Finanzen

Wer treibt die Börsen von Allzeithoch zu Allzeithoch?

Wer treibt die Aktienmärkte zu immer neuen Höhen? Andreas Kubin hat zwei Player identifiziert und beleuchtet ihre Aktivitäten.
12.09.2021 09:00
Lesezeit: 5 min
Wer treibt die Börsen von Allzeithoch zu Allzeithoch?
Händler an der New Yorker Börse. (Foto: dpa) Foto: Richard Drew

Wer sich immer noch wundert, weshalb die Aktienindizes bereits derart astronomische Höhen erreichten, findet hier eine Antwort.

So investieren beispielsweise die Österreichische Nationalbank und die EZB laut offiziellen Angaben und nach expliziter schriftlicher Korrespondenz selber nicht in Aktien, jedoch nützen auch sehr viele Großbanken in der EU das billige, zur Verfügung gestellte Geld für Aktienaufkäufe.

Blicken wir über den großen Teich, so sehen wir, dass bei Titeln aus dem Dow Jones Industrial Index oder S&P 500 nicht selten Großbanken zu den institutionellen Haltern zählen. Unter den Top Ten-Haltern finden sich dann neben Black Rock auch so klingende Namen wie „Bank of New York“ oder „Bank of America“ etc. Jeder Interessierte kann das leicht über die NASDAQ abfragen.

Das Thema würde locker ganze Bände füllen. Heute konzentrieren wir uns auf zwei Zentralbanken (synonym für Nationalbanken). Kenner der Materie beobachten die Entwicklung schon lange mit Argusaugen. Ich zähle mich dazu.

Das Börsenschwergewicht SNB

Analysieren wir die Entwicklung. Tiefergehende Recherchen fördern folgendes zu Tage:

Am 3.9.2011 berichtet die Frankfurter Allgemeine, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) als Euro-Schuldentitel nur noch deutsche und französische Staatsanleihen direkt kaufe. Die Struktur der Schweizer Devisenreserven nach Anlageform sei zu 84 % in Staatsanleihen, 6 % sonstige Anleihen und 10 % in Aktien gegliedert. Die Summe der Devisenreserven betrug damals 189 Mrd. Franken.

Nicht einmal ein Jahr später im Mai 2012 stiegen die Devisenreserven der SNB auf gewaltige 303,77 Milliarden Franken an. Ein SNB-Sprecher führte dies auf das Festhalten am Euro Mindestkurs zurück. Die Interventionen der SNB am Devisenmarkt waren heftig umstritten. Die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei warf der SNB vor, sie mache sich von der Entwicklung der Euro-Zone abhängig. Der Mindestkurs ließe sich auf Dauer nicht verteidigen und am Ende werde es zu großen Verwerfungen im Währungsgefüge kommen mit schweren Verlusten für die SNB. Auch der frühere Chef der Großbank UBS warnte: „Je länger wir daran festhalten, umso höher wird der Preis sein, den wir alle dafür bezahlen“.[1] Er sollte recht behalten. Denn die Aufhebung des Mindestkurses per 15.1.2015 für den Franken pro Euro bescherte der SNB im Jänner 2015 riesige Verluste.

Dadurch setzte offenbar ein Umdenkprozess ein. Weil die SNB ihre Währungsrisiken nicht in Form von Staatsanleihen oder reinen Devisen schultern wollte, begann sie ihre Devisenreserven wie das smart money zu investieren.

Anfang April 2013 hatte die „Die Schweizerische Nationalbank ihren Aktienbestand erhöht. Nun steckten 15 Prozent ihrer Devisenreserven in Aktien, das sind Papiere für knapp 67 Milliarden Franken (54 Milliarden Euro).“[2]

Zerohedge.com hob am 7.5.2015 unter dem Titel „Mystery buyer of stocks in the first quarter has been identified“ hervor, dass 18 % des Vermögens der SNB in ausländischen Aktien gehalten wird. Um es präziser zu definieren, die SNB besaß damals somit Anteile an 2.548 US-notierten Aktiengesellschaften im Gegenwert von 37 Milliarden US$.

Meine Annahmen wurden früher bestätigt, als ich dachte. Am 17.7.2016 rief ich wieder einmal die Website der SNB auf. Die Asset Allocation für die Devisenreserven der SNB[1] wies per 30.9.2016 (Ende 1- 3. Q. 2016) einen Aktienanteil von nun 20 % auf (dies war auch noch in Q3 2017 der Fall). Vor diesen Quartalen betrug der Aktienanteil „erst“ 18 %.

Um den Leser nicht zu langweilen, überspringen wir hier ein paar Jahre. Die zusätzlichen Daten liegen mir jedoch vor.

Per Report vom 30. September 2020 hält die Swiss National Bank an der Nasdaq 2427 Aktien Positionen zum Marktwert von 138,99 Milliarden US$.[2]

Dass faktisch alle 30 Unternehmen des Dow Jones Industrial Index unter den am schwersten gewichteten Positionen des Schweizer Nationalbank Aktien Portfolios vertreten sind, wird kaum überraschen. Ich bin nicht die restlichen 2.564 Positionen durchgegangen, doch ebenso dürften die Aktiengesellschaften des S&P 500 Index samthaft vorhanden sein.

Der Status Quo bei der SNB: Am 30. August 2021 haut es einen dann endgültig aus den Socken, denn die SNB hat laut Anlagestruktur Ende 2. Quartal 2021 ihren Aktienanteil an den Devisenreserven nochmals erhöht auf nun 23 %. In dem mir vorliegenden Geschäftsbericht 2020 der SNB sind Devisenanlagen über 910 Mrd. Franken ausgewiesen. Der Marktwert der Aktien Positionen beträgt daher Mitte 2021 mehr als 209,3 Mrd. SFR. Die Goldanlagen stiegen von 39,4 Mrd. SFR (2016) auf 55,7 Mrd. im Jahr 2020.

