Deutschland

Habeck: Sanktionen sind „großer Erfolg“, Russland ist bald ruiniert

Wirtschaftsminister Habeck jubelt: die russische Wirtschaft breche ein, Putin könne nicht mehr lange durchhalten, alles sei super. Und ja, danke an die deutsche Wirtschaft, die das alles ermögliche.
02.06.2022 11:00
Aktualisiert: 02.06.2022 11:33
Lesezeit: 3 min
Habeck: Sanktionen sind „großer Erfolg“, Russland ist bald ruiniert
Der damalige Spitzenkandidat von Bündnis 90/Die Grünen für die Wahlen in Schleswig-Holstein, Robert Habeck, läuft am 15.04.2012 bei Westerhever durch das schleswig-holsteinische Wattenmeer. (Foto: dpa) Foto: Bodo Marks

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verbucht die wegen des Ukraine-Kriegs gegen Russland verhängten Sanktionen als „großen Erfolg“. Zwar könne man sich nur dafür schämen, dass es immer noch nicht gelungen sei, die Abhängigkeit von Russland im Energiebereich noch deutlicher zu reduzieren, sagte der Vizekanzler am Donnerstag im Bundestag bei der Debatte zum Haushalt seines Ministeriums. Daraus erziele Präsident Wladimir Putin Einnahmen - er könne das Geld aber kaum ausgeben.

„Die russische Wirtschaft bricht ein“, sagte Habeck. Importe in das Land gingen zurück. Die Exporte jener Länder, die sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hätten, seien in den vergangenen Monaten um 53 Prozent gesunken, die Exporte aus Staaten, die sich neutral verhielten oder die russische Führung unterstützten, hätten sich um 45 Prozent vermindert. Deutschland habe im März einen Exportrückgang von 60 Prozent verzeichnet, für April sei mit noch deutlich höheren Zahlen zu rechnen, freute sich der Minister.

In Russland fehlten nun etwa Spezialprodukte, was die russische Wirtschaft hart treffen werde. „Putin kriegt noch Geld, aber er kann es kaum noch ausgeben. Und die Zeit, sie arbeitet nicht für Russland, sie arbeitet gegen Russland“, behauptete der Minister. Niemand wolle mehr in Russland investieren. Putin könne das nicht mehr lange durchhalten, so Habeck.

Massive Geschäftseinbußen als „wirtschaftspolitischer Beitrag“

Zwar könne der Präsident die eigene Armee noch mit Öl oder Weizen versorgen, die Wirtschaft sei durch die Sanktionen aber schwer getroffen. Wesentliche Teile davon trügen die deutsche Wirtschaft und die deutsche Bevölkerung, wofür sich Habeck bedankte. Das sei als wirtschaftspolitischer Beitrag zu verstehen, „dass dieser Krieg irgendwann ein Ende findet, indem wir die russische Wirtschaft bis ins Mark treffen werden, und wir sind dabei, es zu tun“.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) warf Habeck in seiner Rede vor, im Umgang mit der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage zu stark im Ungefähren zu bleiben. „Was will diese Regierung konkret in Zeiten von Rekordinflation und Unsicherheit in der Wirtschaft tun?“, fragte Spahn. Es fehle weiterhin ein detaillierter Fahrplan für den Ausstieg aus russischem Gas. Auch die Perspektive bei Gaslieferungen aus Katar bleibe unklar. „Nix Genaues weiß man nicht.“

Lesen Sie dazu: Habecks Gas-Verhandlungen mit Katar stocken - ein schlechtes Omen für die gesamte EU

Spahn kritisierte ebenfalls, dass Habeck Kohlekraftwerke erst dann zur Stromerzeugung nutzen will, wenn Gasknappheit droht, anstatt so schon jetzt den Gasverbrauch zu reduzieren. Er verstehe auch nicht, warum Habeck im Zweifel lieber Kohlekraftwerke am Netz lassen wolle als CO2-neutrale Kernkraftwerke weiter laufen zu lassen. Spahn forderte schließlich, dass das Ceta-Handelsabkommen mit Kanada ratifiziert wird.

Keine Ausnahmen für Raffinerie in Schwedt

Für die Öl-Raffinerie PCK in Schwedt/Oder wird es nach Worten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), keine Ausnahmegenehmigung vom Ölembargo geben. Im rbb24-Inforadio schloss er dies am Donnerstag aus. "Es ist eine klare Entscheidung des Kanzlers und der Bundesregierung, gemeinsam zu sagen: Wir verzichten auf russisches Rohöl auch durch die Pipeline", so Kellner. Der Kanzler habe diese Protokollerklärung in Brüssel abgegeben. "Es ist nun wirklich nicht an mir, den Kanzler zu korrigieren - im Gegenteil."

Die Bundesregierung will ohne Not über die im Rahmen der EU getroffenen Vereinbarungen hinausgehen und ab Jahresende auch kein russisches Öl durch Pipelines mehr abnehmen. Die EU hatte nur beschlossen, kein russisches Tanker-Öl mehr zu kaufen.

Eine Ausnahmegenehmigung für Schwedt bei einem Öl-Embargo hatte unter anderem die Bürgermeisterin von Schwedt, Annekatrin Hoppe (SPD), gefordert. Sie besteht darauf, dass in der Schwedter Raffinerie PCK erst mal weiter russisches Öl aus der Druschba-Pipeline verarbeitet wird. Wenn der Bundesregierung etwas an der Region und der sicheren Versorgung liege, wäre demnach "2030 eine sinnvolle Zielmarke".

Kellner leitet eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern, die sich mit der Zukunft des Raffinerie-Standorts Schwedt befasst. Der Bund peilt alternative Öl-Lieferungen über Rostock und Danzig an, was aber nicht die volle Leistung der Raffinerie ausgleichen würde. Derzeit sei man in Gesprächen mit Polen, wie man über den Hafen in Danzig Schwedt zusätzlich mit Öl versorgen könne, sagte Kellner. "Wir werden alles tun, dass wir eine Versorgungssicherheit gewährleisten für den gesamten Osten", versicherte er.

Lesen Sie dazu: Gefährlicher Blindflug: Habeck hat keinen Plan, wie es nach einem Öl-Embargo weitergehen soll

Der Wirtschaftsstaatssekretär zeigte sich zuversichtlich, dass in Schwedt eine "grüne Raffinerie" entwickelt werden könne. Die Stadt sei in einer "super Ausgangssituation." Viel grüner Strom sei vorhanden, es gebe viel Platz und eine Bevölkerung, die Industrieansiedlung wolle, so Kellner. Zudem sei hochkompetentes Personal vor Ort.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt gehört mehrheitlich einer deutschen Tochter des russischen Staatskonzerns Rosneft. Sie verarbeitet in erster Linie russisches Öl aus der Druschba-Pipeline.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...