Deutschland

Warum Energie noch deutlich teurer werden wird

Strom und Gas könnten in den kommenden Monaten weiter teurer werden, auch beim Heizöl ist kein Abschwung in Sicht. Das macht vieles teurer - auch zum Muttertag.
06.05.2022 15:28
Aktualisiert: 06.05.2022 15:28
Lesezeit: 2 min

Energie droht für die deutschen Haushalte noch teurer zu werden. Treiber sind massive Steigerungen bei den Großhandelspreisen, wie aus einer Analyse des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervorgeht. Die höheren Preise kämen durch die langfristigen Beschaffungsstrategien der Energieversorger zwar «nur mit Verzögerung bei den Kundinnen und Kunden an», sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Doch je länger das Preisniveau hoch bleibe, desto mehr würden sich die Großhandelspreise «in den Tarifen niederschlagen und diese auch auf längere Sicht beeinflussen».

Seit Beginn des vergangenen Jahres hätten sich die Großhandelspreise für Strom vervierfacht, die für Gas fast verfünffacht, hieß es vom BDEW. Für Privatkunden ist die durchschnittliche Kilowattstunde Strom im bisherigen Jahresmittel dagegen nur um 15,5 Prozent teurer geworden und kostete laut BDEW 37,14 Cent. Der Preis für Gas hat sich für Privatkunden dagegen in etwa verdoppelt.

Bei kleinen und mittleren Industriekunden ist der Anstieg bei den Strompreisen deutlich höher und beträgt fast 50 Prozent auf durchschnittlich 31,36 Cent im bisherigen Jahresmittel bei Neuabschlüssen. Zu Gaspreisen für Industriekunden legte der BDEW keine Zahlen vor.

Auch bei anderen Energieträgern ist kaum Besserung in Sicht: Bei den Spritpreisen ist die Entspannung nach den Rekorden des März vorbei. Seit rund einem Monat zeigt die Tendenz wieder nach oben. Laut ADAC kostete ein Liter Diesel im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Donnerstags 2,085 Euro, ein Liter Super der Sorte E10 2,012. Das sind bei E10 fast 53 Cent mehr als im Durchschnitt des Mai 2021. Diesel liegt sogar um gut 75 Cent höher.

Die Vermittlungsplattform HeizOel24 berichtet zudem von einem aktuell sehr stark erhöhten Bestellaufkommen. Die Aussicht auf ein Embargo für russisches Öl lasse viele Hausbesitzer noch einmal das eigene Lager auffüllen. Und das, obwohl die Preise mit etwa 1,40 Euro pro Liter hoch seien. «Viele Tanks in den Privathaushalten sind mehr oder weniger leer, was die Nachfrage im gesamten Sommerhalbjahr hoch halten dürfte», sagte Geschäftsführer Oliver Klapschus.

Der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) beobachtet allerdings «keine gesteigerte bzw. ungewöhnliche Nachfrage nach Heizöl», wie ein Sprecher mitteilte. Der Verband hat einige Mitgliedsfirmen befragt, während sich HeizOel24 auf Plattformdaten stützt.

Die rasant kletternden Energiepreise gehören zu den wichtigsten Treibern der aktuell hohen Inflation. Das geschieht nicht nur über die Tankstellen-, Strom-, Gas- und Heizölrechnungen, sondern auch weil die Energiekosten die Preise anderer Güter in die Höhe treiben. So berichtete das Münchner Ifo-Institut zuletzt von einem Höchststand beim Index der Preiserwartungen, der zeigt, wie viele Unternehmen die Preise erhöhen wollen. Eine der Hauptursachen: Die Energiekosten. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser erwartet angesichts der Preiserhöhungspläne der Unternehmen, dass die Inflation auch in den kommenden Monaten über 7 Prozent liegen dürfte.

Zuletzt hat auch die Debatte um mögliche Gegenmaßnahmen durch die Europäische Zentralbank (EZB) neuen Schwung bekommen - zumal ihr US-Pendant die Zinsen gerade erhöht hat. Dies führe zu einer Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro und erhöhe den Inflationsdruck in Europa, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest der «Augsburger Allgemeinen». «Insofern besteht für die EZB ein gewisser Druck zu folgen.»

Auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, der im Rat der EZB sitzt, sieht eine gewisse Dringlichkeit: «Das Zeitfenster, das sich jetzt öffnet für die geldpolitischen Maßnahmen, geht so langsam zu und wir müssen schauen, dass wir jetzt in diesem Jahr da etwas tun», sagte er bei einer Veranstaltung der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in Frankfurt.

Bei den Verbrauchern macht sich die Preisentwicklung längst bemerkbar: In einer Umfrage des Fernsehsenders Welt sagten 49 Prozent der Teilnehmer, dass sie sich auf Grund der gestiegenen Preise «auf jeden Fall» oder «eher» einschränken müssten. 42 Prozent sagten, sie müssten sich «eher» nicht oder «auf keinen Fall» einschränken.

Nicht einmal vor dem Muttertag machen die steigenden Preise halt, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnet hat: Seit März 2021 haben sich demnach Schnittblumen um rund neun Prozent verteuert, wohl vor allem wegen der hohen Energiepreise, wie die Wirtschaftsforscher erklärten. Immerhin: Schokolade ist nur 1,7 Prozent teurer geworden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...