Politik

„Duma“: Ost- und Zentraleuropa darf keine US-Kolonie sein

Die bulgarische Zeitung Duma kommentiert die Entsendung von US- und Nato-Soldaten in mehrere Länder Osteuropas.
17.02.2022 10:00
Aktualisiert: 17.02.2022 10:12
Lesezeit: 2 min
„Duma“: Ost- und Zentraleuropa darf keine US-Kolonie sein
Unterschriebene Dokumente werden während einer Unterzeichnungszeremonie mit US-Außenminister Antony Blinken und dem slowakischen Außenminister Ivan Korcok (vorn) im Außenministerium in Washington ausgetauscht. Blinken hat inmitten der heftigen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine einen Militärvertrag mit der Slowakei unterzeichnet. (Foto: dpa) Foto: Ken Cedeno

Zur Entsendung von US- und Nato-Streitkräften in mehrere Länder Ost- und Südosteuropas schreibt die bulgarische Zeitung Duma:

„Die Staaten in fast ganz Ost- und Mitteleuropa verhalten sich so, als ob sie keine souveräne Staaten sind, sondern irgendwelche Kolonien mit Generalgouverneuren. Die (US-)amerikanische Propaganda wird kritiklos und ohne Einwände hingenommen, obwohl sie nicht durch jegliche Beweise unterstützt werden. Es ist nicht nötig, ein großer Russland-Freund zu sein, um zu sehen, dass das, was Washington will, nicht im unseren Interesse ist. (...) Was für einen Sinn macht es, sich von der Abhängigkeit von Russland zu befreien, wenn die Alternative eine Abhängigkeit von Washington ist? Über was für eine Unabhängigkeit sprechen wir, wenn ein anderer Staat auf deinem Territorium Truppen stationieren kann, wie er es etwa für richtig hält?“

Lesen Sie dazu: US-Armee behält Stützpunkte, die an Deutschland zurückgegeben werden sollten

USA verstärken Truppen in Europa

Die Nato hat den Ausbau ihrer Präsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht. Die 30 Mitgliedstaaten nahmen vergangene Woche in einem schriftlichen Beschlussverfahren einen entsprechenden Vorschlag der Militärs an, wie mehrere Quellen der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Die Pläne zielen insbesondere darauf ab, in Nato-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen zu stationieren. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen.

Neben Rumänien sollen noch die Slowakei und Bulgarien Standorte für multinationale Nato-Einheiten bereitstellen. Als zwei sichere Truppensteller für die neue Initiative gelten Frankreich und die USA. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits im Januar angekündigt, dass sein Land im Fall einer entsprechenden Nato-Entscheidung Verantwortung übernehmen und eine Battlegroup in Rumänien führen wolle. Die USA sind schon jetzt dabei, rund 1000 Soldaten von Deutschland aus nach Rumänien zu verlegen.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie Russland auf die Entscheidung der Nato zur weiteren Stärkung der Ostflanke reagiert. Kritiker befürchten, dass die Entsendung zusätzlicher Bündnistruppen in Richtung Osten zu einer weiteren Verschärfung des aktuellen Konflikts führen könnte. Dafür spricht, dass die Regierung in Moskau der Nato erst im Dezember Vorschläge für neue Sicherheitsvereinbarungen unterbreitete, die unter anderem darauf abzielen, dass die Nato ihre Aktivitäten in Osteuropa drastisch reduziert.

Ergänzend zum Ausbau der Präsenz im östlichen Bündnisgebiet will die Nato auch ihre Aufstellung in anderen Teilen Europas auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls anpassen. Ein dahingehender Vorschlag der Militärs wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ebenfalls angenommen.

In Nato-Kreisen wird betont, dass der Ausbau der Truppenpräsenz an der Ostflanke ausschließlich als Reaktion auf das russische Verhalten erfolge.

Großübung in der Slowakei

Die US-Luftwaffe hat acht Kampfjets vom Typ F-16 nach Rumänien verlegt. Die Flugzeuge trafen am Freitag im Luftwaffenstützpunkt Borcea, 150 Kilometer östlich von Bukarest, ein, wie das rumänische Verteidigungsministerium mitteilte. Sie würden zusammen mit 150 US-Soldaten an gemeinsamen Übungen mit dem rumänischen Militär teilnehmen, hieß es in der Mitteilung. Die Manöver würden zwei Wochen dauern.

Bereits vor einigen Tagen waren vier Kampfjets der US-Marine vom Typ F / A-18 Super Hornet und 50 US-Soldaten in Borcea eingetroffen. Auch sie sollen an der Übung teilnehmen. Rumänien grenzt unmittelbar an die Ukraine.

In Rumänien sollen außerdem rund 1000 US-Soldaten sowie Radpanzer vom Typ Stryker die rumänischen Sicherheitskräfte verstärken.

Die ersten US-Soldaten sind inzwischen zu einer der geplanten Großübung in die Slowakei gekommen. Wie Stefan Zemanovic, der Sprecher des slowakischen Verteidigungsministeriums, der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage bestätigte, überschritt in der Nacht auf Donnerstag ein erster Konvoi mit rund 200 Soldaten aus Deutschland über Tschechien kommend die Grenze.

Wie der TV-Nachrichtensender TA3 am Mittwochabend berichtete, protestierte eine Gruppe von Demonstranten mit Slowakei-Fahnen am Grenzübergang gegen die Ankunft der US-Truppen. Das slowakische Verteidigungsministerium hatte schon zuvor beteuert, die Ankunft der US-Truppen hänge nicht mit der Ukraine-Krise zusammen.

Lesen Sie dazu: Slowakische Regierung will umstrittenem Militärvertrag mit den USA zustimmen

Die Soldaten sollten an der schon seit fast zwei Jahren vorbereiteten Großübung "Saber Strike 2022" (Säbelhieb 2022) teilnehmen. Die Übung mit rund 3000 Soldaten und etwa 1000 Stück Militärtechnik wie verschiedenen Typen Militärfahrzeugen soll vom 1. bis 14. März in der Slowakei stattfinden, die direkt an die Ukraine grenzt. In der Slowakei zeigen Meinungsumfragen eine überwiegend ablehnende Haltung zu einer US-Militärpräsenz im Land.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...