die Aggressionen gegen die USA zunehmen würden.

13.51 Uhr - Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigt an, dass am Nachmittag weitere Truppentransporte zur Evakuierung von Menschen aus Kabul starten werden. Man werde ein robustes Mandat für einen robusten Einsatz brauchen, sagt Kramp-Karrenbauer nach dem CDU-Bundesvorstand. Solange es möglich sei, werde man "so viele Menschen wie möglich aus Kabul, aus Afghanistan herausholen", fügt sie hinzu. Die CDU-Gremien hätten sich klar zu dem Evakuierungsauftrag bekannt.

13.27 Uhr - Pakistan hilft anderen Staaten bei der Evakuierung von Diplomaten und Ortskräften. Dazu gehörten 431 afghanische Mitarbeiter der dänischen Botschaft, twittert der pakistanische Außenminister Schah Mahmud Kureschi.

13.02 Uhr - Der afghanische Präsident Aschraf Ghani ist nach Angaben der russischen Botschaft in Kabul mit vier Wagen und einem Hubschrauber voller Geld aus dem Land geflohen. Das berichtet die russische Nachrichtenagentur RIA. Ghani habe demnach noch Geld zurücklassen müssen, da nicht alles hineingepasst hätte. "Vier Autos waren voll mit Geld. Sie versuchten, einen weiteren Teil des Geldes in einen Hubschrauber zu stopfen, aber es passte nicht alles hinein. Und ein Teil des Geldes blieb auf der Rollbahn liegen", zitiert RIA Botschaftssprecher Nikita Ischtschenko.

12.52 Uhr - Die von Russland angeführte Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO) zeigt sich sehr beunruhigt über die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Dies werde sich massiv auf die Lage in Zentralasien auswirken, heißt es in einer CSTO-Stellungnahme. Die Organisation werde ihr Mitglied Tadschikistan unterstützen, sollte vom benachbarten Afghanistan eine Gefahr ausgehen. Gegenwärtig gebe es dafür aber keinen Anlass. Die CSTO, der sechs Staaten angehören, plane gemeinsame Manöver an der Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan, hieß es.

12.49 Uhr - Angesichts der Eskalation in Afghanistan hat die Grünen-Fraktion im Bundestag eine Sondersitzung des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums beantragt. "Wir brauchen Klarheit, welche Informationen zur Lage in Afghanistan der Bundesregierung vorlagen, und ob man eigene Erkenntnisse hatte oder sich nur auf Infos anderer Dienste verlassen hat", sagt Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem "Handelsblatt". "Die Lage in Afghanistan ist ein einziges Fiasko", fügt er hinzu. Es müsse geklärt werden, wer dafür aufseiten der Bundesregierung Verantwortung übernehme.

12.41 Uhr - Eine von Bundeswehrsoldaten gegründete Hilfsorganisation löst nach eigenen Angaben ihre Unterkünfte für afghanische Helfer in Kabul auf, damit die Häuser nicht zu Todesfallen werden. "Safehouses gerade aufgelöst, Taliban gehen von Tür zu Tür, wenn Rettung noch kommt, wird sie zu spät sein", sagt der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerkes Afghanische Ortskräfte, Marcus Grotian. "It’s over."

12.40 Uhr - Die Außenminister der Europäischen Union werden am Dienstag auf einer Krisensitzung über die Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban beraten. Nach der jüngsten Entwicklung und intensiven Kontakten mit den Partnern in den vergangenen Tagen und Stunden habe er ein Sondertreffen per Videokonferenz einberufen, teilt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter mit. "Afghanistan steht an einem Scheideweg. Die Sicherheit und das Wohlergehen seiner Bürger sowie die internationale Sicherheit stehen auf dem Spiel", fügt er hinzu.

12.35 Uhr - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im CDU-Bundesvorstand nach Angaben von Teilnehmern von rund 10.000 Personen gesprochen, die Deutschland aus Afghanistan evakuieren wolle. Die Bundesregierung habe vor Monaten bereits 2500 Ortskräfte identifiziert, bei 600 wisse man derzeit nicht, ob sie bereits in Drittstaaten seien, habe Merkel gesagt. Weitere 2000 Menschen wie Menschenrechtler und Anwälte sollten auch ausreisen. Insgesamt handele es sich inklusive der Familien um rund 10.000 Menschen. "Wir evakuieren nun in Zusammenarbeit mit den USA die Menschen. Ohne die Hilfe der Amerikaner könnten wir so einen Einsatz nicht machen", sagt die Kanzlerin.

