Im zweiten Teil seiner Analyse zu falschen Propheten zieht DWN-Autor Jakob Schmidt die Parallelen zur heutigen Zeit. Krisen und das Spiel mit der Angst sind nichts Neues in der jüngeren Geschichte der Menschheit.
Im ersten Teil unseres großen Analyse zu falschen Propheten ging es um den Marxismus. Die vermeintlich gescheiterte Ideologie ist auch heute noch hochrelevant, weil es die Verelendungstheorie bis in die Moderne geschafft hat – in neuem Gewand versteht sich. Ansätze der Verelendungstheorie finden sich unter anderem in der Angst vor einer Überbevölkerung und der - nicht immer sachlich geführten - Klima-Debatte.
In den 1970er-Jahren trat der Club of Rome mit Weltuntergangsprognosen an die Öffentlichkeit, die sich aber als falsch erwiesen. Mittlerweile wurden die Vorhersagen mehrfach erneuert sowie überarbeitet und bis heute hat der Club of Rome seine Relevanz. Ähnlich apokalyptische Vorhersagen kommen ganz aktuell von der Great Reset Initiative des Weltwirtschaftsforums, deren führende Köpfe ein Patentrezept gegen den Aufbrauch endlicher Ressourcen, die Überbevölkerung und schädliches Wachstum anbieten. Sind der Club of Rome, das Weltwirtschaftsforum und ihre Mitstreiter die falschen Propheten von heute? Wir steigen tief in die Analyse ein.
Falsche Prophetie des Club of Rome: Endlichkeit der Ressourcen und schädliches Wachstum
Der „Club of Rome“ ist eine von konzernnahen Stiftungen finanzierte Denkfabrik, die es sich laut eigenen Angaben zur Aufgabe macht „die wichtigsten Zukunftsprobleme der Menschheit durch interdisziplinäre und langfristig ausgerichtete Forschung zu identifizieren“ und entsprechende Handlungs-Empfehlungen bereitzustellen.
1972 sorgte ein Forscherteam mit der im Auftrag des Club of Rome verfassten Studie „Grenzen des Wachstums“ für globales Aufsehen.
Nachhaltiges Wirtschaften versus Überbevölkerung und Konsumterror
Weniger Kinder, Konsum und Kommerz für mehr Lebensqualität, Gerechtigkeit und Umweltschutz – das forderten die Autoren und übten damit einen großen Einfluss auf die damals noch recht neue Umweltbewegung aus. Allerdings ist keine ihrer Vorhersagen auch nur ansatzweise eingetroffen und knapp 50 Jahre später hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt und der globale Konsum verzehnfacht.
In wenigen Sätzen zusammengefasst, kommt die Studie zu folgendem Ergebnis: Auf einem Planeten mit endlichen materiellen Ressourcen ist grenzenloses Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum unmöglich. Das gefährliche exponentielle Wachstum müsse sofort stabilisiert werden, denn ansonsten würde das Wirtschaftssystem bis spätestens 2100 zusammenbrechen. Die meisten Rohstoffvorkommen würden ohne systemische Veränderungen innerhalb der nächsten 40 bis 50 Jahre vollständig aufgebraucht oder nur noch sehr kostspielig zu erschließen sein. Insbesondere eine baldige Öl-Knappheit wurde hervorgehoben. Auch Agrarland drohe bereits in wenigen Jahrzehnten knapp zu werden.
Manche Experten kritisierten den Bericht seinerzeit als unwissenschaftlich und warfen den Verfassern übermäßige Vereinfachungen, Hochrechnungstricks und Innovationsblindheit vor. Die Forscher bekannten tatsächlich freimütig, mit ihren Modellen die Zukunft nicht vorhersagen zu können. Der leitende Autor Dennis Meadows hat später zugegeben, dass er den Großteil der Zeit damit verbracht habe, das Computermodell so zu bearbeiten, dass es die „gewünschten“ Ergebnisse erzielte. Die Autoren wollten lediglich Verhaltensänderungen anregen, bevor es dafür zu spät sei. Wie den Marxisten geht es dem Club of Rome also offenbar nicht um die Wahrheit, sondern um gesellschaftliche Relevanz.
Ziel sollte es sein, die Welt in einem ökologischen und wirtschaftlichen Gleichgewichtszustand zu halten. Die skizzierte Welt im Gleichgewichtszustand setzt im Grunde eine zentrale Planungsinstanz voraus – und zwar weltweit koordiniert. Diese Instanz bestimmt, wer wie viele Kinder bekommen, Rohstoffe verbrauchen und Güter produzieren darf – für viele eine dystopische Vorstellung.
