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Bundesverfassungsgericht: Bundesnotbremse war verfassungsgemäß

Die im April 2021 beschlossene Bundesnotbremse mit nächtlichen Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen war laut Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz vereinbar.
30.11.2021 11:43
Aktualisiert: 30.11.2021 11:43
Lesezeit: 2 min
Bundesverfassungsgericht: Bundesnotbremse war verfassungsgemäß
Die sogenannte Corona-Notbremse in der dritten Pandemie-Welle im Frühjahr war rechtens. (Foto: dpa) Foto: Robert Michael

Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesnotbremse mit nächtlichen Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen sowie Schulschließungen für verfassungsgemäß erklärt. Die Ende April im Kampf gegen die Corona-Pandemie vorübergehend verhängten Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen seien verhältnismäßíg gewesen, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des Ersten Senats.

In einem weiteren Beschluss wurde das Verbot von Präsenzunterricht im Ergebnis gebilligt. Das Recht auf schulische Bildung sei nicht verletzt worden. Der aus acht Richterinnen und Richtern bestehende Senat entschied einstimmig. Die Ende April beschlossene Bundesnotbremse war Ende Juni ausgelaufen. (AZ: 1 BvR 781/21, 971/21 u.a.)

Die Verfassungsrichterinnen und -Richter betonten allerdings, dass die Einschränkungen erheblich in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingriffen. Sie seien angesichts der "äußersten Gefahrenlage der Pandemie" mit der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems jedoch gerechtfertigt gewesen. Auch formell sei das Gesetz zur Bundesnotbremse verfassungsgemäß verabschiedet worden.

Bezüglich der Schulschließungen stellt das Gericht allerdings einschränkend fest, dass dies für die Sach- und Erkenntnislage gilt, die im April 2021 bestand. Von maßgeblicher Bedeutung war für die Verfassungsrichter, dass alternativ Distanzunterricht angeboten wurde. Auch die Befristung der Maßnahme habe dazu beigetragen, "dass der schwerwiegende Eingriff in das Recht auf schulische Bildung noch zumutbar war."

Wegen hoher Corona-Inzidenzzahlen waren am 23. April 2021 Regelungen über nächtliche Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen in Kraft getreten: Überschritt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen den Wert von 100, durften in den betroffenen Städten oder Landkreisen Personen ihre Wohnungen zwischen 22.00 und 5.00 Uhr morgens nur aus wichtigem Grund verlassen.

Amateursport von Einzelpersonen blieb allerdings bis 24.00 Uhr erlaubt. Familien durften sich maximal mit einer Person aus einem fremden Haushalt treffen. Kinder unter 14 Jahren wurden dabei nicht mitgezählt. Weiter wurden Schulschließungen beschlossen, wenn die Inzidenz an mehreren Tagen in der betroffenen Region über 165 lag. Die Maßnahmen endeten zum 30. Juni 2021.

Gegen die Einschränkungen legten hunderte Privatpersonen, aber auch Organisationen und 80 FDP-Bundestagabgeordnete, darunter unter anderem FDP-Chef Christian Lindner und der künftige Bundesjustizminister Marco Buschmann, Verfassungsbeschwerden ein.

Bereits im Mai 2021 hatte der Erste Senat in einem Eilverfahren den Stopp der Maßnahmen abgelehnt. Jetzt wurden erstmals in der Hauptsache entschieden. Rund 100 Verfassungsbeschwerden sind allerdings noch anhängig. Sie betreffen unter anderen die Schließungen im Einzelhandel sowie der Gastronomie.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichts "die Grundlage für eine neue Bundesnotbremse". Kanzleramtschef Braun forderte ein "klares Signal für eine neue Notbremse". Und auch Grünen-Co-Chef Robert Habeck zeigte sich offen dafür, das gerade erst beschlossene neue Infektionsschutzgesetz zum 15. Dezember zu verschärfen.

Dagegen lehnte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle Ausgangssperren weiter ab. "Dass der Gesetzgeber im April 2021 Ausgangsbeschränkungen einführen durfte, bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber im Dezember 2021 Ausgangsbeschränkungen einführen muss", schrieb der Bundestagsabgeordnete bei Twitter.

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