Weltweit beginnen Zentralbanken damit, die Finanzierungsbedingungen zu verschärfen, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Eine Übersicht:
Tschechien: Die tschechische Notenbank hatte Ende Dezember die Leitzinsen auf 3,75 Prozent erhöht. Es handelte sich dabei um die fünfte Erhöhung im Jahr 2021, welche mit 100 Basispunkten zudem unerwartet massiv ausfiel. Der Leitzins steht damit derzeit auf dem höchsten Niveau seit dem Jahr 2008, wie der Blog Wolfstreet berichtet. Den Anhebungszyklus hatte die Notenbank im Juni begonnen.
Russland: Russlands Zentralbank hatte die Leitzinsen am 17. Dezember um 100 Basispunkte auf 8,5 Prozent angehoben. Dabei handelte es sich um den siebten Anstieg im Jahr 2021.
Kolumbien: Kolumbiens Zentralbank hob die Leitzinsen ebenfalls am 17. Dezember um 50 Basispunkte auf nun 3 Prozent an - die dritte Anhebung seit September.
Großbritannien: Die Bank of England hob die Leitzinsen am 16. Dezember zum ersten Mal im Jahr 2021 und entgegen der Erwartung der meisten Beobachter um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent an.
Norwegen: Die Norges Bank hob die Leitzinsen ebenfalls am 16. Dezember um 25 Basispunkte auf 0,5 Prozent an. Es war ihre zweite Anhebung seit September.
Europäische Union: Die EZB verkündete am 16. Dezember ein Ende ihres Anleihekaufprogramms PEPP zum März. Gleichzeitig werden die Käufe in ihrem anderen Anleihenkaufprogramm etwas ausgeweitet. Netto ergibt sich ein schnelleres Zurückfahren der Käufe als bisher geplant.
Mexiko: Die mexikanische Zentralbank hob die Leitzinsen am 16. Dezember um 50 Basispunkte auf nun 5,5 Prozent an. Es war die fünfte Anhebung in Folge.
Chile: Chiles Notenbank hob die Leitzinsen am 14. Dezember um 125 Basispunkte auf nun 4 Prozent an. Es war die vierte Anhebung im Jahr 2021, der Anhebungszyklus war im Juli begonnen worden.
Ungarn: Ungarns Notenbank hob die Leitzinsen am 14. Dezember um 30 Basispunkte auf 2,4 Prozent an. Es war der siebte Anhebungsschritt im Jahr 2021 - der geldpolitische Straffungskurs wurde im Juni begonnen.
Pakistan: Die Zentralbank Pakistans hob die Leitzinsen am 14. Dezember um 100 Basispunkte auf nun 9,75 Prozent an. Der Anhebungszyklus, welcher drei Schritte im Jahr 2021 umfasste, wurde im September begonnen.
Armenien: Die armenische Zentralbank hat ihren Leitzins ebenfalls am 14. Dezember um 50 Basispunkte auf 7,75 Prozent angehoben, die siebte Zinserhöhung in diesem Zyklus.
Peru: Die Zentralbank von Peru hat am 11. Dezember ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 2,5 Prozent angehoben, die fünfte Zinserhöhung in Folge seit der Anhebung bei 0,25 Prozent.
Polen: Die Polnische Nationalbank hat am 8. Dezember ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 1,75 Prozent angehoben, die dritte Zinserhöhung in Folge um insgesamt 165 Basispunkte, nachdem die Leitzinsen von einem Stand von 0,1 Prozent angehoben wurden.
Brasilien: Die Bank of Brazil erhöhte ebenfalls am 8. Dezember ihren Leitzins um weitere 150 Basispunkte auf 9,25 Prozent. Seit März, als die Zinserhöhungen begannen, hat sie ihren Leitzins um 725 Basispunkte von 2,0 auf 9,25 Prozent angehoben.
Südkorea: Die Zentralbank Südkoreas erhöhte am 25. November während ihrer letzten Sitzung im Jahr 2021 ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 1 Prozent, nachdem dieser bereits im August um 25 Basispunkte angehoben worden war.
Neuseeland: Die Reserve Bank of New Zealand hat am 24. November während ihrer letzten Sitzung im Jahr 2021 ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,75 Prozent angehoben. Es handelte sich dabei um die zweite Zinserhöhung in Folge.
Südafrika: Die South Africa Reserve Bank erhöhte am 18. November während ihrer letzten Sitzung im Jahr 2021 ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent und markierte damit den Aufschwung.
Island: Die isländische Zentralbank erhöhte am 17. November ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 2,0 Prozent, es war die vierte Zinserhöhung seit der Zinserhöhung im Mai von 0,75 Prozent.
