Wirtschaft

Russland, China und der Westen: Wer verliert im Handelskrieg, wer profitiert?

Eine Modellsimulation deutscher und österreichischer Wirtschaftsforscher gibt Antworten.
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18.03.2022 07:19
Aktualisiert: 18.03.2022 07:19
Lesezeit: 2 min
Russland, China und der Westen: Wer verliert im Handelskrieg, wer profitiert?
In Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine friert der Westen seine Handelsbeziehungen zu Russland fast vollständig ein. (Foto: dpa)

Wenn das wirtschaftliche Zerwürfnis zwischen Moskau und den westlichen Staaten anhält, würde vor allem die Volkswirtschaft Russlands darunter leiden, während die westlichen Nationen weniger zu befürchte hätten. Darauf weist eine von Forschern des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) gemeinsam entwickelte Modellsimulation hin. Demnach würde Russlands Bruttoinlandsprodukt im Falle eines langfristigen Handelskriegs jährlich um rund zehn Prozent sinken. Die Wirtschaftsleistung der europäischen Staaten würde zwar auch zurückgehen, doch in viel geringerem Maßstab.

So ließe die Simulation im Hinblick auf das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland auf eine jährliche Einbuße von 0,4 Prozent schließen. Während die westlichen und südlichen Nachbarn Deutschlands noch weniger von einer langfristigen Entkopplung von der russischen Wirtschaft betroffen wären, sähe das bei den Staaten Osteuropas wiederum anders aus. So erwarte die baltischen Länder laut der Modellsimulation ein jährlicher Abfall des Bruttoinlandsprodukts von etwa zwei bis 2,5 Prozent. Allerdings betonen die Forscher in ihrem gemeinsamen Arbeitspapier, dass Russland in der Simulation auf lange Sicht um ein Vielfaches schlechter dastünde.

Dazu Alexander Sandkamp, Handelsforscher am IfW: „Ein Handelskrieg zwischen Russland sowie den USA und ihren Verbündeten würde Russlands Wirtschaft langfristig empfindlich treffen.“ Die westlichen Staaten „dürften zwar kurzfristig ebenfalls zum Teil stark betroffen sein, auf längere Sicht haben sie aber im modellhaft simulierten Fall insgesamt nur eine um jährlich 0,17 Prozent geringere Wirtschaftsleistung zu befürchten.“ Der Grund: Der russisch-westliche Handel ist für Russland um ein Vielfaches wichtiger als für die westlichen Staaten.

Die Forscher rechnen vor: „So war die EU im Jahr 2020 für 37,3 Prozent des russischen Außenhandels verantwortlich, umgekehrt finden aber lediglich 4,8 Prozent des Außenhandels der EU mit Russland statt.“ Berücksichtige man nicht bloß den Handel der EU mit dem nicht-europäischen Ausland, sondern zusätzlich noch den Handel der EU-Länder untereinander, fiele der Anteil des Außenhandels mit Russland sogar noch geringer aus.

Generell würden westliche Importbarrieren die russische Volkswirtschaft stärker treffen als das Versiegen des Exports nach Russland den westlichen Nationen schade. WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr fügt hinzu, dass Sanktionen in den meisten Fällen zwar eine wirtschaftliche, aber keine politische Wirkung zeigen würden – doch „halten sie lange an und sind umfassend, kann sich ihr politisches Wirkungspotenzial vergrößern". Nach einer Anpassungsphase im Welthandel würde Russland deutlich geschwächt dastehen, der Schaden für den Westen hingegen dürfte „überschaubar“ ausfallen, so Felbermayr.

Die Forscher haben auch untersucht, welche Auswirkungen die westlichen Sanktionen gegenüber Russland auf China hätten. Sie kamen zu dem Schluss, dass es zwar zu intensiveren Handelsbeziehungen zwischen dem Reich der Mitte und Russland kommen würde, die daraus resultierenden chinesischen Gewinne sich jedoch in Grenzen halten würden. Während 2020 nämlich rund 14,6 Prozent der Exporte Russlands nach China gingen, stammten umgekehrt nur etwa 2,8 Prozent der Exporte Chinas aus Russland. Zwar stammten etwa 23,7 Prozent der Importe Russlands aus China. Die Exporte Chinas aber gingen nur zu knapp zwei Prozent nach Russland. Daher würde sich das Realeinkommen Chinas laut der Modellsimulation jährlich lediglich um 0,02 Prozent erhöhen, sodass China kaum als Krisengewinner gelten dürfte.

Die Forschungsergebnisse der Wirtschaftswissenschaftler entsprechen der Einschätzung der US-Regierung. So betonte Jen Psaki, Sprecherin des Weißen Hauses, kürzlich im Hinblick auf die Sanktionen gegen Russland: „Die beispiellosen Kosten, die wir mit Verbündeten und Partnern [Russland] auferlegt haben, haben 30 Jahre wirtschaftlichen Fortschritt [in Russland] zunichte gemacht.“ Den vom russischen Präsidenten Putin begonnen Krieg hätte man so in einen „strategischen Fehlschlag“ für Moskau umgewandelt. Als Zeichen dieses „strategischen Fehlschlags“ wertet Psaki unter anderem den Verfall des Rubels und die hohe Inflation in Russland. In Zukunft soll laut Psaki auch der Druck auf die Oligarchen in Putins Umfeld erhöht werden.

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