Politik

Lagarde im Gespräch mit Schwab: „Wenn wir nicht die ganze Welt impfen, wie wir es sollten, wird COVID-19 zurückkommen, um uns zu verfolgen“

Klaus Schwab und Christine Lagarde kennen sich seit 20 Jahren. Sie mögen und verstehen sich sehr. Im Gespräch mit Schwab machte EZB-Chefin Lagarde deutlich, dass möglichst die gesamte Welt geimpft werden muss, damit das Corona-Virus nicht „zurückkommt, um uns zu verfolgen“.
07.09.2021 19:33
Aktualisiert: 07.09.2021 19:33
Lesezeit: 2 min
Lagarde im Gespräch mit Schwab: „Wenn wir nicht die ganze Welt impfen, wie wir es sollten, wird COVID-19 zurückkommen, um uns zu verfolgen“
Klaus Schwab und Christine Lagarde im Gespräch. (Screenshot)

Am 1. September 2021 diskutierten die EZB-Chefin Christine Lagarde und der Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, über die Corona-Krise, das Finanzsystem und die Globalisierung. Die wichtigsten Abschnitte werden in dieser Meldung dokumentiert.

Die Diskussion wurde auf der Webseite des Magazins „TIME“ und auf der Webseite des WEF dokumentiert. Schwab machte klar, dass er Lagarde seit 20 Jahren kennt. Die EZB-Chefin wörtlich: „Vielen Dank, Klaus. Ja, es waren 20 Jahre glücklicher gemeinsamer Reisen, bei denen wir uns oft über den Weg gelaufen sind. Wir betrachteten die Welt, wie sie sich entwickelte, und versuchten, Wege zu finden, sie zu verbessern, sofern wir es konnten. Und ich möchte Deine Bemühungen auf dieser Reise begrüßen.“

Die EZB-Chefin betonte im Gespräch mit Schwab, dass sehr schnell Impfstoffe entwickelt werden konnten. „Und dann haben wir dank der Globalisierung in vielerlei Hinsicht – und das möchte ich gerne erweitern – in kürzester Zeit Impfstoffe entwickelt – etwas, was noch nie dagewesen ist. Von einer Pandemie, die im Februar begann, standen uns im Dezember Impfstoffe zur Verfügung. Normalerweise dauert es mehr als fünf Jahre, um zu experimentieren und einen erfolgreichen Impfstoff zu entwickeln. Diesmal waren es neun Monate statt fünf Jahre. Und dies ist weitgehend eine Geschichte der Globalisierung“, so Lagarde voller Freude.

Die Notenbankerin setzt sich für ein schnelleres Impftempo ein. Sie meint: „Neben der Unterstützung der Genesung müssen wir impfen. Wenn wir nicht die ganze Welt impfen, wie wir es sollten, wird COVID-19 zurückkommen, um uns zu verfolgen – und das Virus wird zurückkommen, um uns zu verletzen. Dafür muss die Welt ein bisschen großzügiger sein (...) Wie Sie wissen, verblüfft mich die Tatsache, dass die gesamte Weltgemeinschaft nicht 50 Milliarden Dollar aufbringen kann, um die Impfung in den Ländern der Welt anzugehen, in denen nur zwei Prozent der Bevölkerung geimpft sind – ich meine die Länder mit niedrigem Einkommen.“

Schwab fragte sie: „Meine Frage wäre, was können Institutionen wie die EZB und auch Zentralbanken tun, damit die Geldpolitik wirklich zu einem gesünderen Leben und einem gesunden Planeten beiträgt? Und welche Auswirkungen hätte der Kampf gegen den Klimawandel und der Erhalt von Natur und Biodiversität konkret für unser Wirtschaftsmodell? Viele Menschen befürchten, dass es uns (viel, Anm.d.Red.) kostet und mit einer Einschränkung unseres Lebensstils und unserer Lebensqualität einhergeht. Können wir die Bemühungen um eine grüne Wirtschaft mit wirtschaftlichen Kosten kombinieren?“

