Wenn es um die E-Mobilität geht, denken die meisten oft nur an die Produktion von Fahrzeugen. Und somit kommen ihnen in der Regel nur Tesla, VW oder die chinesischen Autobauer in den Sinn, wenn sie auf das Thema angesprochen werden. Doch spielen hier auch noch andere Segmente und Geschäftsbereiche eine wichtige Rolle, die der breiten Öffentlichkeit bisher nur wenig bekannt sind.
Dazu gehört die Herstellung von Klebstoffen - beispielsweise für die Teile in einer E-Batterie. Und gerade hier will sich der deutsche Dax-Konzern Henkel in der Weltspitze profilieren. Das Unternehmen, das fast die Hälfte seiner Erlöse mit Klebstoffen erzielt, hat bereits im Mai des laufenden Jahres einen silikonfreien flüssigen Wärmedämmstoff vorgestellt, den die Autoproduzenten innerhalb eines Akkumulators zwischen dem Unterboden und dem Gehäuse verkleben.
Dort leitet das Material die Wärme aus den Lithium-Ionen-Batterien zu einem Kühlsystem, so dass die Hersteller unter anderem größere Reichweiten der Fahrzeuge erreichen können. Dies ist deswegen so wichtig, weil die Kritiker der E-Autos oft beklagen, dass die elektrischen Wagen nicht sonderlich lange fahren können, ohne wieder an die Steckdose zu müssen.
In einer internationalen Studie steht Henkel auf dem ersten Platz
Ganz wichtig: Der deutsche Konzern gehört weltweit zu den wichtigsten Anbietern an diesem globalen Wachstumsmarkt für Klebstoff, der Experten zufolge in den kommenden fünf Jahren pro Jahr um fünf Prozent wächst und sich als starke Größe am Industriemarkt etabliert. Die Fachleute des US-amerikanischen Analyse-Hauses Arizton gehen davon aus, dass der Wirtschaftszweig zwischen 2020 und 20026 auf 85,62 Milliarden Dollar oder 76,7 Milliarden Euro ansteigt – so groß sollen die Gesamtumsätze aller Hersteller werden.
Auf einer Liste der wichtigsten Produzenten steht Henkel auf dem ersten Rang. Das deutsche Unternehmen hat bis Ende September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum seinen Gesamterlös um 3,7 Prozent auf mehr als 15 Milliarden Euro gesteigert. Der Verkauf des Klebstoffs machte dabei 48 Prozent oder 7,2 Milliarden Euro aus.
Dahinter nennen die Experten von Arizton den US-Hersteller H.B. Fuller, der 2020 einen Erlös von rund 2,8 Milliarden Dollar oder 2,5 Milliarden Euro erreicht hat. Auf dem dritten Rang befindet sich der französische Chemiekonzern Arkema S.A., dessen Klebstoff-Sparte 2020 Erlöse von etwa zwei Milliarden Euro erwirtschaftete.
Zersplitterter Markt mit 30 Mitbewerbern in über 16 Ländern
Doch das ist noch nicht alles: Auf der Liste der wichtigsten Produzenten befinden sich mit Wacker Chemie und Evonik Industries noch zwei weitere Anbieter aus Deutschland, die allerdings von der Umsatzgröße weit hinter den Marktführern der Branche zurückbleiben. Da viele unterschiedliche Industrien Klebstoff verwenden, ist der Wirtschaftszweig auch global zersplittert. Es gibt insgesamt fast 30 bedeutsame Mitbewerber, die sich in zahlreichen Geschäftsfeldern auf rund fünf Kontinenten beziehungsweise regionalen Wirtschaftsräumen und 16 Ländern tummeln.
Die Analysten von Arizton nennen in ihrer Studie die Transportindustrie als einen wichtigen Abnehmer. Dazu gehören die Hersteller von E-Autos und E-Batterien. Darüber hinaus zählen die Fachleute die Papier- und Packbranche, das Baugewerbe und die Konsumindustrie zu wichtigen Kunden des Wirtschaftszweiges.
„Der wichtigste Treiber für die Nachfrage ist die Papier- und Packbranche“, sagen die Experten. „Denn einige prominente Akteure der Industrie wie International Paper, Amcor, Crown Holdings und Mondi haben ein starkes Wachstum verzeichnet, das unter anderem von Kunden aus der Bauindustrie stammt“, schreiben die Fachleute.
Doch dürfte für die Entwicklung in der nahen Zukunft auch noch eine ganz andere Branche wichtig werden, glauben sie: „Krankenhäuser und Kliniken werden wohl einen positiven Einfluss auf den Verbrauch von Kleb- und Dichtstoffen haben. Die steigende Nachfrage im Gesundheitswesen nach medizinischen Lösungen wird wahrscheinlich in den kommenden Jahren das Wachstum der Märkte weltweit voranbringen“, kommentieren die Analysten. Offenbar rechnen sie damit, dass die Pandemie noch nicht so schnell vorbei ist, ohne dies allerdings konkret zu sagen.