Die am meisten entwickelten Weltregionen (mit dem höchsten Ressourcenverbrauch) sollten teilweise gar kein Wirtschaftswachstum mehr haben. Heute gilt diese Idee vom „Nullwachstum“ als überholt. Stattdessen wird ein nachhaltiges und grünes Wachstum angestrebt. Eins ist allerdings gleichgeblieben: die Propagierung des freiwilligen Konsum-Verzichts.
Die unbegründete Angst vor „Peak Oil“ und der „Rußpartikel-Eiszeit“
Im damaligen Zeitgeist waren Untergangs-Vorhersagen keine Seltenheit. Einige davon wurden wieder fallen gelassen oder von der Realität eingeholt.
Ebenfalls in den 70er-Jahren war für kurze Zeit von einer drohenden globalen Eiszeit die Rede. Damals hieß es, dass die hauptsächlich von der westlichen Industrie in die Luft geblasenen Rußpartikel die Atmosphäre verdunkeln und damit zu einer dramatischen Abkühlung des Weltklimas führen würden. Etwa zehn Jahre später begann die Hysterie um Kohlendioxid, Klimawandel und globale Erwärmung – erst gab es also die Angst vor der globalen Eiszeit, heute droht die Klima-Katastrophe mit exakt umgekehrten Vorzeichen.
Ein paar Jahrzehnte früher, in den 50er Jahren, war von einem baldigen Ende der Erdöl-Reserven die Rede. Demnach hätte uns das schwarze Gold schon vor 20 Jahren ausgehen sollen. Die Angst vor „Peak Oil“ stellte sich als falsch heraus – bis heute ist von dem Rohstoff reichlich vorhanden.
Die Denkfehler des Club of Rome und populäre Wirtschaftsmythen
Ängste vor einer Überbevölkerung gab es hingegen schon, als es auf der Erde weniger als eine Milliarde Menschen (heute sind es knapp 8 Milliarden) gab. Seit sich die Menschheit aus der malthusianischen Falle befreit hat, sollte man sich darum per se keine Sorge machen. Die Menschheit würde mehrfach allein auf dem australischen Kontinent Platz finden.
Entscheidend ist nicht das Wachstum der Bevölkerung, sondern das Wachstum der Wirtschaft beziehungsweise der Produktivität. So etwas wie „schädliches Wachstum“ existiert nicht, und es gibt auch keinen „Wachstumszwang“ im Kapitalismus, die Wirtschaft wächst durch technischen Fortschritt auch ganz ohne steigende Bevölkerungszahlen.
Der Club of Rome unterschätzt(e) den wundersamen Effekt von technischem Fortschritt und steigender Produktivität, welchen man nur als Aufschub, aber nicht als Lösung des Problems ansah.
Zitat aus dem Bericht: „Technologische Lösungsversuche allein haben zwar die Periode des Wachstums von Bevölkerung und Industrie verlängert, erwiesen sich aber offensichtlich als ungeeignet, die endgültigen Grenzen des Wachstums zu beseitigen.“ (S. 128)
Dass technologische Entwicklung nichts an der Endlichkeit des Gesamtsystems ändern würden, ist grober Unfug, wo doch genau solche Entwicklungen entscheidend daran waren, dass Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft im Zuge der Industrialisierung derart explodieren konnten.
Für ein baldiges Ende der Rohstoff-Vorkommen auf der Erde gibt es derweil – allen Prognosen zum Trotz – aus geologischer Sicht keine Anzeichen. Vorräte sind teilweise (mit heutiger Technik) nur schwer zu erschließen oder noch gar nicht erforscht. Wie viele Reserven es tatsächlich gibt und ob sich neue bilden können, weiß niemand so genau. Rohstoffe sind substituierbar und teils synthetisch herstellbar. Und der Rohstoff-Bedarf richtet sich am Stand der Produktions-Technik aus, der sich ständig mit der Verbraucher-Nachfrage ändert. In Zukunft könnten ganz andere Rohstoffe gefragt sein (Stichwort: 3D-Druck, Fertigung on-demand).
Bevor man mit dem Kopf schüttelt über all die falschen Vorhersagen, muss man einräumen, dass vom Beginn der Industrialisierung bis etwa 1970 tatsächlich ein relativ enger Zusammenhang von Wirtschaftswachstum mit Energie- und Rohstoffverbrauch bestand. Aber genau wie Marx dachte man zu statisch. Wachstum ist nicht beschränkt durch (endliche) Ressourcen, sondern durch menschliches Wissen – und das ist theoretisch unbegrenzt.
Eine freie Marktwirtschaft schützt darüber hinaus knappe Produktionsmittel, weil sie teurer werden. Wer billiger produziert, der schont knappe Ressourcen und wirtschaftet demnach effizienter, nachhaltiger und umweltfreundlicher. Jedes Unternehmen sucht nach neuen Möglichkeiten, um effizienter (also mit weniger und billigeren Rohstoffen sowie niedrigerem Energieaufwand) zu produzieren, weil es aus Eigeninteresse an möglichst geringen Kosten interessiert ist.
