Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die neue Bundesregierung vor einem Kurswechsel in der Außenpolitik gewarnt. „In anderen Ländern nach dem Motto ‚Am grünen Wesen soll die Welt genesen‘ aufzutreten, wird definitiv nicht funktionieren“, sagte Schröder dem Nachrichtenportal T-Online. Wenn man mit China Weltklimapolitik machen wolle, könne „man das Land nicht jeden zweiten Tag - aus welchen Gründen auch immer - in den Senkel stellen.“ Weiter sagte Schröder: „Wenn ich mir die China-Politik angucke, ist deshalb auch die nächste Regierung gut beraten, das zu machen, was alle ihre Vorgänger getan haben, also ein gutes Verhältnis zu diesem auch ökonomisch und politisch so wichtigen Land zu pflegen.“
Gleiches gelte auch für die Beziehungen zu Russland, der Türkei und Saudi-Arabien. „Auch da wird es nicht gelingen, unseren Maßstab auch zu ihrem zu machen“, sagte Schröder. Es brauche in internationalen Fragen „ein bisschen mehr Sensibilität“, als sie die Grünen derzeit an den Tag legten. Schröder sagte weiter, es gehe nicht um einen kritiklosen Dialog und die Aufgabe eigener Wertvorstellungen. Aber Deutschland solle auch nicht hochnäsig dozierend daherkommen und politisch die Isolierung dieser Staaten anstreben. „Aus einem ganz simplen Grund: So erreichen wir rein gar nichts“, so Schröder. „Eine moralisierende Außenpolitik wird nichts bewirken.“
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Schröder öffentlich kritisch zur Politik der Grünen äußert. Im Juli warnte er, die übertriebene Klima-Agenda der Partei werde bei einer Realisierung der Vorstellungen zur De-Industrialisierung Deutschlands und dem Verlust von Millionen Arbeitsplätzen führen.
Baerbock kündigt „wertegeleitete Außenpolitik“ an
Die designierte deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sieht China gleichzeitig als Partner und Rivalen. Die Grünen-Politikerin sagte am Montag in Berlin, mit China „als einem größten Player dieser Welt“ müsse man kooperieren, „bei internationalen globalen Fragen wie dem Klimaschutz, der Pandemiebekämpfung, aber eben auch der globalen Zusammenarbeit in der Welt“. Sie fügte hinzu: „Neben Kooperation sind wir aber auch Wettbewerber, wenn wir uns die zentralen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit anschauen und in anderen Bereichen Systemrivale“. Notwendig sei daher eine starke gemeinsame europäische China-Politik.
Äußerungen Baerbocks aus der vergangenen Woche hatten für Wirbel gesorgt. Sie hatte in einem Interview der tageszeitung gesagt: „Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde.“ Eine „wertegeleitete Außenpolitik“ müsse immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte sein. Konkret brachte Baerbock ein Importverbot für Produkte aus der chinesischen Region Xinjiang ins Spiel.
Eine Sprecherin der chinesischen Botschaft in Berlin schrieb dazu, dass „manche Menschen“ mit Blick auf die chinesisch-europäischen und chinesisch-deutschen Beziehungen zunehmend Unterschiede und Differenzen in den Vordergrund rückten und von „Systemwettbewerb“ sprächen. China sei bereit, mit der neuen Bundesregierung die gemeinsamen Interessen „auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt, Gleichberechtigung und gegenseitigem Nutzen“ auszubauen.