12.15 Uhr - Das Auswärtige Amt gibt keine Prognose ab zu der Frage, wie lange Evakuierungen aus Kabul noch möglich seien. Die Lage sei sehr unübersichtlich, sagt ein Ministeriumssprecher in Berlin. Derzeit gebe es am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt wegen der chaotischen Zustände keine Flugbewegungen. Auch der Zugang zum Flughafen sei unübersichtlich.

11.47 Uhr - Das Auswärtige Amt ruft die afghanischen Ortskräfte in Kabul auf, sich nicht eigenständig zum Flughafen zu begeben. Dies sei derzeit zu gefährlich, sagt ein Ministeriumssprecher in Berlin. Sie sollten vielmehr an einem sicheren Ort bleiben und darauf warten, bis sie von der deutschen Botschaft kontaktiert würden. Wer nicht auf einer Ausflugsliste stehe, werde nicht in das Flughafengebäude gelassen. Die Lage am Flughafen Kabul sei derzeit zudem sehr unübersichtlich.

11.45 Uhr - Die deutsche Wirtschaft sorgt sich um ihre Beschäftigten in Afghanistan. "Soweit uns bekannt, ist kein deutsches Unternehmen mit deutschen Mitarbeitern vor Ort vertreten", sagt der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. Gleichwohl gebe es afghanische Staatsangehörige, die bei deutschen Unternehmen angestellt seien und sich noch im Land befinden. "Wir stehen im Austausch mit dem Krisenreaktionsstab des Auswärtigen Amts, um Angehörige und afghanische Ortskräfte von Unternehmen mit deutscher Beteiligung in Sicherheit zu bringen", sagt Treier.

11.40 Uhr - In der afghanischen Hauptstadt Kabul haben Taliban-Kämpfer damit begonnen, Waffen von Zivilisten einzusammeln. Die Menschen benötigten diese Waffen nicht mehr zu ihrem persönlichen Schutz, sagt ein Taliban-Vertreter dazu. "Wir verstehen, dass die Menschen die Waffen für ihre persönliche Sicherheit behalten haben. Jetzt können sie sich sicher fühlen. Wir sind nicht hier, um unschuldigen Zivilisten zu schaden", sagt der Islamist zu Reuters.

11.37 Uhr - Ex-Außenminister Joschka Fischer kritisiert den schnellen Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan. Über die Bedingungen des Abzugs sei nicht verhandelt worden, sagt Fischer in Frankfurt an der Oder. "Damit war nicht zu rechnen." Dies sei ein Fehler gewesen. Der Grünen-Politiker war deutscher Außenminister, als westliche Truppen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Afghanistan einmarschierten und die Taliban entmachteten.

11.31 Uhr - Regierungssprecher Steffen Seibert sagt in Berlin, die Entwicklungen in Afghanistan mache der Bundesregierung "große Sorgen". Auch vor dem Hintergrund des jahrelangen internationalen Einsatzes in Afghanistan seien dies "bittere Entwicklungen". Hauptaufgabe der Bundesregierung sei nun, die deutschen Mitarbeiter der Botschaft in Kabul sowie von Hilfsorganisationen, aber auch ehemalige Ortskräfte außer Landes zu bringen.

11.30 Uhr - Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock fordert die Aufnahme von mindestens 10.000 Ortskräften aus Afghanistan, die in den vergangenen Jahren für die Bundeswehr oder Nato-Partner tätig waren. Das Kontingent müsse mindestens fünfstellig sein, sagt Baerbock in Frankfurt an der Oder. Viele Menschen in Afghanistan fürchteten nach der Machtübernahme der Taliban um ihr Leben. Es sei überfällig, dass die Bundesregierung alle tue, um diese zu evakuieren. "Es geht um Stunden." Das Außenministerium habe zu langsam gehandelt und Warnungen nicht aufgegriffen, kritisierte sie.

10.30 Uhr - Ein afghanisches Militärflugzeug ist Sonntagnacht in Usbekistan nahe der Grenze zu Afghanistan abgestürzt. Das Nachrichtenportal Gazeta.uz berichtet unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle, zwei Mitglieder des afghanischen Militärs würden in einem Krankenhaus in Termez behandelt. Am Sonntag hatte die usbekische Regierung mitgeteilt, es seien 84 afghanische Soldaten festgenommen worden, die die Grenze überschritten hätten und um medizinische Hilfe baten.

