Deutschland

Ampel gegen Union: Bundestag macht Weg für neues Corona-Maßnahmenpaket frei

Die Ampel-Parteien haben unter heftiger Gegenwehr der Union ihre Änderungen am Infektionsschutzgesetz durchgebracht.
18.11.2021 14:37
Lesezeit: 2 min
Ampel gegen Union: Bundestag macht Weg für neues Corona-Maßnahmenpaket frei
Bundesadler und deutsche Flagge im Bundestag. (Foto: dpa) Foto: Rolf Vennenbernd

Der Bundestag hat den Weg für neue Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie freigemacht. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP setzten am Donnerstag mit ihrer Mehrheit eine Änderung des Infektionsschutzgesetz durch, das einerseits neue Maßnahmen wie 3G-Regeln am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Verkehrsmitteln vorsieht, den Ländern aber andererseits keine flächendeckenden Schulschließungen, Ausgangssperren oder generelle Lockdowns mehr erlaubt. Von den 416 Abgeordneten der drei Ampel-Fraktionen stimmten 397 für das Gesetz. Die Union votierte gegen das veränderte Infektionsschutzgesetz, dem am Freitag noch der Bundesrat zustimmen muss. Dort gilt eine Mehrheit als nicht gesichert.

Im Bundestag gab es einen heftigen Schlagabtausch, in dem sich Rednerinnen und Redner der Ampel-Parteien und von CDU/CSU gegenseitig Verantwortungslosigkeit angesichts neuer Rekordwerte bei Infektionen vorwarfen. Die Union forderte, die epidemische Lage von nationaler Tragweite zu verlängern, die zum 25. November ausläuft. Die Ampel-Parteien lehnten dies ab und betonen, dass das neue Infektionsschutzgesetz eine sehr viel bessere Rechtsgrundlage für Corona-Beschränkungen sei. Linken-Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch warf der SPD vor, dass sie bei niedrigen Corona-Zahlen immer für eine Verlängerung gestimmt habe, dies aber nun trotz der Rekordwerte ablehne. Das Robert-Koch-Institut meldete 65.371 Neuinfektionen, so viel wie noch nie an einem Tag.

"Wir behalten das hohe Schutzniveau nicht nur, sondern wir erhöhen es", sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar und verwies auf ausgeweitete 3G- und 2G-Regeln. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, und die Grünen-Co-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warfen der Union vor, nicht konkret zu sagen, welche Maßnahmen sie denn zusätzlich für die Länder forderten. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte, dass die Unionsfraktion selbst eine Übergangsfrist härterer Maßnahmen bis zum 15. Dezember beantragt habe, die nun von Unions-Ländern als unzureichend kritisiert wird. Redner von SPD, Grünen und FDP warfen vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, dass er trotz sehr hoher Corona-Zahlen in dem südöstlichen Bundesland viel zu langsam auf die steigenden Infektionszahlen reagiert habe. Bayern verzeichnet mittlerweile die zweithöchste Inzidenz aller Bundesländer, die Impfquote liegt unter dem Durchschnitt.

Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) wiederum kritisierte wie andere Redner von CDU/CSU, dass die Reaktionsmöglichkeiten der Länder durch das Gesetz der Ampel-Parteien in einer heiklen Phase der Pandemie eingeschränkt würden. Dies hatten auch die unionsgeführten Länder sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bemängelt.

Am Nachmittag kommen Kanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten zu Beratungen über die Corona-Lage zusammen. Dabei soll es unter anderem darum gehen, ob sich die Länder darauf einigen können, ab bestimmten Schwellenwerten von in Krankenhäusern eingewiesenen Corona-Erkrankten zusätzliche Corona-Beschränkungen zu verhängen.

Der Bundesrat muss dem Gesetzentwurf am Freitag zustimmen, damit das neue Infektionsschutzgesetz in Kraft treten kann. Eine Mehrheit dort gilt wegen des Widerstands der unionsgeführten Länder und von Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) aber als unsicher. Sollte am Ende weder die epidemische Lage verlängert noch das Infektionsschutzgesetz verändert werden, drohen die Länder die Rechtsgrundlage für ihre Corona-Maßnahmen zu verlieren. Die Union bot am Donnerstag eine weitere Sondersitzung des Bundestages in der kommenden Woche an, so dass man dann angesichts der erwarteten weiteren Verschärfung der Corona-Lage erneut über die Verlängerung der epidemischen Lage abstimmen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...