Finanzen

Warum alle Goldstandards der Geschichte bisher gescheitert sind

Die Befürworter eines neuen Goldstandards sind von dessen Vorteilen gegenüber dem derzeitigen Fiat-Währungssystem überzeugt. Doch bisher sind alle Goldwährungen gescheitert.
Autor
10.10.2021 10:00
Lesezeit: 5 min
Warum alle Goldstandards der Geschichte bisher gescheitert sind
Der Aufsatz für beide Münchner Krönungswagen (von 1813) liegt in der Sonderausstellung "Bayerns Gold" in der Nürnburger Kaiserburg in einer Vitrine. (Foto: dpa) Foto: Daniel Karmann

„Ich habe Minister Connally angewiesen, die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold oder andere Reservewährungen vorübergehend auszusetzen, außer in den Beträgen und zu den Bedingungen, die im Interesse der Währungsstabilität und im besten Interesse der Vereinigten Staaten liegen.“ Mit diesen Worten beendet US-Präsident Richard Nixon in einer Fernsehansprache am 15. August 1971 den Goldstandard von Bretton Woods. Es war nicht das erste Mal, dass ein Goldstandard nicht funktioniert hatte. Vielmehr ist seit der Antike jedes an Gold geknüpfte Währungssystem gescheitert.

Nur vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch an Gold geknüpfte Währungssysteme kein Allheilmittel, sondern bisher stets gescheitert sind, ist eine Kritik am heutigen Fiat-Währungssystem ehrlich und sinnvoll. Denn ein Goldstandard hat trotz seiner offensichtlichen Vorzüge viele der Probleme des Fiat-Geldes letztlich nicht lösen können – zumindest bisher. Wenn ein an Gold geknüpftes Währungssystem die alten Fehler nicht wiederholen will, müssen seine Befürworter die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen, statt ihre Fehler zu wiederholen.

Genau genommen war das auf der Konferenz in Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire Mitte 1944 vereinbarte globale Währungssystem gar kein echter, sondern nur eine Art Pseudo-Goldstandard. Bei einem echten oder klassischen Goldstandard ist die entsprechende Währung im Wesentlichen nur ein Mengenmaß für Gold. So entsprach zum Beispiel die Goldmark des Deutschen Kaiserreichs 1000⁄2790 Gramm Feingold. Diese Menge Gold hat heute einen Wert von rund 18 Euro.

Doch dann kam der Erste Weltkrieg, der das Deutsche Kaiserreich nicht nur viele Soldatenleben, sondern auch viel Geld kostete – mehr Geld, als der Staat vorrätig hatte, mehr Geld als er an Steuern einnehmen konnte und mehr Geld, als er sich leihen konnte. Also ging das Kaiserreich – wie auch alle anderen europäischen Kriegsparteien – einen anderen Weg: Es druckte so viele Geldscheine, dass sie bald nicht mehr in Gold eingelöst werden konnten. Dies war das Ende des klassischen Goldstandards in Deutschland und in Europa.

In den USA hielt der klassische Goldstandard noch etwas länger. Doch ab dem Jahr 1933 konnten die Bürger auch dort ihre Dollar nicht mehr in Gold einlösen, ihnen wurde der Goldbesitz sogar verboten. Stattdessen etablierten die USA einen Pseudo-Goldstandard. Dabei konnten zwar nicht die Bürger des Landes, wohl aber ausländische Regierungen und Zentralbanken ihre Dollarbestände im Verhältnis 35 Dollar pro Unze in Gold einlösen. Dieses System wurde dann 1944 in Bretton Woods als Grundlage für das gesamte Weltfinanzsystem etabliert.

Doch wie zuvor der Erste Weltkrieg eigentlich zu teuer für das Deutsche Kaiserreich gewesen war, so war der Vietnamkrieg eigentlich zu teuer für die USA. Also ging die US-Regierung in den 60er Jahren den gleichen Weg wie ein halbes Jahrhundert zuvor die Kriegsparteien in Europa. Die USA druckten viel mehr Geld, als durch Gold gedeckt war, und mussten in der Folge die vertraglich zugesicherte Konvertierung von Dollars in Gold einstellen.

Ein Goldstandard soll eigentlich eine zu starke Ausweitung der Geldmenge und die damit einhergehende Geldentwertung verhindern. Die Idee ist logisch. Aber der Grund, warum dies immer und immer wieder nicht funktioniert, besteht darin, dass die Staaten die Kopplung ihrer Währung ans Gold jederzeit beenden können, wenn sie mehr Geld ausgeben wollen, als ihnen eigentlich zur Verfügung steht. Historisch betrachtet ist dies in 100 Prozent der Fälle genau so geschehen.

In der Theorie soll ein Goldstandard Kriege verhindern, da den Staaten nur begrenzt Mittel zur Verfügung stehen. Militärische Konflikte wie der Erste Weltkrieg oder der Vietnamkrieg wären mit einem dauerhaften Goldstandard schlicht in dieser Größe nicht möglich gewesen. In der Praxis ist es jedoch bisher stets umgekehrt gewesen: Kriege (oder auch andere teure staatliche Vorhaben) haben immer wieder dazu geführt, dass nicht der Krieg verhindert, sondern der Goldstandard von den Kriegsparteien beendet wurde.

