Finanzen

Marc Friedrich: "Der Dollar wird zum stumpfen Schwert"

Die Waffe "Dollar" ist stumpf geworden - die USA haben sie zu oft eingesetzt.
01.05.2022 09:16
Aktualisiert: 01.05.2022 09:16
Lesezeit: 4 min
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Noch ist der Dollar die Leitwährung der Welt. Dies gestattet es Amerika, seine Währung als Waffe einzusetzen – indem es zum Beispiel, wie jüngst geschehen, im Zuge der Russland-Sanktionen die Währungsreserven einfriert, die Moskau bei anderen Notenbanken hält. Genau dies aber dürfte dem Dollar mittel- bis langfristig schaden - und die Position der führenden Weltmacht weiter schwächen. Das sagt der Bestseller-Autor Marc Friedrich im Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Ukraine-Krise, Russland-Sanktionen, Inflation: Steuern wir auf eine Weltwirtschaftskrise zu?

Marc Friedrich: Wir befinden uns mittendrin. Ihre Frage legt allerdings nahe, dass die Ukraine-Krise und die darauf aufbauenden Sanktionen gegen Russland ursächlich für die Inflation verantwortlich seien. Das stimmt nicht. Bereits im Februar 2022, also noch vor der militärischen Intervention Russlands in der Ukraine, hatte die Inflation auf Jahresbasis in den USA 7,9 Prozent betragen, in der Euro-Zone waren es 5,9 Prozent. Die Ukraine-Krise wirkt also als Brandbeschleuniger; der eigentliche Grund für die Inflation aber ist das Fiat-Geldsystem, in dem Geld über Kredite geschöpft wird, und über das gewaltige Geldsummen in Umlauf gebracht worden sind - von den Banken und Notenbanken. Schon lange hatte dies zu einer sogenannten Asset-Inflation geführt, also zu einer Preisexplosion an den Immobilienmärkten sowie zu ständig steigenden Aktienkursen, die in keiner Weise eine gestiegene Produktivität widergespiegelt hätten. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem sich die Teuerung auch im Alltag der Bürger bemerkbar macht. Sie wird uns auch so schnell nicht verlassen - um ihr entgegenzuwirken, müsste die EZB nämlich den Basiszinssatz anheben, was sie aber nicht kann, weil dann neben den in den letzten Jahren gezüchteten Zombie-Unternehmen auch ganze Länder wie Italien und Griechenland insolvent wären und das Euro-System wie ein Kartenhaus in sich zusammenbräche. Der „point of no return“, also der Punkt, ab dem es unmöglich wird, die Staatsschulden wieder abzubauen, liegt inzwischen aber auch für die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr in weiter Ferne, wenn steigende Energiepreise die Industrieproduktion abwürgen, infolgedessen mehr Menschen arbeitslos werden, die Steuereinnahmen wegbrechen und die sozialen Sicherungssysteme gleichzeitig höheren Belastungen ausgesetzt werden. Wir sehen gerade eine epochale Zeitenwende und die größte Insolvenzverschleppung der Geschichte.

Sie haben allerdings auch gefragt, ob wir auf eine Weltwirtschaftskrise zusteuern. Und hier macht der Ukraine-Konflikt zumindest eines deutlich: Der Konflikt hat aufgrund der vom Westen verhängten Wirtschaftssanktionen weltweite Auswirkungen. Lassen Sie mich ein wenig ausholen: Frühere Konflikte wie die Irak- Kriege, die Kriege gegen die Bundesrepublik Jugoslawien oder gegen Libyen, die Besetzung Afghanistans oder die Bombardierung des Jemen führten nicht zu einem weltweiten wirtschaftlichen Abnutzungskrieg mit Sanktionen und Gegensanktionen. Auch nicht der Vietnam-Krieg, auch wenn die Kosten, welche die USA tragen mussten, dazu beigetragen haben, das Bretton-Woods-System und damit die Golddeckung des US-Dollars zu beerdigen. Die jetzige Ukraine-Krise hingegen spaltet die Welt in zwei

Lager: Während die USA und ihre Verbündeten versuchen, Russland wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, beteiligen sich China, Indien und der gesamte globale Süden nicht an den Sanktionen. Selbst Saudi-Arabien nicht, auch wenn Riad Jahrzehnte lang treuer Verbündeter der USA war. Das Königreich ist inzwischen bereit, sein Öl gegen chinesische Yuan zu verkaufen, so wie inzwischen China und Russland ihre Erdgasgeschäfte über den Euro abwickeln sowie Russland und Indien ihren Handel zunehmend mit Rubeln und Rupien. Einzelne Länder umgehen zunehmend den Dollar, weil sie gesehen haben, dass die USA russische Dollar-Guthaben einfrieren, ihre Währung also als Waffe nutzen. Aber was kurzfristig effektiv sein mag, dürfte langfristig die Rolle des Dollars als Weltleitwährung untergraben. Mit anderen Worten: Je öfter die USA den Dollar als Schwert einsetzen, desto stumpfer wird dieses werden.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was bedeutet das für globale Vormachtstellung der USA?

