Wirtschaft

EU-Kommission will Sanktionsinstrument gegen externe Einmischung schaffen

Die EU-Kommission will ein Instrument schaffen, mit dem sie weitreichende Eingriffe in die Handelspolitik der Mitgliedsstaaten tätigen könnte.
08.12.2021 16:05
Aktualisiert: 08.12.2021 16:05
Lesezeit: 2 min

Die Einmischung anderer Länder in politische Entscheidungen der EU oder ihrer Mitgliedstaaten soll künftig mit weitreichenden Vergeltungsmaßnahmen geahndet werden. Die für EU-Gesetzgebungsvorschläge zuständige EU-Kommission präsentierte dazu am Mittwoch in Brüssel ein neues Sanktionsinstrument. Es würde die Kommission ermächtigen, zum Beispiel Handels- oder Investitionsbeschränkungen gegen Drittländer zu erlassen, die in unzulässiger Weise in die politischen Entscheidungen der EU oder der EU-Mitgliedstaaten eingreifen.

Theoretisch denkbar wäre demnach, den Zugang der USA zum EU-Binnenmarkt einzuschränken, wenn die Regierung in Washington versuchen sollte, die Inbetriebnahme der neuen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland mit Zwangsmaßnahmen zu verhindern. China wiederum könnte mit Sanktionen belegt werden, weil es Litauen wegen dessen diplomatischer Annäherung an Taiwan handelspolitische Konsequenzen angedroht hat.

Als Strafmaßnahmen sollen neben Einfuhrbeschränkungen auch Strafzölle oder Investitionssperren in Frage kommen. Zudem könnten zum Beispiel Unternehmen aus den betroffenen Ländern von öffentlichen Ausschreibungen und der Beteiligung an EU-Programmen ausgeschlossen werden.

Angestoßen wurde die Idee zu einem Sanktionsmechanismus durch die nach dem Austritt aus dem Atom-Vertrag von der Trump-Regierung erlassenen Sanktionen gegen den Iran, welche das Iran-Geschäft der Europäer zerstörte. Wichtige Vorarbeiten soll die Denkfabrik European Council on Foreign Relations geleistet haben. „Überlegungen in Washington, extraterritoriale Sanktionen gegen Russland und China stark auszuweiten, ließen im Sommer vergangenen Jahres die Sorgen wachsen, auch in diesem Fall könnten Unternehmen aus der EU zu weitreichenden Beschränkungen ihrer Aktivitäten gezwungen sein. In Paris löste schweren Unmut aus, dass Washington Frankreich mit Strafzolldrohungen davon abhalten wollte, eine Digitalsteuer einzuführen, während in Berlin die US-Drohungen mit Sanktionen gegen Nord Stream 2 für massiven Ärger sorgten“, schreibt das Portal German Foreign Policy zu den weiteren Gründen.

Die EU-Kommission erhofft sich von dem geplanten Instrument vor allem eine abschreckende Wirkung. Hintergrund ist, dass die EU-Länder für viele andere Nationen ein sehr wichtiger Absatzmarkt sind. Mit dem Vorschlag für das neue Instrument werden sich nun die Regierungen im Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament beschäftigen. Vor allem im Rat ist die Zustimmung nicht sicher, da dort etliche Länder darauf bedacht sind, keine weiteren Kompetenzen an die EU-Kommission abzugeben.

Zur Frage, welches Land möglicherweise als erstes Ziel des neuen Mechanismus werden könnte, schreibt German Foreign Policy:

Aktuell ist im Gespräch, die ersten EU-Strafmaßnahmen gegen China zu verhängen. Anlass ist der sich zuspitzende Konflikt zwischen China und Litauen, der durch die Eröffnung eines "taiwanischen Vertretungsbüros" in der litauischen Hauptstadt Vilnius und weitere gezielte Nadelstiche gegen die Volksrepublik ausgelöst worden ist. Die Eröffnung des "Vertretungsbüros" sowie Litauens weitere Nadelstiche sind Teil einer US-Kampagne, die darauf abzielt, Taiwan politisch aufzuwerten und dadurch den Konflikt mit Beijing weiter zu eskalieren (german-foreign-policy.com berichtete). Auch die künftige Bundesregierung will sich ihrem Koalitionsvertrag zufolge an der US-Kampagne beteiligen, die mit einer einschlägigen, bis heute gültigen UN-Resolution zur Anerkennung der Volksrepublik als legitimer Repräsentantin Chinas bricht. Beijing hat nun auf die litauischen Provokationen, die zuweilen als US-Testballon eingestuft werden, scharf reagiert und den Handel mit Litauen vollständig eingestellt. Mit dem neuen Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen werde die EU in der Lage, heißt es in Brüssel, dies mit neuen Sanktionen zu bestrafen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik CO2-Preis steigt ab morgen: 1.000 Euro mehr Heizkosten im Jahr
31.12.2025

Mit dem Jahreswechsel steigt der CO2-Preis – was das für Tanken, Heizen und Ihre Nebenkostenabrechnung konkret heißt. Und wie es danach...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Home Office vs. Büropräsenz: Warum Führungskräfte unter Druck geraten
31.12.2025

Viele Unternehmen ringen damit, die Erwartungen ihrer Mitarbeitenden an flexible Arbeitsmodelle mit den Anforderungen einer...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.