Japan: Die japanische Notenbank hob die Leitzinsen bislang zwar nicht an, beendete aber im Mai 2021 ihr aggressives Anleihenkaufprogramm. Seit Februar 2021 reduziert die Notenbank ihren Bestand an Staatsanleihen, indem die aus auslaufenden Anleihen resultierenden Rückzahlungen nicht mehr reinvestiert werden. Die japanische Zentralbank war die erste Zentralbank überhaupt, die in großem Stil Staatsanleihen aufkaufte.
Unmut über die EZB wächst
In der deutschen Wirtschaft herrscht angesichts der hohen Inflation zunehmend Unmut über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). „Die EZB tut nicht zu wenig, sie tut das Falsche“, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, in einer am 27.Dezember veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Wirtschaftsverbänden. „Dass sie in Krisenzeiten zur Stabilisierung der Staatsfinanzen beiträgt, kann politisch durchaus gerechtfertigt werden - aber nicht auf Dauer.“ Langfristig gefährde dies das Vertrauen in die Währung durch Geldwertvernichtung. Eine Abkehr von dieser Politik sei daher erforderlich.
Die Teuerungsrate liegt aktuell mit 5,2 Prozent so hoch wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. „Wir sollten die aktuelle Entwicklung ernst nehmen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, mit Blick auf die Preisentwicklung. „Was mir in dieser Hinsicht Sorge macht: Die EZB hat noch kein richtiges Ausstiegssignal aus ihrer lockeren Geldpolitik erkennen lassen.“
Der Digitalverband Bitkom sieht eine ganze Reihe von Inflationstreibern: steigende Rohstoff- und Energiepreise, die CO2-Bepreisung, anhaltende Lieferengpässe und Nachfrageüberschüsse bei vielen Gütern und Produkten. „Umso wichtiger ist, dass die Notenbanken durch eine anhaltende Politik des superbilligen Geldes nicht zusätzlich Öl ins Feuer schütten, sondern die verfügbaren Instrumente zum Gegensteuern nutzen“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg.
„Alsbald erste Signale notwendig“
Ähnlich schätzt das der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) ein. Diese Preissteigerungseffekte würden durch die insgesamt recht lockere Geldpolitik der EZB zusätzlich genährt und auch weiter verstärkt. „Damit sich die aktuelle Preisdynamik nicht dauerhaft verfestigt, muss die EZB alsbald erste Signale in Richtung einer wieder zurückhaltenderen Geldmengenpolitik geben“, so der ZDH. Zudem stünden die Tarifpartner in der Verantwortung dafür, dass sich keine Lohn-Preis-Spirale verfestige - also sich Preise und Löhne immer weiter nach oben schaukeln. „Der angekündigte politisch festgelegte Mindestlohn von zwölf Euro wirkt hier leider alles andere als zielführend“, kritisiert der ZDH die Politik der neuen Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP.
Bitkom-Präsident Berg hält es zudem in der Förderpolitik für ratsam, maßzuhalten. „So macht es keinen Sinn, Unsummen für die Breitbandförderung auszugeben, wenn die Kapazitäten fehlen, diese zusätzlichen Mittel auch zu verbauen“, sagte er. „Zu viel Geld kann hier kontraproduktiv sein und führt einzig und allein dazu, dass die Preise im Netzausbau und anschließend bei Mobilfunk- und Breitbanddiensten steigen.“ Eine Milliarde Euro pro Jahr zur Unterstützung des Netzausbaus in dünn besiedelten Regionen wäre ausreichend.
Dem BGA zufolge sollte die Politik ihre Maßnahmen auch auf ihre Preisauswirkungen hin überprüfen. „Und vor allem, indem sie den Wandel in der Energieversorgung und Mobilität für Bürger und Betriebe plan- und bezahlbar hält“, sagte BGA-Präsident Jandura.
Der EZB-Rat hatte im Dezember zwar das Ende der Anleihen-Zukäufe über das 1,85 Billionen Euro schwere Pandemie-Notprogramm PEPP ab dem Frühjahr beschlossen. Fällige Tilgungsbeträge sollen jedoch noch bis mindestens Ende 2024 reinvestiert werden. Damit die Finanzmärkte nach dem Auslaufen der PEPP-Zukäufe ab April 2022 nicht auf dem Trockenen sitzen, schafft die EZB zudem eine flexible Brücke über das kleinere Anleihenprogramm namens APP. Dessen Ende, das als eine Voraussetzung für eine Zinswende gilt, ließen die Währungshüter aber bewusst offen. EZB-Chefin Christine Lagarde ließ durchblicken, dass die Nullzinspolitik im Jahr 2022 fortgesetzt werden soll.