Politik

Militärausgaben der EU-Staaten steigen auf Rekordsumme

Die EU-Mitgliedsstaaten haben im vergangenen Jahr so viel für militärische Zwecke ausgegeben wie nie zuvor. Doch die EU-Militärbehörde EDA ist nicht zufrieden und fordert zusätzliches Engagement.
07.12.2021 12:00
Aktualisiert: 07.12.2021 12:14
Lesezeit: 2 min
Militärausgaben der EU-Staaten steigen auf Rekordsumme
Die Militärausgaben der EU-Staaten sind vor dem Hintergrund von Corona deutlich gestiegen. (Foto: dpa) Foto: Daniel Reinhardt

Im vergangenen Jahr beliefen sich die Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedsstaaten auf insgesamt 198 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Anstieg von fünf Prozent gegenüber 2019, so ein Bericht der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) vom Montag. Zudem sind es die höchsten Militärausgaben in der EU seit mindestens 2006, als die EDA mit der Sammlung der Daten aus den Mitgliedsstaaten begann.

Unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten ist Dänemark das einzige Land, dessen Daten in dem EDA-Bericht fehlen, das es sich nicht an EU-Militärprojekten beteiligt. Unter den übrigen 26 Mitgliedsstaaten haben 19 ihre Militärausgaben im vergangenen Jahr erhöht. Sechs dieser Länder haben ihre Militärausgaben sogar um mehr als 10 Prozent erhöht, so der Bericht der Behörde.

Nach Berechnungen der EDA, welche die Entwicklung der militärischen Fähigkeiten in den EU-Mitgliedsstaaten überwacht, entsprechen die Verteidigungsausgaben in den 26 überwachten Mitgliedsstaaten rund 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die USA halten das für zu wenig und haben wiederholt von den europäischen Nato-Verbündeten gefordert, mindestens 2 Prozent zu erreichen.

Mehrere EU-Mitgliedsstaaten haben sich zuletzt für eine eigenständigere Verteidigungspolitik und für stärkere militärische Fähigkeiten der EU eingesetzt, nachdem die Atommacht Großbritannien mit dem Brexit die Europäische Union verlassen hat und die USA ihr Militär nun verstärkt nach Asien orientieren.

Die Covid-19-Pandemie und der anschließende Wirtschaftsabschwung haben sich nicht auf die Militärausgaben ausgewirkt. "Während das BIP der Mitgliedstaaten im Jahr 2020 um sechs Prozent zurückging, haben die Verteidigungsausgaben dem wirtschaftlichen Druck bisher standgehalten", und dies sei ein "positiver Trend", so der EDA-Bericht.

Kritisch sieht der Bericht den Umstand, dass die EU-Länder weniger in gemeinsame Verteidigungsausgaben investierten. Im Jahr 2020 gaben die EU-Mitgliedsstaaten insgesamt 4,1 Milliarden Euro für die gemeinsame Beschaffung neuer Ausrüstung aus, ein Rückgang um 13 Prozent im Vergleich zu 2019 und der drittniedrigste Wert, den die Agentur seit ihrem Bestehen verzeichnet hat.

Dem Bericht zufolge hat es seit 2016 einen "signifikanten Rückgang" bei der gemeinsamen Beschaffung von Verteidigungsgütern gegeben. Die Mitgliedsstaaten gaben im vergangenen Jahr nur 11 Prozent ihrer gesamten Ausrüstungsbeschaffung in Kooperation mit anderen EU-Staaten aus und blieben damit hinter dem Richtwert von 35 Prozent zurück, der 2017 in einem EU-Verteidigungspakt festgelegt worden war.

Die EDA stellte fest, dass die EU-Regierungen bei der Beschaffung von Ausrüstungsgütern hauptsächlich auf eigene Faust handelten. EDA-Chef Jiří Šedivý sieht diesen Trend als "besonders besorgniserregend". Wie schon 2019 waren auch im vergangenen Jahr wieder mehr als 20 Prozent der gesamten Militärausgaben Investitionen.

Im Jahr 2020 gaben die Länder auch einen Rekordbetrag von 2,5 Milliarden Euro für Forschung und Technologie aus, was einem Anstieg von 46 Prozent gegenüber 2019 entspricht. Dieser Anstieg wurde von Frankreich und Deutschland getragen, die zusammen für mehr als 90 Prozent des Anstiegs bei Forschung und Technologie verantwortlich sind.

Doch auch bei den Investitionen in die Verteidigungsforschung mangelt es laut EDA an Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten. "Die Defragmentierung der europäischen Verteidigungslandschaft kann nur durch eine parallele Steigerung der europäischen Zusammenarbeit erreicht werden, die den Mitgliedsstaaten hilft, ihre militärische Ausrüstung effizienter zu beschaffen", heißt es in dem Bericht.

Trotz der mangelnden Koordinierung plant die EU bis zum Jahr 2025 eine gemeinsame Streitmacht von bis zu 5.000 Soldaten, um militärisch unabhängiger von den USA zu werden. Darüber berieten die Verteidigungsminister der 27 Mitgliedstaaten Mitte November in Brüssel. Italien und Frankreich begrüßten die Pläne.

Die EU hatte bereits vor zwei Jahrzehnten den Aufbau einer schnellen Eingreiftruppe beschlossen, wollte aber keine Konkurrenz zur Nato bilden. Die Probleme in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban haben jetzt offenbar ein Umdenken ausgelöst. Dort waren die Europäer nicht in der Lage, den Flughafen der Hauptstadt Kabul zu sichern. Daher mussten sie die Evakuierungen nach dem Abzug der US-Armee einstellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Venezuela-Sanktionen: Machtprobe auf See mit globalen Folgen
19.12.2025

Donald Trump greift im Machtkampf mit Caracas zu einem drastischen Mittel. Die vollständige Blockade sanktionierter Öl-Tanker soll...

DWN
Finanzen
Finanzen Aurubis-Aktie: Lieferkettenvorwürfe belasten Hamburger Kupferkonzern
19.12.2025

Gegen den Hamburger Kupferkonzern Aurubis sind neue Beschwerden nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eingereicht worden. Im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erzeugerpreise sinken weiter: Energie drückt den Index
19.12.2025

Sinkende Energiepreise drücken die Erzeugerpreise in Deutschland weiter nach unten. Der Abstand zum Vorjahr wächst, während sich im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt weiter: Alarmzeichen zum Jahresende für den deutschen Arbeitsmarkt
19.12.2025

Trotz Konjunkturpaket kippt die Stimmung am Arbeitsmarkt: Das Beschäftigungsbarometer fällt weiter und signalisiert wachsende...

DWN
Politik
Politik EU sichert Ukraine-Finanzierung bis 2027 – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Baugenehmigungen steigen wieder: Eigenheime besonders gefragt
19.12.2025

Nach langer Flaute werden in Deutschland wieder deutlich mehr Wohnungen genehmigt. Vor allem bei Einfamilienhäusern zieht die Nachfrage...

DWN
Technologie
Technologie Lothar Schupet: Warum ich nach 23 Jahren BMW für ein chinesisches Startup verlassen habe
19.12.2025

Ein deutscher Topmanager verlässt nach 23 Jahren einen der mächtigsten Autokonzerne Europas und geht ausgerechnet zu einem chinesischen...

DWN
Finanzen
Finanzen USA Börsen: Überraschend deutlicher Rückgang der US-Inflation beflügelt die Aktienmärkte
18.12.2025

Die im letzten Monat überraschend stark abgekühlten US-Inflationsdaten befeuerten die Hoffnung, dass im Jahr 2026 weitere Zinssenkungen...