Deutschland

Weizenkrise: Wie stark ist Deutschland betroffen?

In den Medien hört man immer wieder von möglichen Getreideengpässen durch den Ukraine-Krieg. Ist Deutschland betroffen?
Autor
07.05.2022 09:06
Aktualisiert: 07.05.2022 09:06
Lesezeit: 2 min

Deutschland ist ein Getreideland: Insgesamt wurden im Jahr 2021 rund 43 Millionen Tonnen Getreide geerntet, darunter fast 22 Millionen Tonnen Weichweizen und 3,5 Millionen Tonnen Roggen. Davon gingen rund 6 Millionen Tonnen in die Brotverarbeitung, ein beträchtlicher Anteil in die Viehfütterung. "Das reicht bei Weitem für die Versorgung der heimischen Bäcker und der Ernährungswirtschaft mit Mehl und Mahlerzeugnissen aus," erklärte Armin Juncker, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Großbäckereien, gegenüber den DWN.

Zusätzlich exportierte Deutschland im Jahr 2021 insgesamt fast 16 Millionen Tonnen Getreide. Den Hauptteil machte mit 7,4 Millionen Tonnen der Weichweizen aus. Davon gingen 4,2 Millionen Tonnen in die EU. Weitere wichtige Abnehmer waren Großbritannien und der Iran mit jeweils einer Million Tonnen sowie Algerien mit knapp 900.000 Tonnen. Bei Roggen machte die exportierte Menge 361.000 Tonnen aus. Nicht zuletzt deshalb legt Anna Kristin Barth, Pressechefin vom Verband deutscher Mühlen, im Gespräch mit den DWN Wert darauf, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass kein Grund zur Panik bestehe: „Deutschland erreicht bei Weichweizen eine Selbstversorgung von 130 Prozent.“ Der Import von Weizen aus der Ukraine habe vor Kriegsausbruch lediglich 15.000 Tonnen betragen.

Weizenpreis explodiert

Während Russland in der Ukraine mit Raketen große Getreidelager beschießt, explodieren an der Warenterminbörse Matif in Paris die gehandelten Getreidepreise. Allein der Preis von Weizen ist in den vergangenen drei Monaten von rund 250 Euro auf derzeit 392 Euro pro Tonne gestiegen. Davon auch betroffen: die deutschen Groß- und Kleinbäckereien. Der Grund: Die Preise für deutsches Getreide sind an den Weltmarkt gekoppelt. Das heißt: wenn sich das Getreide verknappt und sich die Preisspirale nach oben dreht, zieht der deutsche Markt nach. „Ein komplexes Thema“, meint Kathrin Krützfeldt, Pressesprecherin der Harry Brot GmbH gegenüber den DWN. Deshalb gebe es dazu "auch keinerlei Stellungnahme". Harry Brot ist mit einem jährlichen Umsatz von rund einer Milliarde Euro der größte deutsche Industriebäcker, gefolgt von der Lieken AG, der CSM Deutschland Backwaren GmbH und der Kuchenmeister GmbH. Allesamt beziehen sie ihr Getreide von deutschen Bauern.

Trotz genügend Weizen in Deutschland: Das Fazit fällt ernüchternd aus. „Weizen und Roggen sind unsere Hauptrohstoffe“, so Juncker, „die einzige Möglichkeit mit den gestiegenen Kosten umzugehen, ist, sie letztendlich auf den Kunden abzuwälzen". Das Endprodukt an der Ladentheke sei daher mittlerweile zwischen fünf und 10 Prozent gestiegen. Damit geraten aber auch die Bäcker unter Kostendruck, da die großen Handelsketten wie Rewe, Edeka oder Aldi zu große Preissteigerungen ihrer Zulieferer nicht in Kauf nehmen.

Fazit also: Keine Gefahr der Verknappung, aber deutlich gestiegene Preise - unter denen sowohl die Bäcker als auch die Konsumenten leiden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...