Deutschland

Tod einer fünfjährigen Jesidin: Lebenslange Haftstrafe für Iraker gefordert

Lesezeit: 2 min
08.11.2021 16:38  Aktualisiert: 08.11.2021 16:38
Die Terrormiliz IS führte einen systematischen Vernichtungsfeldzug gegen die Jesiden. Die Grausamkeit wird in einem Prozess in Frankfurt deutlich, in dem Ende November das Urteil fallen soll.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im Frankfurter Prozess um den Tod eines kleinen Mädchens aus der Volksgruppe der Jesiden hat die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert. Zudem solle die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden, forderte die Vertreterin der Bundesanwaltschaft am Montag in ihrem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Eine Strafaussetzung nach 15 Jahren wäre angesichts der Taten des angeklagten Irakers nicht angemessen.

Der 31-Jährige habe das Mädchen im Hochsommer 2015 eine Stunde lang in glühender Mittagshitze und praller Sonne im Innenhof seines Hauses im Irak an ein Fenstergitter gefesselt, um es zu bestrafen. Kurz darauf sei das Mädchen an den Folgen dieser Misshandlung gestorben.

Taha Al-J. habe die Fünfjährige gemeinsam mit ihrer Mutter mindestens einen Monat lang als Sklavin gehalten. Er sei Mitglied der Terrormiliz IS gewesen, die einen organisierten Vernichtungsfeldzug gegen die Jesiden geführt habe, sagte Bundesanwältin Anna Zabeck. Sie wertete die Tat unter anderem als Körperverletzung mit Todesfolge. Das Mädchen sei vermutlich einem Hitzschlag erlegen.

Zudem habe sich der 31-Jährige des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Er misshandelte auch die Mutter des Mädchens, die wie ihre kleine Tochter vom Angeklagten gefangen gehalten, mehrfach geschlagen und zudem zu unentgeltlicher Arbeit gezwungen worden sei. Er habe beide auch gezwungen, den muslimischen Glauben auszuüben. Die Frau habe bleibende körperliche und erhebliche seelische Schäden erlitten. Dafür solle er 50 000 Euro Schmerzensgeld bezahlen.

Die Mutter tritt in dem Verfahren als Nebenklägerin auf. Auch ihre Anwälte sprachen in ihrem Plädoyer von Völkermord an der jesidischen Glaubensgemeinschaft, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – und forderten eine lebenslange Strafe. Die Tötung des kleinen Mädchens sei aber als Mord zu werten. Auch die Nebenklage verlangte Schmerzensgeld und stellte die Höhe ins Ermessen des Gerichts.

Der IS habe mutmaßlich auch den Vater der Fünfjährigen ermordet, er sei verschollen, ebenso wie ein Sohn der Familie, erklärten die Anwälte. Die Mutter sei nach ihrer Verschleppung durch den IS mehrfach weiterverkauft und vergewaltigt worden. Sie lebt nun mit einem weiteren Sohn in Deutschland. Sie wolle, dass die Welt vom Schicksal der Jesiden erfahre und die Täter zur Verantwortung gezogen würden.

Das Urteil in dem Prozess soll Ende November verkündet werden, nachdem zuvor die Verteidigung ihr Schlussplädoyer gehalten hat. Der angeklagte Iraker steht seit April vergangenen Jahres vor Gericht, er war im Mai 2019 in Griechenland festgenommen und einige Monate darauf nach Deutschland ausgeliefert worden.

Der 31-Jährige war nach islamischem Recht mit einer Deutschen verheiratet, seine ehemalige Frau Jennifer W. wurde im Oktober vom OLG München zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass sie tatenlos bei der Misshandlung des Kindes zugesehen hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...