10.29 Uhr - Ein zweites Transportflugzeug der deutschen Luftwaffe ist auf dem Weg nach Kabul. Es soll deutsche Staatsbürger und afghanische Helfer ausfliegen, sagt ein Luftwaffensprecher. Ein erstes Transportflugzeug vom Typ A400M ist am frühen Montagmorgen vom Fliegerhorst Wunstdorf aus gestartet. Sicherheitskreisen zufolge soll es zwischen Kabul und der usbekischen Hauptstadt Taschkent hin- und herfliegen, um so viele Menschen wie möglich zu evakuieren.

10.22 Uhr - Schweden hat nach Angaben der Regierung die Evakuierung der Botschaft in Kabul abgeschlossen und das gesamte Personal aus dem Land in gebracht. Die schwedischen Mitarbeiter der Gesandtschaft seien in der vergangenen Nacht per Hubschrauber und mit einem US-Flugzeug nach Katar ausgeflogen worden, sagt Außenministerin Ann Linde. Nun werde daran gearbeitet auch die afghanischen Ortskräfte auszufliegen.

10.20 Uhr - Die EU-Kommission arbeitet nach Angaben eines Sprechers mit Mitgliedstaaten daran, afghanische Hilfskräfte auszufliegen. "Das Thema ist sehr dringend, wir nehmen es sehr ernst und arbeiten hart dafür, eine rasche Lösung für ihre Sicherheit zu finden", sagt er in Brüssel. Die EU-Kommission macht aus Sicherheitsgründen aber keine Angaben, wie viele Afghanen sie selbst beschäftigt hatte.

10.18 Uhr - Die Lufthansa prüft eine Beteiligung an den Evakuierungen aus Afghanistan. "Lufthansa prüft derzeit in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt, wie sie die Bundesregierung bei der Evakuierung von deutschen Staatsangehörigen und lokalen Kräften zeitnah unterstützen kann", sagt ein Konzernsprecher. Überflüge über Afghanistan hat der Konzern, zu dem neben der Lufthansa unter anderem die Fluglinien Swiss und Austrian Airlines, wie viele andere Airlines ausgesetzt. "In der Folge verlängert sich unter anderem die Flugzeit auf Flügen nach Indien um bis zu eine Stunde."

09.56 Uhr - Russland sieht keine Eile in der Frage der Anerkennung der neuen afghanischen Regierung. Dies sagte der russische Sonderbeauftragte für Afghanistan, Samir Kabulow, laut der Nachrichtenagentur RIA. Die Regierung in Moskau werde das Handeln der neuen Machthaber genau beobachten und dann eine Entscheidung treffen, kündigt er im Radiosender Ekho Moskvy an.

09.40 Uhr - Alle Mitglieder der spanischen Botschaft in Kabul sowie alle afghanischen Ortskräfte sind zum Flughafen gebracht worden und sollen außer Landes gebracht werden. Sicherheitskräfte hätten die Diplomaten und ihre Mitarbeiter auf dem Weg zum Flughafen geschützt, sagt Innenminister Fernando Grande-Marlaska dem Sender SER. Spanien habe Transportflugzeuge entsandt, damit das Botschaftspersonal und afghanische Mitarbeiter der spanischen Armee so schnell wie möglich das Land verlassen könnten.

09.35 Uhr - Der russische Botschafter in Kabul will am Dienstag mit einem Vertreter der Taliban über die Sicherheit der Gesandtschaft sprechen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Interfax. Der russische Sonderbeauftragte für Afghanistan, Samir Kabulow, kündigt beim Radiosender Ekho Moskvy an, einige der russischen Diplomaten würden evakuiert.

09.10 Uhr - Augenzeugen am Flughafen von Kabul berichten, mindestens fünf Menschen seien bei den chaotischen Zuständen dort getötet worden. Hunderte Menschen wollen einen Platz in einer Maschine erzwingen, um aus Afghanistan zu fliehen. Ein Augenzeuge sagt, fünf Leichen seien zu einem Wagen getragen worden. Ein andere Zeuge sagt, es sei unklar, ob sie in der Massenpanik gestorben oder ob sie erschossen worden seien.