Lagarde: „Das sind tolle Fragen (...) Welche Rolle können Zentralbanken im Kampf gegen den Klimawandel spielen? Und das ist ein höchst umstrittenes Thema. Es gibt einige traditionelle Denker, die der Meinung sind, dass sich Zentralbanken ganz aus diesem Geschäft heraushalten und sich ausschließlich auf Inflation und Preisstabilität konzentrieren sollten. Dem widerspreche ich selbst vehement (…) Der Klimawandel wirkt sich auf die Bewertung von Vermögenswerten aus, weil er Unternehmen ein Risiko aussetzt. Nicht nur die Vermögenswerte, die sie besitzen, sondern auch die Produkte, die sie herstellen. Und das ist im Moment noch nicht sehr gut erfasst.“

Schwab und Lagarde führten ein durchaus freundliches und impulsives Gespräch. Es wurde deutlich, dass sie sich wirklich seit Jahrzehnten sehr gut kennen. Unklar bleibt, ob sie imstande sein werden, das Impftempo zu erhöhen.

Der Webseite „Our World Data“ zufolge wurden bisher nur 2,19 Milliarden Menschen vollständig geimpft. Bedeutet das, dass der weltweite Corona-Notstand mindestens bis zum Jahr 2023 andauern wird? Oder dient der Hinweis von Lagarde als Druckmittel auf die Ungeimpften in den Industrieländern, in denen Impfstoffe zugänglich sind?

Lagarde und Schwab haben sicherlich Antworten auf diese kritische Fragen, die von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt ist – zumindest noch.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rente und Lebensarbeitszeit: Beamte sollen länger arbeiten, weil sie im Schnitt länger leben
15.08.2025

Die Deutschen sollen länger arbeiten, fordert die Wirtschaftsministerin, auch um die Sozialsysteme abzusichern. Für das Rentensystem hat...

DWN
Politik
Politik Spitzbergen: Russland hat 100 Jahre nach dem Spitzbergen-Vertrag die Arktis genau im Blick
15.08.2025

Vor 100 Jahren wurde der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet – ein Abkommen mit besonderer geopolitischer Brisanz. Heute sorgen Norwegen...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerlast: Wie Deutschland Durchschnittsverdiener abzockt und Spitzenverdiener entlastet
15.08.2025

Deutschland hat die zweithöchste Abgabenlast weltweit – aber nur für Normal- und Geringverdiener. Ein OECD-Vergleich zeigt, dass...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzministerium will private Investitionen erleichtern
15.08.2025

Das Finanzministerium plant Änderungen, die private Investitionen in Deutschland attraktiver machen sollen. Doch reichen neue Gesetze und...

DWN
Panorama
Panorama Steuerzahlerbund: Beamtenstatus kritisch hinterfragen
15.08.2025

Der Streit um den Beamtenstatus gewinnt an Schärfe: Politiker und Verbände ringen um Reformen, Kosten steigen, und Bürger fragen sich:...

DWN
Finanzen
Finanzen Symrise-Aktie: Aromenhersteller mit Riecher fürs Milliarden-Geschäft
15.08.2025

Symrise zählt zu den weltweit größten Herstellern von Duft- und Geschmackstoffen. Der Konzern aus Holzminden beliefert Kunden in mehr...

DWN
Politik
Politik Putin nutzt Alaska-Gipfel, um Trump wirtschaftliche Zugeständnisse abzuringen
15.08.2025

Während in Alaska die Kameras auf Donald Trump und Wladimir Putin gerichtet sind, will der Kreml den Ukraine-Krieg ausblenden – und den...

DWN
Finanzen
Finanzen AMD-Aktie: Starkes Wachstum, hohes Risiko – der Raketenstart aus dem Schatten von Nvidia
15.08.2025

Die AMD-Aktie jagt aus dem Schatten von Nvidia mit aggressivem Wachstum nach vorn – doch hinter den glänzenden Zahlen lauern politische...