Warum genau ist ein vermeintlicher „Konsumwahn“ überhaupt schädlich? Was Menschen mit ihrem erarbeiteten Einkommen machen, sollte ganz allein ihre Sache sein. Heutzutage wird über zu billige Milch, zu billiges Mehl und zu billiges Fleisch diskutiert. Der Staat solle eingreifen und Nahrungsmitteln künstlich verteuern. Dieser Gedanken ist nicht nur völlig absurd, sondern auch gefährlich. Landwirtschaftliche Überproduktion ist die Grundvoraussetzung einer wohlhabenden arbeitsteiligen (technisch hochentwickelten) Wirtschaft.
In einem 2004 veröffentlichten Update der Studie „Grenzen des Wachstums“ datierten die Autoren den Kollaps auf 2030 vor – wenn wir so weitermachen würden wie bisher. Dieses Datum hat auch das Weltwirtschaftsforum (WEF) als Zeitfenster für den geplanten gesellschaftlichen Umbruch durch den „Great Reset“ auserkoren.
Weltwirtschaftsforum und Great Reset: Die (falschen?) Propheten von heute
Laut WEF würde die Corona-Krise „ein einzigartiges Zeitfenster“ bieten, um den „Großen Neustart“ der Gesellschaft voranzutreiben. An dem gegenwärtigen „historischen Scheideweg“ müssten sich die politischen und wirtschaftlichen Entscheider der Welt mit „den Ungereimtheiten, Unzulänglichkeiten und Widersprüchen“ auseinandersetzen, welche die gegenwärtigen Systeme der Gesundheitsversorgung und Bildung bis hin zu Finanzen und Energie kennzeichnen.
Das Weltwirtschaftsforum definiert eine „nachhaltige Entwicklung“ als das Hauptziel der globalen Maßnahmen im Rahmen des Great Reset. Der gesellschaftliche Wandel fordere eine globale Zusammenarbeit, um die vierte industrielle Revolution dazu zu nutzen, „die Gesundheit der Umwelt“ wiederherzustellen und „soziale Verträge, Fähigkeiten und Arbeitsplätze“ neu zu gestalten.
Der Vorsitzende des WEF, Klaus Schwab, sagte wörtlich: „Wir müssen sicherstellen, dass die neuen Technologien in der digitalen, biologischen und physischen Welt weiterhin den Menschen in den Mittelpunkt stellen und der Gesellschaft als Ganzes dienen, indem sie allen einen fairen Zugang ermöglichen […]. Wir brauchen ein Umdenken, den Übergang vom kurzfristigen zum langfristigen Denken.“ In Bezug auf Vorwürfe, dass die Agenda des Great Reset sozialistisch sei, vermerkte das Weltwirtschaftsforum, dass Kapitalismus und Sozialismus miteinander verschmelzen müssten. Das Wirtschaftsmodell der Zukunft müsse integrativ sein und Reichtum breiter umverteilt werden.
Wer genau hinschaut, erkennt in den Aussagen der Macher des Great Reset über die gegenwärtigen gesellschaftlichen Zustände (genauso wie in manchen Prognosen des Club of Rome) eine Art neuaufgelegte Verelendungstheorie.
In dem Werbefilm „Acht Vorhersagen für die Welt in 2030“ werden dann auch konkrete Prognosen aufgestellt, die eine Mischung aus technischen Entwicklungssprüngen, Planwirtschaft und Ökologie beschreiben. Besonders interessant sind diese drei Punkte:
- „Alle Produkte werden nur als Dienstleistungen (auf Leihbasis, Anm. d. Red.) verfügbar sein. Sie werden nichts besitzen – und Sie werden darüber glücklich sein“.
- „Sie werden viel weniger Fleisch essen – Fleisch wird ein gelegentlicher Leckerbissen sein, kein Grundnahrungsmittel, zum Wohle der Umwelt und unserer Gesundheit“.
- Die Menschen können sich darauf vorbereiten, zum Mars zu fliegen und eine Reise zu beginnen, um außerirdisches Leben zu finden.
Wir werden sehen, ob sich diese Vorhersagen bewahrheiten werden. Genügend politischer Wille ist – wie man in diesen Tagen schmerzlich beobachten kann – auf jeden Fall vorhanden.
Jedes totalitäre System beginnt damit, dass irgendjemand irgendwelche Vorstellungen davon hat, wie die Menschen – vermeintlich besser, glücklicher, gerechter – zu leben haben und dieser angebliche Weltverbesserer mit mal mehr, mal weniger rabiaten Mitteln seine Ideen durchsetzt. Dieses Prinzip ist eine sich immer wiederholende Geschichte – sie reicht von Karl Marx über den Club of Rome bis hin zum Great Reset.