Marc Friedrich: Der Dollar ist eine der Säulen, auf die sich die amerikanische Macht stützt. Verliert er seine Rolle als Weltleitwährung, würde er weniger nachgefragt werden, und die USA könnten sich nicht mehr in dem Maß verschulden, wie bisher, weil das unentwegte Drucken von Dollars nur die heimische Inflation anheizen würde, und zwar in einem Umfang, der weit über das hinausgeht, was wir derzeit erleben. Zudem rächt sich jetzt, dass der größte Teil des Geldes, das westliche Zentralbanken in den letzten Jahren in Umlauf gebracht haben, in Spekulationsblasen geflossen ist und nicht in Investitionen, beispielsweise in die Infrastruktur. Gleichzeitig ist die industrielle Basis in Ländern wie den USA oder Großbritannien immer schmaler geworden – ein Prozess, der auch Deutschland bevorstehen dürfte, wenn die Energiepreise weiter durch die Decke gehen. Kommt es aber zu einem Finanzcrash, ist entscheidend, über wie viel Realwirtschaft und funktionierende Infrastruktur ein Land verfügt.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Von einem Crash ist in den letzten Jahren allerdings immer wieder die Rede gewesen. Bisher ist es allerdings nicht dazu gekommen.

Marc Friedrich: Wir haben das Ende der Fahnenstange fast erreicht, es fehlen nur noch wenige Zentimeter. Der aktuelle Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland beschleunigt diese Entwicklung noch. Wir erleben bereits eine Fragmentierung der Finanzmärkte, auch Alternativen zum Telekommunikationsnetzwerk für den Zahlungsverkehr SWIFT gibt es bereits. Übrigens wird auch das dazu führen, dass die USA Zahlungsströme nicht mehr überwachen können. Die Einführung des goldgedeckten Rubel in Russland ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich das Fiat-Geldsystem seinem Ende entgegenneigt. Man kann diesen Schritt der Russen übrigens durchaus als eine Kampfansage an die Vorherrschaft des Westens betrachten. Möglicherweise kann der IWF das System unter Nutzung seiner Sonderziehungsrechte noch für ein, zwei Jahre über Wasser halten. Dennoch ist sein Ende vorprogrammiert, weil dem ganzen Geld keine realen Werte mehr gegenüberstehen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was bedeutet das für den Wohlstand und für die politische Stabilität des Westens?

Marc Friedrich: Wir werden eine Phase schwerer Turbulenzen erleben. Dabei sind Revolutionen in der Vergangenheit in der Regel von Menschen in Gang gesetzt worden, die etwas zu verlieren hatten. Forscher gehen davon aus, dass etwa 3,5 Prozent einer Bevölkerung ausreichen, um einen grundlegenden politischen Wandel herbeizuführen – solange es sich nicht nur um unorganisierte Krawalle handelt. Machen wir uns nichts vor: Die EU bereitet hinter den Kulissen die Einführung eines digitalen Zentralbank-Euros vor. Das heißt, jeder EU-Bürger bekommt dort ein Konto, und sämtliche Zahlungsvorgänge werden überwacht werden. Ein ähnliches Ziel verfolgt übrigens auch die angestrebte Einführung eines EU-weiten Impfzertifikats. Dies dient der Überwachung der Bürger und nicht dem Gesundheitsschutz. Ein zunehmend autoritäres Staatswesen will in orwellscher Manier die eigenen Bürger in Ketten legen. Wir sollten also darauf achten, dass uns andere Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Beispielsweise Bitcoin, der durch Zentralbanken nicht legitimiert und manipulierbar ist. Denn um unsere Freiheit verteidigen zu können, brauchen wir ein freies Geldsystem.

Zum Interviewpartner:

Marc Friedrich ist Bestsellerautor, Finanzexperte und Gründer der Honorarberatung Friedrich Vermögenssicherung GmbH für Privatpersonen und Unternehmen.

Sein neuestes Buch erschien vergangenes Jahr: Die größte Chance aller Zeiten - Was wir jetzt aus der Krise lernen müssen und wie Sie vom größten Vermögenstransfer der Menschheit profitieren

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