Wirtschaft

Deutsche Autoindustrie fordert strategische Rohstoff-Politik

Die riskante Fokussierung auf Elektroautos verstärkt die Abhängigkeit deutscher Autobauer und Zulieferer vom Ausland.
10.02.2022 09:07
Lesezeit: 2 min

Angesichts des enormen Bedarfs an erneuerbaren Energien und Rohstoffen bei der Transformation zu Elektromobilität dringt die deutsche Autoindustrie auf Bündnisse mit anderen Ländern. Die Menge werde nicht allein in Europa hergestellt werden können, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller am Mittwoch bei einer Videokonferenz mit Journalisten. Deutschland brauche daher engagierte Programme für Energie- und Rohstoffpartnerschaften, eine aktive Rohstoff-Außenpolitik. "Die weltweiten Märkte für Energiepartnerschaften werden schon verteilt – aktuell noch weitgehend ohne Deutschland. Wenn wir hier nicht schnell handeln, gehen wir leer aus", mahnte die VDA-Chefin. China etwa sichert seinen riesigen Rohstoffhunger in Afrika.

Lesen Sie dazu: Das Ringen der Großmächte um die strategischen Rohstoffe hat begonnen

Deutschland müsse schneller aktiv werden und strategisch vorgehen, betonte Müller. Mit Blick auf den Umbau der Industrie forderte sie ein Ende der theoretischen Debatten über die Klimaziele. Der Fokus liege nun auf der Infrastruktur und den Rahmenbedingungen. Auch hier komme Deutschland nicht schnell genug voran. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur halte nicht Schritt mit dem Hochlauf der E-Mobilität. Die Lücke werde größer, nicht kleiner. Wenn Deutschland sein bescheidenes Tempo beibehalte, würden 2030 gerade einmal rund 160.000 Ladepunkte erreicht - ein Sechstel der angestrebten eine Million.

Die Bundesregierung sollte daher möglichst schnell zu einem Ladegipfel einladen, erneuerte Müller einen schon früher gemachten Vorschlag. Dazu sollten alle Akteure an einen Tisch geholt werden - von Tankstellenbetreibern, der Wohnungswirtschaft, Parkraumunternehmen, dem Handel über die Energiewirtschaft, Netzbetreiber, die Logistikbranche, Kommunen bis hin zur Autoindustrie.

Um die schnell wachsende Zahl an Elektroautos mit Energie zu versorgen, müsse außerdem der Ausbau des Stromnetzes entschlossener vorangetrieben werden. Bei der Digitalisierung könne Deutschland sein Potenzial nicht ausschöpfen, da es immer noch kein flächendeckendes 5G-Netz gebe. Europa müsse sich beim Aufbau von Halbleiter-Fabriken und einer Batterieproduktion sputen. Wichtig sei eine zeitnahe Umsetzung der Pläne, damit die Wertschöpfung für die Autoindustrie nicht in andere Regionen abwandere.

Historisches Tief

Der Branche macht der Halbleitermangel inmitten der Transformation zu umweltschonenden Antrieben schwer zu schaffen.

Nach dem historischen Tiefstand der Neuzulassungen im vergangenen Jahr rechnen die deutschen Hersteller für 2022 zwar mit einem Absatzplus von sieben Prozent auf 2,8 Millionen Fahrzeuge. Das wären aber immer noch deutlich weniger als in den Jahren vor der Corona-Pandemie, als meist mehr als drei Millionen Neuwagen auf die Straßen kamen.

Hoffnungen, die Versorgung mit Mikrochips könnte im Laufe des Jahres verbessert werden, schwinden inzwischen. Der VDA rechnet damit, dass der Mangel anhalten wird und sich bis 2023 hinzieht.

Lesen Sie dazu: Experten: Energiewende droht wegen steigender Rohstoffpreise zu entgleisen

Auch der Weltmarkt gewinnt laut VDA in diesem Jahr kaum an Fahrt. Hier erwartet der Verband mit einem Plus von vier Prozent ein ähnliches Wachstum wie 2021. Die Märkte in den USA und China dürften um zwei Prozent wachsen. Europa werde voraussichtlich um fünf Prozent zulegen, sei aber noch weiter vom Vorkrisenniveau entfernt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....