Politik

Wegen Sanktionen: Indien kauft vermehrt Waren in Russland

Infolge der Sanktionen des Westens gegen Russland bilden sich weltweit neue Handelsbeziehungen. So will Indien nun vermehrt Waren in Russland einkaufen.
30.03.2022 11:38
Aktualisiert: 30.03.2022 11:38
Lesezeit: 2 min
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Der russische Außenminister Sergej Lawrow solle diese Woche nach seinem China-Besuch auch nach Indien fliegen, heißt es bei Insidern in Neu Delhi. Damit könnte er ein Land besuchen, dass heute schon zu den größten Käufern russischer Rohstoffe gehört. Angesichts der EU-Ankündigung, sich möglichst schnell von den Kohle-, Öl- und Gaslieferungen aus Russland zu verabschieden, sucht Moskau in Asien derzeit gezielt nach Alternativen. Neben Indien hatte auch bereits das G20-Land Indonesien Interesse am Kauf von russischem Öl signalisiert.

Indien - nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde - ist dabei für Russland aber von besonderer Bedeutung. Die größte Demokratie der Welt hat sich den westlichen Sanktionen wegen der russischen Invasion in die Ukraine nicht angeschlossen, sondern fährt einen weitgehend neutralen Kurs. Indien hat zwar einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine gefordert, sich aber geweigert, das Vorgehen Moskaus ausdrücklich zu verurteilen. Das Land hat sich bei mehreren UN-Resolutionen zum Krieg der Stimme enthalten.

US-Präsident Joe Biden hatte den indischen Kurs deshalb als "wackelig" kritisiert. Denn gleichzeitig gehört das Land wegen der Ängste vor China zu einer sogenannten "Quad"-Gruppe mit den USA, Japan und Australien. Doch so gerne man gegen China mit den USA zusammenarbeitet, so wenig interessiert die indische Regierung der Konflikt im fernen Europa.

Nun deutet sich - sehr zum Leidwesen der Europäer und Amerikaner - an, dass Indien einer der Nutznießer des westlichen Konflikts mit Russland werden könnte und die Regierung in Moskau damit stützt. Bisher ist Russland Indiens Hauptlieferant von Verteidigungsgütern, aber der jährliche Gesamthandel beider Länder ist noch gering. Er betrug in den vergangenen Jahren durchschnittlich nur etwa neun Milliarden US-Dollar, hauptsächlich Düngemittel und etwas Öl.

Zum Vergleich: Indiens bilateraler Handel mit China beläuft sich auf mehr als 100 Milliarden Dollar pro Jahr. Aber angesichts der starken Rabatte auf russisches Rohöl seit dem Angriff auf die Ukraine hat Indien jetzt mindestens 13 Millionen Barrel gekauft, verglichen mit fast 16 Millionen Barrel, die im gesamten letzten Jahr aus Russland importiert wurden.

Nun erwäge Indien, auch seine Importe an russischer Kokskohle für die Stahlherstellung zu verdoppeln, sagte der indische Stahlminister am Sonntag. Indien hat zudem kürzlich einen Vertrag über den Kauf von 45.000 Tonnen russischen Sonnenblumenöls für April abgeschlossen - als Ersatz für ausgefallene Lieferungen aus der Ukraine.

"Indien wird insgesamt mehr Artikel aus Russland importieren, besonders wenn es einen Rabatt gibt", sagte ein hochrangiger indischer Regierungsbeamter. Das Land könnte Russland damit dringend benötigte Devisen verschaffen und dient Russlands Präsident Wladimir Putin als Beispiel dafür, warum er glaubt, westlichen Sanktionen widerstehen zu können.

Indien umgeht dabei auch die westlichen Finanzsanktionen gegen Russland, die etwa einen Ausschluss etlicher russischer Banken aus dem Swift-Abrechnungssystem beinhalten. Die Regierung in Neu-Delhi versucht nun, ein Rupien-Rubel-Handelssystem einzurichten.

Gespräche zwischen indischen und russischen Finanzbeamten seien bereits im Gange, sagt eine mit dem Vorgang vertraute Quelle. Damit könnte die Entkoppelung der bevölkerungsreichsten Länder der Erde von Geschäften in Euro und Dollar voranschreiten. Die indische Regierung und die Reserve Bank of India (RBI) reagierten nicht sofort auf Anfragen nach Kommentaren.

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