08.30 Uhr - Die zivile Flugverkehr-Aufsicht ACAA in Afghanistan teilt mit, dass der Luftraum für das Militär freigegeben worden sei. Die Behörde rät von Überflügen Afghanistans im Transitverkehr ab. Das Flugdatenportal FlightRadar24 twittert, ein Air-India-Flug von Chicago nach Neu-Delhi habe den afghanischen Luftraum kurz nach dem Eintritt wieder verlassen, auch ein Terra-Avia-Flug von Baku in Aserbaidschan in die indische Hauptstadt habe seinen Kurs geändert.

08.15 Uhr - Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace lehnt einen erneuten Kampfeinsatz gegen die Taliban ab. "Wir werden nicht zurückgehen", sagt er dem Sender Sky News. "Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Taliban das Land kontrollieren."

07.55 Uhr - Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour hat der Bundesregierung Versagen in der Afghanistan-Krise vorgeworfen. Man habe keine Notfallpläne gemacht und deshalb seien jetzt Tausende Menschen in Lebensgefahr, sagt er im ARD-Morgenmagazin. Die Bundesregierung habe jahrelang Zeit gehabt, einen Plan zu schmieden für diesen Augenblick und dies sei ausgeblieben. "Und jetzt sind Tausende von Menschen und ihre Familien dort gestrandet und sind in Lebensgefahr und damit hat die Bundesregierung versagt." Nouripour rief die Bundesregierung dazu auf, auch die Ortkräfte aus Afghanistan zu holen. Es gehe jetzt nicht darum, wie man Afghanistan rette. "Afghanistan ist verloren, zumindest vorerst." Es gehe darum, möglichst vielen Menschen zu helfen und die Chance zum Überleben zu geben, weil sie bedroht seien und weil sie Deutschland geholfen hätten.

07.45 Uhr - Die Lage in Afghanistan ist nach Angaben eines Taliban-Vertreters ruhig. "Die Lage ist friedlich", sagt er und beruft sich auf Meldungen aus verschiedenen Landesteilen. Es gebe keine Zusammenstöße zwischen den Taliban und Sicherheitskräften der ehemaligen Regierung oder Zivilisten.

07.20 Uhr - Das erste Transportflugzeug A400M der Bundeswehr ist auf dem Weg nach Afghanistan. "Soeben ist der erste A400M aus Wunstorf nach #Kabul gestartet. Wir unterstützen das @AuswaertigesAmt, um die zu Schützenden aus #Afghanistan in Sicherheit bringen", twittert [twitter.com] das Verteidigungsministerium. "Fest steht: Es ist ein gefährlicher Einsatz für unsere Soldatinnen und Soldaten."

07.00 Uhr - US-Soldaten am Flughafen Kabul feuern Warnschüsse in die Luft. Man wolle damit Hunderte Afghanen davon abhalten, das Rollfeld zu stürmen, um an Bord von Militärflugzeugen zu gelangen, sagt ein US-Vertreter. Die militärischen Flüge seinen nur für Diplomaten, Botschaftspersonal und einheimische Ortskräfte der Botschaft gedacht.

06.02 Uhr - "Bild" berichtet unter Berufung auf die dpa, in der Nacht seien 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft aus Kabul ausgeflogen worden. Sie seien mit einem US-Flugzeug nach Doha im Golfemirat Katar gebracht worden. An Bord der Maschine seien auch vier Angehörige der Schweizer Vertretung in Afghanistan gewesen.

05.29 Uhr - Große Fluggesellschaften wie United Airlines, British Airways und Virgin Atlantic erklären, sie würden den Luftraum Afghanistans nicht mehr überfliegen. Grund sei die aktuelle Entwicklung im Land. Die Airlines sind nach dem Abschuss eines Verkehrsflugzeugs über der Ukraine im Jahr 2014 und dem Abschuss einer Maschine im Iran im Jahr 2020 bei Flügen über Konfliktzonen vorsichtiger geworden.

