Der Angriff der russischen Armee auf die Ukraine und die damit zusammenhängende Schließung aller ukrainischen Häfen sowie die Verhängung von Sanktionen und Gegensanktionen könnte schwerwiegende Folgen für die Versorgung zahlreicher Länder mit Grundnahrungsmitteln haben.
Wie die Financial Times unter Berufung auf Daten des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums berichtet, entfällt rund ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens und ein Fünftel des Maises auf die Erzeugerländer Ukraine und Russland. Die Ukraine wiederum exportiere etwa 90 Prozent ihres Weizens auf Schiffen, welche wegen des Krieges nun nicht mehr einsatzbereit seien.
Beide Staaten verfügen über die sehr fruchtbaren Schwarzerderegionen und gelten für zahlreiche Länder weltweit als wichtigste Bezugsquelle für die Grundnahrungsmittel Weizen, Mais - aber auch Sonnenblumenöl und Dünger. Zu den besonders abhängigen Ländern gehören Staaten Nordafrikas wie beispielsweise Libyen und Ägypten und Länder des Nahen und Mittleren Ostens wie die Türkei, der Libanon, der kriegsgeplagte Jemen oder Bangladesch.
Russland ist darüber hinaus ein wichtiger Produzent von Pflanzendünger. Rund 13 Prozent des weltweiten Angebots soll das Land bereitstellen. Die in den vergangenen Wochen angefallenen und durch den Krieg erneut angefachten immensen Preisanstiege für das zur Düngerproduktion nötige Erdgas könnten sich Beobachtern zufolge in einer Düngerknappheit auf dem Weltmarkt materialisieren, die sich wiederum negativ auf die kommenden Ernten auswirken könnte.
Schon jetzt liegen die Notierungen für Getreide und Mais auf hohem Niveau. Der Weltmarktpreis für Getreide war zuletzt mit 9,30 Dollar je Scheffel auf den höchsten Stand seit mehr als neun Jahren gestiegen:
Die Preise für Mais an der Chicagoer Terminbörse liegen auf dem höchsten Stand seit vergangenem Sommer - im historischen Vergleich aber ebenfalls auf dem höchsten Stand seit rund neun Jahren:
Da die ukrainischen und russischen Lagerbestände an Weizen und anderem Getreide noch auf den Versand warten, erwarten Analysten, dass die Preise weiter steigen werden. Wenn ein erheblicher Teil des russischen und ukrainischen Getreides nicht verschifft wird, könnten die Weizenpreise auf ein Niveau steigen, das seit der Krise der Jahre 2007-08 nicht mehr erreicht wurde, als steigende Getreidepreise in einigen Ländern Unruhen auslösten, sagte Andrey Sizov vom Moskauer Getreideforschungsunternehmen Sovecon der FT. Der US-amerikanischen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies zufolge hätte jede Unterbrechung der Versorgung schwerwiegende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit in einer Reihe von Ländern.