Mit dem neuen Generieren von Schweizer Franken wird die Bilanzsumme der SNB immer weiter ansteigen. Im Fachjargon nennt man das eine „Bilanz verlängernde Auswirkung“. Gleichzeitig akkumuliert die Schweizer Nationalbank mit dieser klugen Anlagestrategie weiteres Vermögen, denn sie kassiert die Dividendenausschüttungen der Unternehmen, an denen sie beteiligt ist. Der Anteil der Staatsanleihen ging im gleichen Zeitraum auf 66 % zurück.

Meine Implikation: Die Schweizer Nationalbank ist ein weiterer Garant für die Stabilität auf den Aktienmärkten und sie agiert dabei nicht alleine.

Das Börsenschwergewicht BoJ

Um die Jahresmitte 2016 kündigte Ministerpräsident Shinzo Abe in Fukuoka ein umfangreiches Konjunkturprogramm an, um die japanische Wirtschaft anzukurbeln. Das Konjunkturpaket beinhaltete eine 240 Milliarden Euro schwere Finanzspritze, um die schwächelnde Wirtschaft anzuschieben. Die Maßnahme solle helfen die Binnennachfrage zu stützen. Unmittelbar zuvor kündigte Japans Notenbank (BoJ) an, mehr Wertpapiere zu kaufen. Konkret beschloss die Notenbank nach zweitägigen Beratungen die Käufe spezieller Wertpapiere – und zwar handelt es sich um börsennotierte (Index)-Fonds (ETFs) – auf jährlich sechs Billionen Yen (52 Milliarden Euro) zu verdoppeln. Die Geldbasis wird parallel dazu weiterhin unverändert um jährlich 80 Billionen Yen (688 Milliarden Euro) aufgebläht. Die Leitzinsen beließ die Zentralbank bei minus 0,1 Prozent.

Dass der japanische Aktienmarkt fest in Hand der Bank of Japan ist, wie ein Börsen-Medium schreibt ist natürlich übertrieben. Wie sah es im April 2016 wirklich aus? Die BoJ stützt offenbar den japanischen Aktienmarkt, ja sie kauft ihn möglicherweise hoch. Die Beteiligung erfolgt über sogenannte ETFs. Während der Name der Japanischen Zentral-/Notenbank trotz börsenregulatorischer Anmeldepflichten nirgends unter den Top Aktien-Investoren zu finden ist (wegen der Beteiligungen über ETFs), so zählt sie doch 2016 in über 90 % der Nikkei 225 Unternehmen zu den Top ten shareholders.

Bereits im Dezember 2020 lauteten die Schlagzeilen: Bank of Japan mit 404 Milliarden US$ oder 45 Billionen Yen größter japanischer Aktienbesitzer durch Hamsterkäufe.

So konnte es nicht weitergehen. Nikkei Asia berichtet am 13. März 2021: Die Bank of Japan wird auf ihrer Vorstandssitzung Mitte März 2021 über Änderungen ihres Ansatzes zum Kauf von börsengehandelten Fonds (ETFs) nachdenken - ein möglicherweise bedeutsamer Schritt der Institution, die zum wichtigsten Halter japanischer Aktien wurde. Da die Risiken von Käufen in einem überhitzten Markt immer deutlicher werden, haben einige in der Zentralbank vorgeschlagen, das jährliche Ziel von 6 Billionen Yen (55 Mrd. $) zugunsten eines Ansatzes zu streichen, der eine größere Flexibilität bei der Anpassung an die Marktbedingungen ermöglicht.

Die BoJ hat die ETF-Käufe im Jahr 2021 dann endlich stark zurückgefahren. Der Gesamtbetrag für das laufende Jahr belief sich am 12. März 2021 auf 350,7 Mrd. Yen, ein Siebenjahrestief und ein Rückgang um 76 % gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2020. Wenn die Käufe im derzeitigen Tempo weitergingen, würde sich die jährliche Gesamtsumme auf etwa 1,8 Billionen Yen belaufen.

Zusammengefasst muss ich hier betonen, die Verantwortlichen der BoJ haben die Gefährlichkeit ihres Agierens am japanischen Aktienmarkt endlich erkannt.

Resümee: Aus den Wertpapierallokationen zahlreicher Geschäfts- und Investmentbanken sowie bestimmter Zentralbanken lässt sich durchaus ableiten, dass ein beträchtlicher – ja historisch hoher – Anteil der Aktienassets bereits in „starken Händen“ ist. Viele Kleinanleger warten neben institutionellen Anlegern – letztere oft mit beträchtlichen Cash-Positionen – auf ein Einbrechen der Börsen für einen Einstieg. Sollten keine plötzlichen „Default-Ereignisse“ eintreten, könnte es durchaus sein, dass die Börsen kommenden Herbst und Winter doch nicht in dem erhofften Ausmaß nach unten korrigieren werden.

Das Thema werde ich rückblickend nach rund 8 Monaten im Jahr 2022 erneut beleuchten.

Copyright Andreas Kubin, 5. September 2021

[1] Vgl. [www.snb.ch] id="ftn2">

[2] [www.nasdaq.com] id="ftn1">

[1] Reuters, 2012, [www.handelsblatt.com] id="ftn2">

[2] Reimer, 2013, WirtschaftsWoche Online

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Andreas Kubin

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 
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