Die Worte in der Überschrift sollten so verstanden werden, wie sie aufgesetzt wurden. In meinen Analysen vor meiner Tätigkeit als Redakteur (seit 2007) plädierte ich durchgehend dafür, dass die gesamte Welt nur dann eine stabile Balance bilden kann, wenn die zwei großen und erfahrenen Player der Weltgeschichte sich aufraffen, um erneut ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Es hat zwar lange gedauert, doch offenbar tritt nun das ein, was ich mir erhofft hatte.
Die USA und Russland sind in einem dialektischen Verhältnis endgültig zurück auf dem Schachbrett der Welt – mit ihren Nuklearwaffen, die entscheidend sind, um eine bipolare Balance aufzubauen. Mit einem riesigen Knall hat Moskau unter Billigung Washingtons die Schaffung einer Weltordnung eingeleitet, die sich in einer ähnlichen Form von 1947 bis 1989 bewährt hatte.
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Bereits am 19. September 2020 hatte ich in einem Artikel mit dem Titel „Endkampf zwischen Nationalisten und Globalisten geht in entscheidende Runde“ ausgeführt: „Es gibt sehr viele Hinweise darauf, dass die Welt wie im Kalten Krieg auf eine bipolare Balance zwischen den USA und Russland zusteuert. Zumindest hatte dieses Konzept in der Vergangenheit funktioniert und könnte in einer modifizierten Form erneut zum Einsatz kommen (…) Die EU wird erkennen, dass Freiheit und Demokratie nicht die einzigen Pfeiler sind, auf denen Staaten beruhen können. Die Staaten Kontinentaleuropas werden ihre Rüstungsausgaben nicht nur erhöhen. Es wird auch höchstwahrscheinlich zu einer Militarisierung der Politik und der politischen Rhetorik kommen.“
Dass sogar der ukrainische Präsident Wladmir Selenskij kürzlich davon sprach, dass seit der Invasion der Ukraine eine „Mauer durch Europa“ gehe, bestätigt die Prognose aus dem Jahr 2020. Doch auch in Moskau wird mittlerweile Klartext geredet. Russland und die USA sollten nach Ansicht des russischen Außenministers Sergej Lawrow zu den Grundsätzen der friedlichen Koexistenz während des Kalten Krieges zurückkehren. Das meldete die russische Nachrichtenagentur „Interfax“ Anfang März 2022. Am 8. Februar 2022 titelte sogar das „Wall Street Journal“: „Joe Biden, ein Präsident für den Neuen Kalten Krieg!“ All das sind sehr erfreuliche Nachrichten, die dazu beitragen werden, seit dem Ende des Kalten Kriegs endlich wieder klare Strukturen in der Welt zu schaffen.
Kritiker dürften sich gegen die Entstehung dieser neuen (alten) Weltordnung sträuben, weil sie eigentlich die EU und China als Gründer einer neuen Ordnung eingeplant hatten. Doch diese Idee war von Anfang an eine Totgeburt.
Auch die EU war von Anfang an zum Scheitern verurteilt – und zwar aus zwei Gründen. Erstens war es ein großer Fehler, Großbritannien in die EU aufzunehmen. London hatte sich durch den Nicht-Beitritt zur Währungsunion immer die Option offengehalten, irgendwann aus der EU auszutreten. Und mit dem Brexit hat Großbritannien auch den Zerfall der EU in ihrer jetzigen Form eingeleitet. Die Kontinentaleuropäer haben niemals verstanden, dass Großbritannien kein europäisches Land ist. Briten sind ihrem Selbstverständnis nach nur Briten und die Erben eines großen weltumspannenden Reichs – und keine Kontinentaleuropäer.
Der einzige Staatsmann in Europa, der das verstanden hatte, war Charles de Gaulle. „Colonel Motors“, wie er genannt wurde, legte im Jahr 1963 sein Veto gegen die Aufnahme Großbritanniens gegen die damalige EWG ein. Er argumentierte, dass Großbritannien den damals sechs Ländern des Blocks „seine eigenen Bedingungen auferlegen“ wolle. Der „Insular“-Charakter des Inselstaates jenseits des Ärmelkanals habe eine wirtschaftspolitische „Struktur“ geschaffen, die sich „grundlegend“ von „der der Kontinentaleuropäer“ unterscheide. Hätten die Kontinentaleuropäer auf de Gaulle gehört, wäre der Startschuss für den Niedergang der EU im Jahr 2020 ausgeblieben.
Der zweite Fehler lag in der Tatsache, dass die Türkei nicht als EWG-Gründungsmitglied fungieren konnte und wollte. Die EWG wurde im Jahr 1957 gegründet. Damals regierte in der Türkei die Demokratische Partei (DP) unter Premier Adnan Menderes. Seine außenpolitische Ausrichtung neigte in Richtung der USA. Er war kein Verfechter der europäischen Integration der Türkei, sondern wollte eine Allianz zwischen den USA und der Türkei schmieden. Kontinentaleuropa und Großbritannien stand er reserviert gegenüber.
Wenn die Türkei tatsächlich eines der Gründungsmitglieder der EWG gewesen wäre, wäre es möglich gewesen, die europäische Geschichte neu zu schreiben. Denn die Kombination aus einer aufkommenden Wirtschaftsmacht (Deutschland), einer aufkommenden Atommacht (Frankreich) und einer aufkommenden konventionellen Militärmacht (Türkei) mit Zugang zu den wichtigsten Energiegebieten der Welt hätte sowohl die USA als auch die Sowjetunion früher oder später in die Schranken weisen können, weil es im Rahmen dieser Kombination auch möglich gewesen wäre, irgendwann eine europäische Armee (Stichwort: PESCO) aufzubauen. Doch in den Folgejahrzehnten sollten die kontinentaleuropäisch-türkischen Beziehungen niemals unter einem guten Stern stehen.
Darüber hinaus hatten die Politikmacher in Ankara kein Interesse daran, sich den Gesetzen und Bestimmungen der Brüsseler Bürokraten zu unterwerfen, weshalb die verschiedenen Regierungen in Ankara außenpolitisch in Richtung der USA ausschwenkten. Die türkische Außenpolitik ist aktuell gekennzeichnet durch einen Balanceakt zwischen den USA und Russland, was auch in Zukunft der Fall sein wird. Zwischen diesen beiden Mächten dürfte die Türkei aller Wahrscheinlichkeit nach als „Scharnier“ der bipolaren Ordnung agieren.
Fazit: Am 24. Februar 2022 sind die Würfel endgültig gefallen. Als globale Gewinner mache ich die USA und Russland aus. Die globalen Verlierer sind die von Energieträgern abhängigen großen Volkswirtschaften Chinas und der EU.
Im Rahmen der neuen bipolaren Ordnung zwischen Washington und Moskau dürfte jede Seite ihren Anteil an „Bündnispartnern“ bekommen. Welches europäische Land, in welches Lager fällt, werden die betroffenen Länder nicht selbst entscheiden dürfen.
Diese Entscheidung obliegt den beiden „Großen“ – genau wie im Februar 1945 in Jalta.
(Nachtrag: Wer möchte, kann natürlich weiterhin dem US-Präsidenten Biden Senilität und dem russischen Präsidenten Putin psychische Störungen vorwerfen. Jeder sieht nur das, was er sehen will!)