05.07 Uhr - Alle ausländischen Streitkräfte müssen Afghanistan verlassen, bevor mit dem Umbau der Regierung begonnen werde, sagt ein Taliban-Führer, der namentlich nicht genannt werden will, der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon. Es sei aber noch zu früh, um zu sagen, wie man die Regierung übernehmen werde. Er fügte hinzu, die Taliban-Kämpfer in Kabul seien gewarnt worden, Zivilisten nicht zu verängstigen. Zudem solle den Bürgern erlaubt werden, ihre normalen Tagesaktivitäten wieder aufzunehmen.

04.15 Uhr - Die USA haben nun all ihr Botschaftspersonal zum Flughafen Kabul gebracht. Das Umfeld des Airports sei vom US-Militär gesichert, sagt Außenamtssprecher Ned Price.

03.40 Uhr - Der deutsche Verein "Patenschaftsnetzwerk", der sich für Ortskräfte einsetzt, berichtet über Todesangst unter den Afghanen. "Schockiert sehen wir, dass wohl jede Rettung zu spät kommen wird, bevor unsere letzten Ortskräfte und ihre Familien in die Hände der Taliban gelangen", heißt es auf deren Webseite [www.patenschaftsnetzwerk.de.] "Die Hoffnung auf eine Evakuierung schwindet mit jeder Minute." Der Versuch, gecharterte Flugzeuge einfliegen zu lassen, sei vergeblich. "Niemand Ziviles fliegt Kabul mehr an." 7000 Ortskräfte und ihre Familienangehörigen seien in Afghanistan gefangen, weil man ihnen das Ortskräfteverfahren nur von dort ermöglicht habe. "Nun müssen wir feststellen das wir geholfen haben, sie alle in eine Todesfalle zu locken." Noch in diesen Minuten erreichten den Verein dramatische Hilferufe von Menschen in Todesangst. "Wir, eine Handvoll ehrenamtlicher Unterstützer, hören sie und es bricht uns die Herzen weil wir nicht mehr helfen können." Das Blut jeder getöteten Ortskraft klebe nun an den Händen der Politiker in Regierungsverantwortung.

03.16 Uhr - Mehr als 60 Länder fordern in einer gemeinsamen Erklärung, Afghanen und andere Staatsbürger, die das Land verlassen wollen, müsse die Ausreise erlaubt werden. Auch Flughäfen und Grenzübergänge müssten geöffnet bleiben, teilt das US-Außenministerium mit. Die Forderung sei unter anderem von den USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Japan, Italien, Südkorea, Australien und Katar unterzeichnet worden. Die Machthaber in Afghanistan trügen die Verantwortung für den Schutz von Menschenleben und Eigentum sowie die sofortige Wiederherstellung von Sicherheit und bürgerlicher Ordnung. Das afghanische Volk verdiene es, in Sicherheit und Würde zu leben. Die internationale Gemeinschaft stehe bereit, ihnen zu helfen.

01.22 Uhr - Vom Flughafen Kabul aus startet ein erster Evakuierungsflug Tschechiens. Er bringe 46 tschechische und örtliche Botschaftsmitarbeiter und ihre Familien nach Prag, twittert Premierminister Andrej Babis. Die Regierung hatte die Aktion am Samstag aufgrund der sich zuspitzenden Sicherheitslage beschlossen. Sie hat Afghanen, die tschechische Soldaten im Rahmen des Nato-Einsatzes unterstützt haben, Hilfe angeboten.

00.09 Uhr - Ein Taliban-Sprecher sagt dem Sender Al Dschasira, man wünsche sich Beziehungen zur internationalen Staatengemeinschaft. "Wir bitten alle Länder und Organisationen, sich mit uns zusammenzusetzen, um alle Probleme zu lösen", sagt Politbüro-Sprecher Mohammed Naeem. Er fügt hinzu, die Taliban respektierten die Rechte von Frauen und Minderheiten sowie die Meinungsfreiheit, wenn sie der Scharia entsprächen.

00.01 Uhr - Aus Afghanistan müssen nach den Worten von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in nächster Zeit unter Umständen mehr als zehntausend Menschen in Sicherheit gebracht werden. "Ich rechne mit einer hohen vierstelligen bis fünfstelligen Zahl an Menschen, die wir in den nächsten Tagen und Wochen evakuieren müssen", sagte Mützenich der "Rheinischen Post". Dazu zähle er deutschen Staatsbürger, einheimische Helfer der Alliierten und andere gefährdete Personen wie Menschen, die sich für Frauenrechte eingesetzt haben und Fachleute von Nichtregierungsorganisationen.


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