Bereits in der Antike zeigte sich immer wieder, dass ein auf Gold oder Silber beruhendes Geldsystem diese entscheidende Schwachstelle hat. Dies zeigt etwa die Entwicklung des römischen Denarius´, der über Jahrhunderte das wichtigste Zahlungsmittel war. Unter Kaiser Augustus Ende des ersten Jahrhunderts vor Christus hatte die Münze noch einen Silbergehalt von 95 Prozent. Bereits unter Kaiser Trajan im Jahr 117 enthielt der Denarius nur noch 85 Prozent Silber, unter Kaiser Marcus Aurelius im Jahr 180 nur noch 75 Prozent Silber und unter Kaiser Septimus 60 Prozent, wie Professor Joseph R. Peden von der City University of New York ausführt.

Unter Kaiser Caracalla Anfang des dritten Jahrhunderts waren die Silberdenare dann nur noch zur Hälfte aus Silber. Caracalla, der im Jahr 217 ermordet wurde, entwertete im Übrigen auch die römischen Goldmünzen. Noch unter Augustus entsprachen 45 Münzen einem römischen Pfund Gold (327,45 Gramm). Caracalla erhöhte das Verhältnis rund zwei Jahrhunderte später auf 50 Münzen pro Pfund Gold. Und nur 20 Jahre nach seinem Tod entsprachen 72 Münzen einem Pfund Gold.

Doch die eigentliche Krise kam zwischen den Jahren 258 und 275, in einer Zeit heftiger Bürgerkriege und fremder Invasionen. Die Kaiser gingen dazu über, den Münzen praktisch gar kein Silber mehr beizufügen. Um das Jahr 268 enthielt der Denarius nur noch 0,5 Prozent Silber. In der Folge stiegen die Preise in den meisten Teilen des Römischen Reiches um bis zu 1.000 Prozent an. Die einzigen, die mit Gold bezahlt wurden, waren die von den Kaisern angeheuerten barbarischen Truppen.

Befürworter eines neuen Goldstandards weisen oftmals darauf hin, dass bisher jedes Fiat-Geld der Geschichte ausnahmslos gescheitert ist und dass daher auch Dollar, Euro und alle anderen heutigen Fiat-Währungen zum Scheitern verurteilt sind. Doch mit demselben Argument kann man auch gegen den Goldstandard argumentieren, der überall und immer wieder scheitert. Nicht gescheitert sind hingegen Gold und Silber. Denn die Edelmetalle selbst haben ihren Wert besser bewahrt als alle offiziellen Münzen und Scheine. Daher wurden sie auch immer wieder zum Start eines neuen Währungssystems verwendet – oder um Barbaren zu bezahlen.

LESEN SIE AUCH:

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/514314/Wann-kommt-der-neue-Goldstandard

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/514313/Wie-ein-US-Praesident-die-Arbeiter-der-Welt-um-ihren-Lohn-brachte

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/514312/Mit-einem-Goldstandard-waere-Corona-anders-verlaufen

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/513999/Vor-50-Jahren-wurde-der-Goldstandard-aufgehoben-Steht-uns-ein-aehnlich-einschneidendes-Ereignis-bevor

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Deutschen und ihr Bargeld: Wie sich das Bezahlverhalten entwickelt
22.06.2025

Obwohl die Deutschen nach eigenen Aussagen ihr Bargeld lieben, gewinnt das bargeldlose Bezahlen auch hierzulande an Bedeutung. Das...

DWN
Technologie
Technologie Schwedische Innovation soll Wasserkrise in der Ukraine lösen
21.06.2025

Während Europa über Hilfspakete debattiert, liefern schwedische Firmen sauberes Wasser in eine vom Krieg verwüstete Region. Ist Hightech...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Afrikas Migrationspotenzial: Die globale Ordnung steht vor einer tektonischen Verschiebung
21.06.2025

Afrikas Bevölkerung wächst, während der Westen altert. Millionen gut ausgebildeter Migranten verändern schon heute globale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands stille Stärke: Wie Rechtsstaat und Verwaltung zum unterschätzten Standortvorteil werden
21.06.2025

Als Max Weber 1922 mit seiner Bürokratie-Theorie die Basis für die deutsche Verwaltung legte, galt sie weltweit als innovatives Vorbild....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Rückschlag für Elektroautos – kommt das Ende wie vor 100 Jahren?
21.06.2025

Vor 100 Jahren verschwanden Elektroautos wegen politischer Entscheidungen von den Straßen. Heute wiederholt sich die Geschichte: Donald...

DWN
Politik
Politik Wie der Westen seine Werte in der Wüste verrät: Big Tech versteckt die Probleme unter glänzenden Fassaden
21.06.2025

Big Tech hofiert autoritäre Regime vom Golf – im Tausch gegen Milliarden, Macht und Rechenzentren. Doch hinter der glitzernden Fassade...

DWN
Politik
Politik Deutschland steht vor dem historischen Aufschwung – aber es gibt ein großes Problem
21.06.2025

Mit der faktischen Abschaffung der Schuldenbremse beginnt Deutschland eine neue Ära – mit enormen Investitionen in Militär,...

DWN
Panorama
Panorama KI-Musik auf dem Vormarsch: Gefahr oder Chance für die Musikbranche?
21.06.2025

KI-Musik verändert die Musikbranche – kreativ, disruptiv, kontrovers. Künstler verlieren Kontrolle und Einnahmen. Doch wie weit darf...