Finanzen

Investoren erwarten von "Jackson Hole" Hinweise auf künftige Geldpolitik

Die Finanzwelt blickt gespannt auf die Powell-Rede bei Jackson-Hole-Konferenz am kommenden Freitag. Viele erwarten eine Umkehr der lockeren Geldpolitik.
21.08.2021 17:35
Aktualisiert: 21.08.2021 17:35
Lesezeit: 2 min
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Die Finanzwelt blickt nächste Woche wieder gebannt auf die wichtigste geldpolitische Jahreskonferenz der US-Notenbanker. Im Zentrum des nach dem langjährigen Tagungsort Jackson Hole benannten Symposiums steht am Freitag eine mit Spannung erwartete Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell. Bekannt ist lediglich, dass sie sich mit dem konjunkturellen Ausblick beschäftigen soll. Investoren erhoffen sich von Powell Hinweise, wann die Fed damit beginnt, ihre umfangreichen Konjunkturhilfen herunterzufahren. In der Vergangenheit haben Währungshüter das Treffen häufig als Forum genutzt, um wichtige geldpolitische Weichenstellungen vorzubereiten.

Zunächst war geplant, dass die Konferenz wieder als Präsenz-Veranstaltung über drei Tage in Jackson Hole in Wyoming am Fuße der Rocky Mountains abgehalten werden sollte, nachdem sie im August 2020 wegen der Corona-Krise nur online ausgetragen wurde. Doch wegen der sich ausbreitenden Delta-Variante hat die Federal Reserve Bank of Kansas City, die die Konferenz organisiert, beschlossen, dass das Symposium erneut nur virtuell stattfinden und sich auf den 27. August beschränken soll. "Die Sicherheit unserer Gäste und der Gemeinde Teton County haben für uns Priorität", hieß es in einer Erklärung von Esther George, Präsidentin des Fed-Filiale von Kansas City.

Die US-Notenbank stützt die von der Corona-Krise gebeutelte US-Wirtschaft unter anderem mit monatlichen Anleihekäufen von 120 Milliarden Dollar. Innerhalb der Notenbank ist die Debatte über ein Abschmelzen der Käufe - in der Fachwelt Tapering genannt - schon weit fortgeschritten, wie aus dem Protokoll der Juli-Zinssitzung hervorgeht. Dabei wurden allerdings auch die Differenzen unter den Dollar-Wächtern deutlich, was das beste Tempo eines solchen Ausstiegs betrifft.

Angesichts der Erholung der US-Wirtschaft, die sich auch in einer kräftig gestiegenen Inflation widerspiegelt, ist für die meisten Experten der Abschied von den Krisenhilfen bereits eine ausgemachte Sache. "Aus zahlreichen öffentlichen Äußerungen der Fed-Mitglieder geht eine klare Präferenz hervor, den Tapering-Beschluss im 4. Quartal zu treffen und die Käufe gegen Jahresmitte 2022 zu beenden", meint etwa Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner.

Dies wäre ein schnelleres Tapering als im Jahr 2013/14. Die Fed hatte damals die erste Reduzierung von Anleihekäufen im Dezember 2013 angekündigt. Im Oktober 2014 waren die Käufe dann ganz eingestellt worden. "Jetzt gedenkt man offenbar das aktuelle Kauftempo von 120 Milliarden Dollar je Monat (2013 wurden 85 Milliarden Dollar pro Monat gekauft) in etwa sechs Monaten auf null zu fahren," so Weidensteiner.

SCHRITTWEISES ABSCHMELZEN DER KÄUFE ERWARTET

Die Volkswirte Pablo Villanueva, Samuel Coffin und Andrew Dubinsky von der Schweizer Großbank UBS gehen davon aus, dass die Käufe schrittweise reduziert werden. "Wir erwarten, dass die Fed zunächst das Tempo der Käufe um 15 Milliarden Dollar pro Sitzung verringern wird, aber betonen wird, dass weitere Reduzierungen abhängig sein werden von der wirtschaftlichen Lage und der Pandemie", meinen die UBS-Experten. Aus ihrer Sicht gibt es in der Fed immer noch eine recht große Gruppe von Notenbankern, die sich ein geduldiges Vorgehen beim Tapering-Beschluss wünschen. Daher sei die Wahrscheinlichkeit eher geringer, dass Powell schon eine Vorankündigung wagt.

Die Abkehr von der Präsenzveranstaltung beim Jackson-Hole-Symposium wirft zudem die Frage auf, wie die Fed inzwischen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Delta-Variante einschätzt. Es werde sicherlich eine kommunikative Herausforderung für Powell, bei der Sicht zu bleiben, dass der jüngste Anstieg der Fallzahlen nur eine geringe Auswirkung hat, wenn er seine mit Spannung erwartete Rede nur vor einer Online-Zuhörerschaft halten könne, meint etwa Steven Kelly von der Yale School of Management.

Die Europäische Zentralbank hat bereits erklärt, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde an der diesjährigen Konferenz nicht teilnehmen wird. Das Symposium fand seit 1978 jedes Jahr statt - seit 1982 in Jackson Hole. Die Veranstaltung gilt als eine wichtigsten Konferenzen der internationalen Geldpolitik und war in der Vergangenheit auch mit vielen ausländischen Gästen stets hochkarätig besetzt. EZB-Chefs waren in den jüngsten Jahren nicht immer dabei.

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